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11.04.09 / Russki-Deutsch (12): Schapka

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-09 vom 11. März 2009

Russki-Deutsch (12):
Schapka
von Wolf Oschlies

Als Kind wohnte ich im thüringischen Eisenach direkt an der Bahnstrecke. 1955 kamen da viele Güterzüge durch, voll mit Männern, die uns Kinder jubelnd grüßten und uns ihre „Russenmützen“ schenkten. Später erfuhr ich, daß es die Kriegsgefangenen waren, deren Freilassung Adenauer gerade mit List und Standfestigkeit in Moskau durchgesetzt hatte – damals interessierten uns Kinder mehr ihre warmen „Schapkas“. Die russische Benennung dieser Kopfbedeckung kennen längst alle Deutschen, obwohl die Mütze ganz korrekt „schapka uschanka“ heißt, „Ohrenmütze“, wegen ihrer samt Nackenschild herab zu klappenden Ohrenflügel. Ich mag die „schapkas“ immer noch, habe mir gerade in Petersburg eine neue gekauft und mit der Verkäuferin minutenlang gewerkelt, um den roten Stern an der Stirnseite gegen einen Zaren-Doppeladler auszuwechseln.

Traditionell gehört die „Schapka“ zur Armee, und wenn der Kreml früher Zahlen zu seinem Wehretat veröffentlichte, dann lästerten sowjetische Studenten, daß die Summe nicht einmal für alle „schapki uschanki“ reiche. „Schapki doloj“ (Mützen ab) lautete ein Kommando, und „polutischitj (datj) po schapke“ (auf die Mütze bekommen/geben) steht  umgangssprachlich für „Prügel beziehen“ (austeilen). Auch Polen haben eine „czapka-uszatka“ getragen, und daß Fellmützen in der Bundeswehr inoffiziell „Russenschapka“ heißen, lernte ich gerade aus dem erzkomischen „Bundeswehrlexikon light“.

Irre ich mich, oder war da DDR-Einfluß im Spiel? Dort waren so ziemlich alle „Organe“ winters in „Schapkas“ gekleidet. Die waren nicht nur warm und praktisch, sondern gaben ihren Trägern ein irgendwie „menschliches“ Aussehen. Deshalb sind sie bis heute beliebt, wie ich Kauf- und Verkaufsanzeigen im Internet entnehme.

„Ach tjashela ty, schapka Monomacha“, läßt Puschkin in seinem Drama „Boris Godunow“ den Titelhelden seufzen: „Ach, schwer bist du, Mütze Monomachs“. Wladimir Monomach (1053–1125) war der wichtigste Großfürst der Kiewer Rus, der Keimzelle Rußlands. Seine legendäre „Schapka“ wurde später zur Zarenkrone, mit Edelsteinen und Zobelpelz besetzt. Sie lebt noch in Puschkins Diktum – als Synonym für übergroße Belastung.


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