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25.04.09 / Probleme mit dem Banken-Sondermüll / Unverkäufliche Wertpapiere in den Bilanzen gefährden weiterhin die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-09 vom 25. April 2009

Probleme mit dem Banken-Sondermüll
Unverkäufliche Wertpapiere in den Bilanzen gefährden weiterhin die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) versucht verzweifelt eine „Bad Bank“ zu schaffen, die nicht zu einem Milliardengrab für den Bund wird.

Über den maximalen Buchwert der „giftigen“ (wertlosen) oder zur Zeit unverkäuflichen „Wertpapiere“ in Depots deutscher Banken kursierte zuletzt die abnorme Summe 853 Milliarden Euro. Das ist mehr als das dreifache eines Bundesetats, also mehr, als der Bund in einem ganzen Jahr ausgibt für seine sämtlichen Aufgaben von Verteidigung über Soziales bis zum Straßenbau. Diesen Betrag nennt nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen“ ein internes Papier des Bundesfinanzministeriums.

Die Kanzlerin hat die tödliche Gefahr erkannt und die Rettung des Bankensektors zur „Chefsache“ erklärt. Angela Merkel, ihrem CSU-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Finanzminister Peer Steinbrück von der SPD stellt sich jedoch – wie den Bankiers auch – das Problem, daß derzeit kaum zu unterscheiden ist, welche der Papiere wirklich wertlos sind und welche dereinst am Markt wieder handelbar werden dürften.

Im Moment jedenfalls geht am Kapitalmarkt herzlich wenig, was fatale Folgen hat für die Banken: Sie tragen die Papiere, etwa die berüchtigten gebündelten Immobilienkredite, Kreditausfallversicherungen, Beteiligungen und anderes auf einen völlig verängstigten Markt. Folge: Keiner greift zu. Nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage, das hier genauso gilt wie auf jedem Gemüsemarkt, müssen die Institute dann im Preis heruntergehen.

Und genau dann wird es gefährlich für sie, denn dann müssen sie den geringeren Wert in ihrer Bilanz ausweisen: Sie werden buchstäblich ärmer. Den Verlust wiederum müssen die Banken durch mehr Eigenkapital „unterlegen“, wie es heißt. Denn für die Eigenkapitalausstattung der Banken gelten Mindeststandards. Werden die unterschritten, muß die Finanzmarktaufsicht den Laden dichtmachen. Folge: Die Institute knausern mit durch Eigenkapital abzusichernden Krediten, sowohl untereinander als auch an die Wirtschaft. Selbst Staatshilfen werden eisern gebunkert.

Doch wenn die Kreditvergabe klemmt, kommen die Firmen nicht an Geld für Investitionen. Hier schließt sich der Kreis von der Bankenkrise zur Krise der „realen“ Wirtschaft. Deshalb will die Bundesregierung mit ihrem „Bad Bank“-Projekt genau hier ansetzen.

Den bisherigen Informationen zufolge soll sich jede interessierte Geschäftsbank eine Zweckgesellschaft zulegen können, in welche sie ihre zweifelhaften Vermögenswerte auslagert. Der Bund garantiert dann für diese Zweckgesellschaft, landläufig „Bad Bank“ genannt.

Vorteil: Die Banken hätten die vom Ausfall oder dramatischer Abwertung bedrohten Papiere aus ihren Depots, müßten nicht mehr ständig ihre Bilanzen wegen deren Marktwertverfalls runterrechnen. Daher wären sie auch nicht mehr gezwungen, wie verrückt Eigenkapital zu horten statt das Geld an die freie Wirtschaft zu verleihen, die dringend Kredite benötigt.

Der Haken jedoch ist gewaltig: Zunächst hatte Peer Steinbrück darauf gepocht, daß der Staat nur für jene bürgen solle, die sich nur zur Zeit nicht zu angemessenen Preisen verkaufen lassen. Um die ganz unverkäuflichen (dazu zählen Experten etwa gebündelte US-Ramschkredite), die sogenannten „toxischen“ Papiere sollten sich die Banken selber kümmern.

Die Hoffnung des Finanzministers: Wenn die Papiere eines Tages wieder am Markt zu verkaufen sind − es geht um Zeiträume von zehn Jahren und mehr − dann könnte der Steuerzahler mit einem blauen Auge davonkommen. Bei den „toxischen“, sowieso wertlos gewordenen Papieren aber ist das ausgeschlossen. Alle Garantien (Bürgschaften) des Staates wären in Wahrheit kaschierte Verluste, die die Steuerzahler zu tragen hätten.

Aber was ist was? Wo liegt die Grenze zwischen „toxisch“ und „nur zur Zeit nicht verkäuflich“? Kritische Beobachter hielten die scheinbar klare Unterscheidung des Finanzministers von Anfang an für eine Nebelkerze. Dabei muß in Erinnerung gerufen werden, daß es gerade die Undurchschaubarkeit beispielsweise vielfach gebündelter Hypothekenpapiere war, welche selbst Experten überforderte, weshalb am Ende des Booms niemand mehr sagen konnte, welche Risiken sich wo verbergen. Da will Peer Steinbrück nun per Federstrich jene Unterscheidung für alle auf einmal treffen?

Kurz vor diese Woche angelaufenen Verhandlungen auf höchster Regierungsebene ruderte Steinbrück dann auch zurück: Nun war nur noch verschwommen von „Risikoklassen“ die Rede, in welche die Papiere eingeteilt werden sollten.

Manfred Weber vom Bundesverband deutscher Banken sagte, es solle am Ende der Laufzeit der Papiere bei den zu erwartenden Verlusten „zu einer fairen Lastenverteilung zwischen Banken und Steuerzahlern“ kommen. Das hätte er sich besser verkniffen: Von fairer Lastenverteilung zu reden, wenn die Steuerzahler die Banken aus ihrer selbstgemachten Milliardenpatsche holen, klingt wie Hohn. Statt von Fairneß kann eher von Einsicht in eine bittere Notwendigkeit gesprochen werden.

Ein spezielles Problem stellen die teilweise besonders schwer in die Spekulationsfalle getappten Landesbanken dar. Hier sollen die Bundesländer bis zu einer bestimmten Höchstgrenze selber als Garant der faulen Papiere auftreten, also die Steuerzahler. Die Höhe dieser Grenze soll bemessen werden an der Leistungskraft der Länder. Was buchstäblich über ihre Kräfte geht, sichert der Bund ab. Auch hier also müssen Bürger von Ländern, deren Landesbanken besser gewirtschaftet haben, für die Versäumnisse anderer Landesinstitute mit geradestehen. Von einer grundlegenden Reform des überaus zweifelhaften Landesbankensystems, die viele Fachleute nun fordern, ist weiterhin nicht die Rede.         Hans Heckel

Foto: Frankfurter Bankenviertel wird zur politischen Dauerbaustelle: Lösungsansätze bisher nicht realisierbar


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