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25.04.09 / Piratenland Somalia / Als Konfliktherd gefährlicher als Afghanistan

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-09 vom 25. April 2009

Piratenland Somalia
Als Konfliktherd gefährlicher als Afghanistan

Somalia gilt als Kernland der boomenden Piraterie. Trotz internationaler Militärpräsenz treffen fast täglich Meldungen über neu gekaperte Schiffe am Horn von Afrika ein. Was treibt die Menschen am Horn von Afrika, zu dem neben Somalia noch Äthiopien, Eritrea, Dschibuti, Kenia und der Sudan zählen, in die Piraterie?

Allzu billig klingen die Aussagen von geschnappten Piraten, die Fischgründe vor den Küsten seien durch große Fischtrawler leergefischt, daher müsse man sich auf die Menschenfischerei, sprich die Piratenjagd, spezialisieren. In Wirklichkeit sind die Küsten vor dem Horn von Afrika für ihren Fischreichtum berühmt. Thunfische, Snapper und Barrakudas schwimmen dort in großer Zahl. Weit einträglicher und weniger mühsam, so geben Piraten offen zu, ist die Seeräuberei. Rund 40000 Dollar sollen jedem Frontmann in den kleinen Piratenbooten bei einer erfolgreichen Kaperung winken. Das ist am Horn von Afrika ein Vermögen, von dem eine ganze Familie über Jahrzehnte leben kann. Der Pirat Salah Hadschi Bahdon aus Eyl prahlte kürzlich gegenüber der Nachrichtenagentur AP damit, daß man sich nun schöne Häuser und Luxusautos leisten könne.

Möglich wird das Piratengeschäft nach Recherchen von Manuel Trigo Chacón, einem Professor für Internationales Recht, durch Geldwaschanlagen in der Republik Dschibuti. Die dortige Regierung erließ im Februar 1980 ein Gesetz für Offshore-Gesellschaften, das eine Kopie des panamaischen Gesetzes von 1927 ist, das seinerzeit den USA für ihre schmutzigen Geschäfte außerhalb von Nordamerika diente. Über undurchsichtige Konten gelingt es offenbar so den Hintermännern der Piraten, Waffen, Boote und Navigationssysteme zu kaufen, die die Erfolge der Seeräuber erst möglich machen. Über ein Netzwerk von ausgewanderten Somaliern in Europa und den USA funktioniert das Piraten-Geschäft.

Begünstigt werden die Kaperungen auch von der desaströsen politischen Situation der Länder am Horn von Afrika. Seit diese Länder in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ihre Unabhängigkeit von europäischen Kolonialmächten erlangten, sind sie zum Nährboden für Gewalt, Korruption und Chaos geworden. Seit dem Ende der Diktatur Siad Barrés 1990 brechen mit Macht alte Feindschaften zwischen Volksstämmen und „Clans“ auf, Hunderttausende von Toten sind in den Bürgerkriegen zu beklagen. Anarchie und Gesetzlosigkeit zermürben die einfache Bevölkerung. Staub und Sand tragen dem Land den wenig schmeichelhaften Titel eines „Dreckloches“ ein. Bis zu 3,5 Millionen Menschen sind nach Angaben des Welternährungsfonds auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen.

Bedrohlich erscheinen zudem die zunehmenden Aktivitäten von Islamisten verschiedenster Richtungen, die bereits Terrorakte verübten. Sie könnten im Verein mit der chaotischen politischen Lage am Horn von Afrika einen Konfliktherd schaffen, der − aufgrund der strategischen Lage − für die Weltwirtschaft weit gefährlicher ist, als der in Afghanistan je werden könnte.               Hinrich E. Bues


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