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11.04.09 / Seine Tage sind gezählt / Nur noch neun Prozent der Japaner billigen die Politik ihres Premierministers Taro Aso

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-09 vom 11. März 2009

Seine Tage sind gezählt
Nur noch neun Prozent der Japaner billigen die Politik ihres Premierministers Taro Aso

Mit Rezepten, die sich schon in vergangenen Krisen nicht bewährt haben, versucht die japanische Regierung der Weltwirtschaftskrise zu begegnen.

Vor dem G20-Gipfel in London verlangte Japans Premier Taro Aso öffentlich von Kanzlerin Merkel ein größeres Konjunkturpaket. Japan habe mehr Erfahrungen in der Krisenbekämpfung und würde deshalb wie Barack Obama und Premier Gordon Brown Schuldenprogramme in dreistelliger Milliardenhöhe auflegen. Die Kontinentaleuropäer sollten das gleiche tun. Zum Glück für die Stabilität der Eurozone stieß Asos Appell auf taube Ohren. Denn Japans Erfahrung mit 13 Konjunkturpaketen von insgesamt 6,4 Billionen Yen während seiner Stagnationskrise im „verlorenen Jahrzehnt“ von 1992 bis 2002 zeigt nämlich vor allem eins: Daß solche Programme nicht funktionieren und nur als Strohfeuer taugen. Erst die Exportbelebung ließ die japanische Konjunktur schließlich wieder anspringen. Deshalb hoffte Aso, daß durch deutsche Konjunkturpakete die Nachfrage nach Elektronik und Pkw aus Japan wieder steigen würde.

Denn der massive Einbruch seiner Exportmärkte seit Ende des Vorjahres hat Japan voll getroffen. Auch wegen des stark gestiegenen Yen waren im Dezember 2008 die Exporte um 35 Prozent gefallen, im Januar 2009 nochmals um 14 Prozent. Die Industrieproduktion mußte um 20 Prozent gedrosselt werden. Die Wirtschaftsleistung sank bereits im vierten Quartal 2008 um 4,3 Prozent. Das war der stärkste Einbruch seit der Ölkrise von 1974. Aufs Jahr hochgerechnet entspricht dies einem Rückgang von über 16 Prozent. Die Flaggschiffe der japanischen Exportwirtschaft, Toyota, Nissan, Sony, Toshiba, Hitachi und Panasonic, mußten Tausende Beschäftigte entlassen, zunächst die Leiharbeiter. Danach war das Stammpersonal an der Reihe, das an lebenslange Anstellungen geglaubt hatte. Mit 700000 Entlassungen bewegt sich die Arbeitslosigkeit gegenwärtig auf 4,7 Prozent zu.

Dabei hatten die meisten japanischen Banken, die sich von der Spekulations- und Stagnationskrise der 90er Jahre gerade erholt hatten, eigentlich gut gewirtschaftet und im Gegensatz zu den Europäern so gut wie keine „toxischen“ US-Schundpapiere gekauft. Doch machen ihnen jetzt die Kreditausfälle infolge der Pleitewelle und die stark gefallenen Kurse ihrer Aktienpakete zu schaffen.

