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25.04.09 / Verschoben auf übermorgen / Transfergesellschaften statt Kündigung verdeckt Arbeitslosigkeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-09 vom 25. April 2009

Verschoben auf übermorgen
Transfergesellschaften statt Kündigung verdeckt Arbeitslosigkeit

Olaf Scholz, derzeit beschäftigt als Bundesarbeitsminister, sucht in diesem Job nicht länger nach „der Lufthoheit über den Kinderbetten“. Vielmehr sucht er nach Möglichkeiten, den größten aller anzunehmenden Unfälle, den politischen Super-Gau zu verhindern. Der droht, weil Wahlen anstehen und just zu diesem Zeitpunkt durch massenhafte Kurzarbeit aufgeschobene Entlassungen drohen. Diese Gemengelage ist explosiv. Darum die Job-Gipfel mit geheimen Einladungslisten an Vorstände und Betriebsräte in dieser Woche. Um den in diesem Sommer zu erwartenden Dammbruch des Arbeitsmarktes auf einen späteren Zeitpunkt zu transferieren. Beispielsweise mittels Transfergesellschaften. Die eingeladenen Vorstände und Betriebsräte werden dazu geraten haben.

Noch gibt man sich im Bundesarbeitsministerium bedeckt in Sachen Transfergesellschaften. Man setze zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes auf Kurzarbeit und Qualifizierung, heißt es dort. Ein Dementi klingt anders. Schließlich gilt die Übernahme eines Arbeitnehmers in eine Transfergesellschaft auch als Beitrag zur Qualifizierung.

Jedenfalls hat sich schon mal der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit Ende dieser Woche mit dem Thema beschäftigt. Dort hält sich der Zuspruch zwar in Grenzen, aber der Druck aus Unternehmen und Gewerkschaften, die Möglichkeiten der Transfergesellschaften auszubauen, ist so immens, wie diese Allianz bemerkenswert ist. Wenn Vorstände und Funktionäre so vereint marschieren, soll in der Regel ein Dritter die Marschmusik bezahlen.

In die Transfergesellschaften sollen Unternehmen, denen die Aufträge wegbrechen, Mitarbeiter auslagern können. Das ersparte es dem Management, die Kündigung auszusprechen, ein Aufhebungsvertrag genügt. Die Betriebsräte könnten von neuen Zukunftschancen sprechen. Und die Betroffenen hätten etwas länger die Hoffnung auf Besserung ihrer Situation.

Maximal 67 Prozent des Nettoarbeitslohnes zahlt die Bundesanstalt für Arbeit, zudem die Sozialbeiträge. In der Regel wird der Betrag durch Zuzahlung des ehemaligen Arbeitgebers auf 80 Prozent aufgestockt. Bis maximal 24 Monate, so die Forderungen, können Arbeitnehmer in einer Transfergesellschaft geparkt werden. Im Idealfall steht anschließend eine Rückkehr in den ehemaligen Betrieb in Aussicht – falls sich dessen Ertragslage wieder verbessert hat. Allerdings ist der Idealfall eher selten der Regelfall, so daß nach Ablauf der 24 Monate und einer weiteren Qualifizierung die Arbeitslosigkeit droht.

Aber immerhin, aus dem schlichten Arbeitnehmer kann dann bereits ein Klient geworden sein. Vorausgesetzt, er wird in einer privaten Transfergesellschaft betreut. Auszug aus dem Service-Katalog einer solchen Agentur: „Ausgehend von einem umfangreichen Profiling, das die Kenntnisse und Fähigkeiten der Klienten analysiert … Die Bewerbungsaktivitäten werden auf Projekt- beziehungsweise Maßnahmenebene für das Projektreporting zusammengefaßt und sind von der Bundesagentur für Arbeit anerkannt.“

So gesehen, kann man in einer Transfergesellschaft so ziemlich alles sein, nur nicht arbeitslos. Das wird verschoben.    Klaus J. Groth


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