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18.04.09 / Flucht ins »Betongeld« / Mitten in der Krise steigt jetzt die Nachfrage nach Immobilien – aus gutem Grund

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-09 vom 18. April 2009

Flucht ins »Betongeld«
Mitten in der Krise steigt jetzt die Nachfrage nach Immobilien – aus gutem Grund

Die Notenbanken der USA, Großbritanniens und Japans haben mit einer Politik des Gelddruckens begonnen. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück warnt vor weltweiter Inflation, die Anleger reagieren bereits.

Erstmals seit 16 Monaten haben die Häuserpreise in Großbritannien im Februar wieder leicht zugelegt. Auch in Deutschland sprechen Makler und Hypothekenvermittler von einer plötzlich ansteigenden Nachfrage. Experten, die in der trostlosen Konjunkturlandschaft nach Symptomen für den Anfang vom Ende der Krise suchen, sehen darin allerdings eher ein weiteres Zeichen der Verunsicherung: Es sei die Angst vor Inflation, die die Sparer in Sachwerte treibe. Neben den Immobilien sind schon seit Monaten Edelmetalle lebhaft gefragt, die Tresorbauer machen Überstunden.

Befeuert wird die Inflationsangst von den jüngsten Entscheidungen der Notenbanken. Die Zentralbanker der USA, Großbritanniens und Japans haben über den Ankauf von Staatsanleihen damit begonnen, die Geldmenge massiv und direkt auszuweiten, also im umgangssprachlichen Sinne „Geld zu drucken“.

Die EZB sträubt sich noch gegen diesen Schritt, doch der Druck nimmt zu: Befürchtet wird unter anderem, daß die rasante Geldmengenausweitung bei Dollar, Pfund und Yen zur Flucht in den Euro führen könnte. Dann würde der Euro drastisch steigen, was den ohnehin notleidenden Exporteuren zusätzliche Probleme macht.

Nicht nur deswegen wächst der Druck auf die EZB: Die Last fauler Kredite, „toxischer“ Papiere und nicht zuletzt staatlicher Schulden wird geringer, wenn der Geldwert abnimmt. Kein Wunder also, daß besonders aus den wettbewerbsschwachen und hochverschuldeten Mittelmeerländern auf die EZB eingewirkt wird, sich der extrem lockeren Geldpolitk der Angelsachsen und Japaner anzuschließen.

Die Zeche dafür hätten natürlich die Gläubiger zu tragen, deren Forderungen an Wert verlieren. Zu diesen Gläubigern gehören nicht nur große Anleger, sondern auch Otto Normalverbraucher, der etwas gespart hat oder beispielsweise mit einer Kapitallebensversicherung fürs Alter vorsorgen will.

Wie schnell und in welchem Umfang allerdings die als „quantitative Lockerung“ bezeichnete Geldpolitik nach US-Vorbild zu Inflation führt, da sind sich die Experten nicht einig. Kurzfristig sowieso nicht, da besteht Einvernehmen: Das neu geschaffene Geld gelange kaum in Umlauf, solange die Wirtschaft nicht wieder in Gang komme. Es wird gespart, etwa, weil Banken damit ihre unüberschaubaren Kreditrisiken aus der Vergangenheit abdecken, statt mit neuen Darlehen Geld in den Wirtschaftskreislauf zu geben.

Doch was geschieht, wenn die Konjunktur sich wieder erholt, die jetzt geschaffene Liquidität nachfragewirksam wird und die Preise „ins Laufen kommen“? Prinzipiell können Notenbanken die Geldmenge auch wieder reduzieren, vor allem durch happige Zinserhöhungen. Damit verteuern sich Kredite, Sparzinsen steigen, was Kredite unattraktiver, Sparen aber interessanter macht.

Eine solche Politik wurde von der Fed, aber auch der Bundesbank in den frühen achtziger Jahren betrieben. Die Inflation ging wieder zurück, aber um den Preis von Stagnation, Massenarbeitslosigkeit und neuen Lasten für die Staatshaushalte. Auch die Bürde der Staatsschuld steigt ja rapide, wenn die Zinsen steigen.

Schon deswegen glauben Pessimisten nicht, daß den Notenbanken eine solche „Vollbremsung“ mitten in die beginnende Konjunkturerholung hinein gelingen kann. Das unausweichliche Ergebnis: Inflation.

Die Lage wird dadurch verschärft, daß infolge der Krise weltweit die Produktionskapazitäten abgebaut werden. Schon in wenigen Monaten kann die übermäßige Liquidität auf ein reduziertes Warenangebot treffen Das aber ist das klassische Szenario der Wirtschaftslehrbücher für kräftige Inflation.     Hans Heckel

Foto: Kommt es zur Flucht in die Sachwerte? Die Nachfrage nach Immobilien zieht in Deutschland schon wieder an.

 

Zeitzeugen

Alan Greenspan – Als langjährigen Chef der US-Notenbank Fed (1987–2006) feierten ihn Politik und Finanzwelt als „Magier“ oder gar „mächtigsten Mann der Welt“. Heute gilt der 1926 geborene New Yorker als Hauptverursacher der Weltfinanzkrise: Greenspan hielt die Zinsen unverhältnismäßig niedrig, wodurch die Geldmenge steil anstieg und Kredite viel zu günstig waren. Folge waren ein Schuldenboom und eine gigantische Spekulationsblase.

 

Hjalmar Schacht – Als Reichswährungskommissar hatte Bankier Schacht (1877–1970) die Federführung bei der Einführung der „Rentenmark“ am 15. November 1923, mit der die Hyperinflation beendet wurde. Im Dezember 1923 wurde der gebürtige Nordschleswiger Reichsbankpräsident. 1930 trat er zurück, übernahm das Amt aber von 1933 bis 1939 erneut. In dieser Zeit legte ausgerechnet Schacht mit den Keim für die nächste Inflation. Mittels sogenannter „Mefo-Wechsel“ wurde die Geldmenge zur Kriegsfinanzierung „verdeckt“ aufgebläht. Nur Preis- und Lohnreglementierungen verhinderten eine offene Inflation, die dann aber in den hohen Schwarzmarktpreisen vor der Währungsreform von 1948 sichtbar wurde. Wie bereits 1923 wurden die Sparguthaben entwertet.

 

Axel Weber – Der seit 2004 amtierende Präsident der Bundesbank steht ganz in der Tradtion seines Hauses: Im 22köpfigen EZB-Rat vertritt der 1957 geborene Finanzwissenschaftler ebenso wie der zweite deutsche Vertreter Jürgen Stark die Grundsätze einer Hartwährung. Allerdings gelten die Deutschen in der Führung der Europäischen Zentralbank zunehmend als isoliert, anderen Ländern erscheint ein weicherer Euro bequemer.

 

John Law – Daß bis ins 20. Jahrhundert hinein kein seriöser Notenbanker mehr auf reines Papiergeld setzen mochte, ist vor allem sein „Verdienst“: Der schottische Ökonom und Bankier John Law (1671–1729) führte in Frankreich ab 1716 ungedecktes Papiergeld ein, um die Deflation zu bekämpfen und die Wirtschaft zu stimulieren. Es entstand ein gigantischer Boom, Immobilien und Aktien haussierten. Doch 1719 platzte die Blase, Frankreich kehrte zum Edelmetallgeld zurück.


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