Noch vor den USA senkte die Bank von Japan ihren Leitzins auf 0,1 Prozent, außerdem kaufte sie für neun Milliarden Euro Aktienpakete aus Bankbeständen und für 11,6 Milliarden Euro Staatsanleihen auf. Sie kehrte damit nach fünf Jahren wieder zu ihrer Nullzinspolitik zurück, um die Wirtschaft mit Liquidität zu fluten. Dann gab die Regierung von Taro Aso ihr ursprüngliches Ziel der Haushaltskonsolidierung bis 2011 auf und legte ähnlich wie die deutsche Regierung gleich zwei Konjunkturprogramme nacheinander auf. Die umfaßten zusätzlich zum regulären Haushalt von umgerechnet 710 Milliarden Euro insgesamt 290 Milliarden Euro, die zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) entsprechen. Insgesamt beträgt das Haushaltsdefizit damit 5,5 Prozent des BIP. Die beiden Konjunkturprogramme zeugen von Verzweiflung, hatten doch die japanischen Regierungen zwischen 1992 und 2002 derer 13 aufgelegt. Der dadurch auf astronomische 270 Prozent des BIP angeschwollene Gesamtschuldenberg droht angesichts der schrumpfenden Zahl der Steuerzahler deren Zukunft zu ersticken. So wird denn ein Potpourri an milliardenschweren öffentlichen Finanzierungen zusätzlich angeboten. Es umfaßt Steuersenkungen, Staatsgarantien für Bankenkredite an Kleinbetriebe und für Bankkapitalbeteiligungen an notleidenden Industriebetrieben, örtliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sowie Zuschüsse zur Arbeitslosenversicherung. Alles war löblich, nur erholten sich davon die Exporte nicht. Heute sinkt (wie in den 90er Jahren) die Binnennachfrage in dem mit Konsumgütern saturierten Land.

Zu den unpopulärsten Elementen des Konjunkturpakets gehören die Konsumgutscheine, die Taro Aso unters Volk bringen will: 12000 Yen (100 Euro) pro Erwachsenem und 20000 Yen (170 Euro) pro Kind und Greis. Nach einer Umfrage der Zeitung „Yomiuri“ lehnen 78 Prozent der sparsamen Japaner, ebenso wie die Opposition, die das Oberhaus beherrscht, diesen Zwangskonsum auf Staatsschuld ab.

Die japanische Öffentlichkeit mißtraut der Wiederauflage der gescheiterten alten Rezepte. Nur noch neun Prozent billigen die Politik des erst seit sechs Monaten amtierenden Premiers, 80 Prozent lehnen sie ab. Eher weniger hilfreich war zudem, daß sein Finanzminister und enger Verbündeter Shoichi Nakagawa beim G7-Finanzministertreffen in Rom im Februar sturzbetrunken in die Kameras lallte und wenig später, als weitere alkoholische Zwischenfälle bekannt wurden, zurücktreten mußte. Dazu hat sich Aso mit dem immer noch populären Ex-Premier Junichiro Koizumi zerstritten. Dessen Reformpolitik kündigte er auf und die Sinnhaftigkeit von Koizumis Hauptwerk, der mühsamen Postprivatisierung, bezweifelte er öffentlich. Einer von Koizumis Gefolgsleuten, Yoshimi Watanabe, ehemals Minister für Finanzdienstleistungen und die Verwaltungsreform, hat die Regierungspartei bereits im Januar verlassen. Andere drohten gegen den Nachtragshaushalt zu stimmen und ihn so mit der Opposition, der Mitte-Linkspartei der Demokraten, zu Fall zu bringen. Dann wäre Aso nur der Rücktritt geblieben. Ohnehin wird damit gerechnet, daß angesichts einer drohenden Wahlniederlage der national-konservativen LDP im September der glücklose Premier vor jenen Wahlen durch den erfahrenen Wirtschaftsminister Kaoru Yosano (70) ausgetauscht wird, der dem ernüchterten Soichi Nakagawa bereits als Finanz- und neuer Superminister nachgefolgt ist.

Als eine kleine Tröstung muß es Aso empfunden haben, daß Hillary Clinton auf ihrem ersten Auslandsbesuch nach Japan kam und ihn einlud, als erster ausländischer Regierungschef Obama zu besuchen. Das war die Belohnung für Japans Bereitschaft, dem in der Krise überforderten IWF aus seinen Devisenschätzen 100 Milliarden US-Dollar zuzuschießen, um ihm zu ermöglichen, in der von den USA verursachten Notlage Länder wie die Ukraine, Lettland, Serbien, Armenien, Rumänien und Ungarn vor dem Staatsbankrott zu retten. Vor ihrem Abflug besuchte Clinton auch Oppositionsführer Ichiro Ozawa. Sicher ist sicher. Albrecht Rothacher

Foto: Den Premier stürzen: Taro Aso ist erst sechs Monate im Amt, doch das ist für viele Japaner schon zu lange.


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