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25.04.09 / Russki-Deutsch (14): Zobel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-09 vom 25. April 2009

Russki-Deutsch (14):
Zobel
von Wolf Oschlies

Nur Wodka und Tschastuschki sind echt russische Erfindungen“, sagen die Russen, wogegen ich Einspruch erhebe. Nichts gegen eine guten Wodka oder ein fröhliches russisches Scherzlied, aber sonderlich russisch exklusiv sind beide nicht mehr. Zumindest verglichen mit dem Zobel, russisch „sobol‘“, welcher Name auch in der zoologischen Benennung „Martes zibellina“ anklingt. „Zobel“ ist ein altrussisches Wort und vermutlich der älteste Russizismus im Deutschen. Das Fell des Zobels war schon im 11. Jahrhundert ein sehr begehrtes Handelsgut. Eine Ladung Pelze lohnte selbst die längsten Wege nach Sibirien, denn anderswo gab und gibt es keinen Zobel, auch nicht im klimatisch identischen Nordkanada. Das wußte schon vor fast 500 Jahren der Deutsche Siegmund von Herberstein, der auch detaillierte Auskunft über Fellqualität und Fangorte gab: „Zobln seind nit in ainem weerd / dann die lange wolschwartze unnd dickhe haar haben / und recht zeittig / seind die bessten / dißhalb der wasser USTYUG und der grossen DWINA findt man die zöbl / aber umb PETZORA die maisten“. (Bitte laut lesen, um es zu verstehen.)

Eine Art sibirisches Wappentier machte Zarin Katharina die Große aus dem Zobel, als sie ihn 1780 auf das „sibirische Geld“ prägen ließ. Dessen Silbergehalt war für außersibirischen Umlauf zu gering, aber für den Zobel verzichtete die Zarin sogar auf ihr Monogramm auf der Münzenrückseite, wo sich traditionell russische Herrscher verewigten. Die regionale Geltung dieser „sibirskaja moneta“ macht die Münzen heute zur numismatischen Rarität.

In unseren Zeiten stand der Zobel lange auf der „Roten Liste gefährdeter Tierarten“. Exzessive Bejagung hatte ihn in Rußland so selten werden lassen, daß sowjetische Behörden wirksame Schutzmaßnahmen verfügten. Diese und florierende Zobelfarmen haben die Bestände wieder auf das Niveau des 17. Jahrhunderts gehoben, womit der kleine Räuber – höchstens 50 Zentimeter lang und ein Kilo schwer – wohl gerettet ist. Es wäre doch schade, wenn der russische Zobel nur noch im deutschen Ortsnamen Zöblitz und das listige Zo-belantlitz mit den großen Augen lediglich im Wappen dieser erzgebirgischen Stadt vorkämen.


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