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25.04.09 / Zweite Vertreibung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-09 vom 25. April 2009

Zweite Vertreibung
von Silke Osman

Es ist doch geradezu paradox: Da wird nach Jahrzehnten des Verschweigens die Vertreibung von 15 Millionen Ost- und Sudetendeutschen aus ihrer angestammten Heimat wieder in das Blickfeld der deutschen Öffentlichkeit gerückt und in mehr oder minder qualität- und gefühlvollen Fernsehfilmen thematisiert. Auf der anderen Seite aber wird in offziellen und offiziösen sowie in kommerziellen Veröffentlichungen Immanuel Kant kurzerhand unter den Tisch gekehrt, weil er den unverzeihlichen Fehler begangen hat, seine Vaterstadt Königsberg nie zu verlassen. Nie hat er seinen Fuß auf das Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland gesetzt.

Gehört er deshalb nicht mehr zu den großen Deutschen? Kant selber wird sich kaum groß geärgert haben über diese Unterlassungssünde einiger Schlaumeier. Und so muß man an den Satz denken, den er in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ niederschrieb: „Der Mangel an Urteilskraft ist eigentlich das, was man Dummheit nennt, und einem solchen Gebrechen ist gar nicht abzuhelfen.“

Doch Spaß beiseite: Die Ausgrenzung ostdeutscher Geistesgrößen aus dem modernen kulturellen Leben, aber auch die drastische Reduzierung öffentlicher Mittel für die Kulturarbeit, mit der die ostdeutschen Landsmannschaften schon seit Jahren zurechtkommen müssen, grenzt an eine zweite Vertreibung der Vertriebenen. Und die kann man nicht wortlos hinnehmen.


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