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11.04.09 / Marzahn steigt ab / Sozialreport: Einstiger DDR-Musterbezirk wird zum Problemkiez

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-09 vom 11. März 2009

Marzahn steigt ab
Sozialreport: Einstiger DDR-Musterbezirk wird zum Problemkiez

Viele junge Familien mit Kindern, sanierte Plattenbauten, hohes Haushaltseinkommen – Marzahn war mal ein Ost-Berliner Musterbezirk. Jetzt ist es damit vorbei. Das Viertel stürzt regelrecht ab. Das ist das wichtigste Ergebnis des neusten Berliner Sozialreports.

Berlin gilt trotz aller Probleme  als sozial relativ ausgewogene Stadt. Es gibt keine ausgemachten „Reichenbezirke“ und keine Armenviertel. Jedenfalls nicht so ausgeprägt wie in anderen europäischen Städten. Zehlendorf ist nicht Notting Hill und Neukölln keine Pariser Banlieue.

Insofern dürfen die Ergebnisse von Sozialstudien nicht überbewertet werden. In der nun vorgelegten 540-Seiten-Analyse sinkt Marzahn jedoch vom fünften auf den neunten Platz unter den zwölf Bezirken ab: Das durchschnittliche Haushaltseinkommen fiel seit 2003 um 150 Euro auf 1500. Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen. Es gibt überdurchschnittlich viele alleinerziehende Mütter.

Und: 21,4 Prozent der erwerbsfähigen Einwohner leben von Hartz IV. Die letzte Studie war noch vor den Hartz-Reformen erstellt worden. Seitdem hat sich das Lebensniveau von Langzeitarbeitslosen in den neuen Ländern  erheblich verschlechtert. Deswegen blieb der Groll über Hartz IV östlich der Werra auch besonders groß.

Außerdem kommt hinzu, daß Marzahn erst in den 70er Jahren gebaut und besiedelt wurde. Der Bezirk wurde aus dem Boden gestampft. Viele junge Familien zogen in die neugebauten Plattenbauwohnungen. Daher konzetriert sich die Bewohnerschaft auf einige Altersjahrgänge, inzwischen gehen die Marzahner nach und nach in Rente. Ihre Kinder entfliehen der Perspektivlosigkeit des Randbezirks – es gibt dort keine großen Betriebe und wenig kulturelles Leben, nichts, was die Menschen hält. Der Bezirk ist eine einzige sozialistische Schlafstadt, die Wohnungen sind „Arbeiterschließfächer“, wie es zu DDR-Zeiten sarkastisch hieß.

Aber auch in West-Berlin gibt es laut der Studie Verlierer. So sinkt Reinickendorf gleich um zwei Plätze (von vier auf sechs), wahrscheinlich weil immer mehr Probleme aus dem Nachbarbezirk Wedding hinüberschwappen.

Zu den Gewinnern gehören Pankow (Ost) und Tempelhof-Schöneberg (West), die sich im Aufschwung befinden. Am besten lebt es sich noch immer in den Großbürger-Bezirken  Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf. Patrick O’Brian


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