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25.04.09 / Die Schlacht um das Trinkwasser / Es geht um das Leben und die Gesundheit von Milliarden Menschen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-09 vom 25. April 2009

Die Schlacht um das Trinkwasser
Es geht um das Leben und die Gesundheit von Milliarden Menschen

Jeder fünfte Erdenbürger leidet unter Wasserknappheit. Schon im Jahr 2025 könnten zwei Drittel der Menschheit betroffen sein. Die Politik ist herausgefordert.

Gyneydogu Anadolu Projesi, kurz GAP, so lautet die Formel, die den Konfliktstoff eines künftigen Krieges im Vorderen Orient in sich birgt. Denn GAP steht für das ehrgeizige Projekt der Türkei, bis 2010 die Flüsse Euphrat und Tigris mit insgesamt 22 Staudämmen und 19 Wasserkraftwerken zu bändigen und ökonomisch zu nutzen. Seit langem wird das Vorhaben von den Nachbarstaaten Syrien und Irak voller Sorge betrachtet, zumal die neue Speicherkapazität der Staubecken ausreicht, um den Anrainern das Wasser abzudrehen und sie so politisch zu erpressen, ihnen gar das dringend benötigte, bislang kostenlose Naß zu verkaufen. Als Beispiel gilt, daß das trockene Jordanien bereits jetzt einen Teil seines Trinkwassers gegen Bares von den Türken bezieht. Schon vor 4500 Jahren war der Wassermangel im Zweistromland Grund für einen Krieg zwischen den sumerischen Stadtsaaten Umma und Lagash, eine Neuauflage ist möglich.

„Die anderen Länder der Region haben Öl, wir haben Wasser“, kommentierte der ehemalige türkische Ministerpräsident Torgut Özalwird die Situation und streute damit Salz in alte Wunden. Nicht ohne Grund hat Ankara zum Schutz seiner Staudämme dort bereits Flugabwehrraketen stationiert. Die Angst der Nachbarn ist um so größer, als im ersten Golfkrieg 1990 im Irak Teile der Wasserinfrastruktur zerstört wurden und der Bau eigener Staudämme ins Stocken geriet. Die Verwundbarkeit ist entsprechend hoch.

Ähnliche Probleme gibt es am Jordan. Sie treten aber auch in den USA auf, wo etwa das wachsende Las Vegas dem Colorado-River und damit den Obstplantagen Kaliforniens das Naß entzieht, ähnlich wie Hamburg das Grundwasser der Lüneburger Heide abpumpt.

„Wenn beim Wasser Mißmanagement einreißt, wird der nächste Krieg um Wasser geführt“, warnte kürzlich Simbabwes Minister für Wasserressourcen, Samuel Sipepwa Nkomo. Denn auch sein Land kennt das Problem der grenzüberschreitenden Flüsse mit seinen Nachbarn Mosambik, Malawi, Sambia, Botswana, Namibia und Südafrika. Der Sambesi-Staudamm gehört beispielsweise zu den Maßnahmen, wertvolles Trinkwasser zu sichern, bevor es ungenutzt in den Indischen Ozean fließt. Hier muß sich Mugabes Minister vor allem mit Botswana und Mosambik arrangieren. Und hier tritt auch eine weitere, weltweite Problematik auf: Die Finanzierung solcher Mammutprojekte und der dazugehörigen Infrastruktur. Vor allem in armen Ländern geht das nur mit privaten Investoren, was wiederum für die Ärmsten der Armen verheerende Auswirkungen zeitigt. Die Geldgeber refinanzieren sich über den Wasserverkauf, aber gerade diese Schicht kann das nötige Geld nicht aufbringen und muß Wasser sozusagen „stehlen“. Die Staubecken werden deshalb von Sicherheitskräften bewacht, wie etwa in Burkina Faso. Vor allem französische Managementfirmen tummeln sich auf diesem Gebiet.

Nicht von ungefähr strebt die UN an, Wasser zum Menschenrecht auszurufen. Einige Politiker fordern ohnehin die freie Abgabe von Trinkwasser an den armen Teil der Bevölkerung. Das oberste Gericht in Johannesburg hat diese Menge auf 25 Liter pro Tag und Kopf festgelegt. Die Realität  auf dem Schwarzen Kontinent indes sieht anders aus. Bei Afrikanern, die einen Kilometer und mehr bis zu einer Wasserstelle zurücklegen müssen, liegt die verfügbare Menge gerade mal bei einem Liter je Person. In Dürregebieten müssen die Bewohner dafür oft mehrere Stunden bis zu einer, manchmal zudem zweifelhaften Quelle zurücklegen. 

Die verheerenden Folgen von Wasserknappheit und -verschmutzung vor allem durch menschliche Abwässer sind erschreckend: Rund 1,2 Milliarden Menschen einer Weltbevölkerung von 6,5 Milliarden leiden bereits heute an einem Mangel sauberen Trinkwassers und 2,5 Milliarden fehlen angemessene sanitäre Einrichtungen. Drastische Beispiele sind Städte wie Bombay, wo das lebensnotwenige Naß oft Kloaken entnommen wird.

Steigt der Verbrauch auf der Basis der heutigen Bevölkerungsentwicklung weiter, so prognostizieren die Vereinten Nationen, daß spätestens 2025 zwei Drittel der Weltbevölkerung unter Wassermangel leiden wird. Jedes Jahr treten nach den selben Erhebungen schon jetzt 250 Millionen Erkrankungen aufgrund schlechten Wassers auf, bis zu zehn Millionen Todesopfer sind zu beklagen. Anderen Untersuchungen zufolge stirbt alle acht Sekunden ein Kind infolge des Genusses von verseuchtem Wasser, mithin rund 15 Millionen je Jahr – Fakten, die das vor kurzem zu Ende gegangene 5. Weltwasserforum in Istanbul und die Delegierten aus 155 Ländern beschäftigten.

Ein zentrales Thema solcher Veranstaltungen ist inzwischen der Klimawandel, der in einigen Regionen nicht ohne dramatische Folgen bleiben kann. Die verfügbaren Wasserressourcen sind nun einmal begrenzt. Gerade 0,7 Prozent sind für den menschlichen Genuß geeignet, der Rest entfällt auf 97 Prozent Salzwasser und (noch) zwei Prozent in Eis­kappen eingeschlossenes Süßwasser. Die Oberflächenwasser sowie die Atmosphäre machen nur 0,01 Prozent aus, während 0,6 Prozent als Grundwasser auftreten. Der Mensch verbraucht den ihm zur Verfügung stehenden Anteil zu 71 Prozent in der Landwirtschaft, zu 20 Prozent in der Industrie und nur zu neun Prozent unmittelbar für sich selbst.

Der vor allem in den Industrieländern verschwenderische Umgang mit Wasser und die sorglose Verschmutzung in der Dritten Welt wegen fehlenden Müllmanagements und extremer Düngung bedeuten bei wachsender Weltbevölkerung schließlich für Milliarden das Aus – ohne Atomkrieg oder Klimakatastrophe.       J. Feyerabend

Foto: Kein sauberes Trinkwasser: Kenianische Kinder schöpfen Wasser aus einem zweifelhaften Tümpel.


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