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25.04.09 / An den Hebeln der Meinungsmacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-09 vom 25. April 2009

Moment mal!
An den Hebeln der Meinungsmacht
von Klaus Rainer Röhl

In der letzten Woche machten alle Medien Reklame für die linke Tageszeitung, genannt „taz“. Warum die Medien, auch die „Tagesschau“, so einen mordsmäßigen Rummel um das Jubiläum machten, darüber darf nachgedacht werden. Handelt es sich doch um schlecht gedruckte, schlecht redigierte, meist auch schlecht geschriebene und schnell hingeschnodderte Gesinnungs- und Agitprop-Texte – immer mal wieder unterbrochen von gut geschriebenen und fundierten Stücken. Alle großen Medien gratulierten. Manche Jubiläumsanzeigen lasen sich wie Parodien. Der Springerkonzern gratulierte mit den Worten: „Ist es nicht schön, ein Alter erreicht zu haben, in dem man Cock-tails trinkt, anstatt sie zu werfen?“ Aber den Vogel schoß die Werbeabteilung von Porsche ab mit einer halbseitigen Anzeige für das eher autofeindliche „taz“-Umfeld: Ein karmesinroter Porsche Carrera 911 und dazu die Unterzeile: „Der aufregendste Platz war schon immer vorne links. Porsche gratuliert der ,taz‘ zum 30. Geburtstag.“

Woher aber kommt diese trotz ironischer Distanz so große Sympathie fast aller Medien für die betont linke, antikapitalistische und in Sachen Extremismus und Terrorismus bis zur Blindheit einäugige „taz“? Sie ist im Grunde gar nicht so rätselhaft. Wie die klammheimliche Sympathie für „unbeugsame“ RAF-Mitglieder oder Gruppen, die zum Beispiel in der letzten Woche 40 Bundeswehrfahrzeuge „abfackelten“. Immer ist da auch ein Stück Bewunderung bei. Eine Mischung aus 68er Jugenderinnerungen und schlechtem Gewissen darüber, trotz Ulrike Meinhof, Lichterketten und Rock gegen rechts doch noch einen richtigen Beruf ergriffen zu haben.

Längst ist die Tageszeitung zum Durchlauferhitzer für linksliberalen Nachwuchs geworden. In der glorreichen Gründungszeit arbeiteten alle für einen Einheitslohn von 1000 D-Mark, es fragt sich nur, wie lange. Zwar gibt es auch heute noch die Veteranen und die Fußkranken des Langen Marsches, die als Oldies in der „taz“ als politische Kommentatoren fungieren wie Christian Semler. Dieser hat jede zweite Woche einen Kommentar. Steine-Semmler, der einst den damals noch altertümlich behelmten Berliner Polizisten die Schlacht vom Tegeler Weg lieferte, die erste Angriffsschlacht der 68er, bei der Steine als Salven abgefeuert wurden. Die Stalinorgel der Frühzeit. Die Polizisten ergriffen die Flucht, es war der erste Sieg der jungen Bewegung. Der Massenangriff mit Molotow-Cocktails folgte dann 1976. Lange ist sie her, die Steineschlacht vom Tegeler Weg und auch ihr Anlaß: Eine Demonstration für Horst Mahler(!), RAF-Chef und heute „Holocaust-Leugner“. Erst später kam die „taz“, in der jeder schreiben durfte, was er wollte und so gut er konnte. Selbst die Setzer, die damals die Texte bearbeiteten, spielten das Demokratiespiel mit. Hinter einem Kommentar standen da plötzlich die Worte „Find ich aber gar nicht. Der Setzer“. Aber langsam tauchten immer mehr junge RedakteurInnen auf, die schreiben konnten oder in der „taz“ lernten, sozusagen als Volontär-Kollektiv. Viele damalige „taz“-Redakteure sitzen heute beim Funk, im Fernsehen und in fast allen Tageszeitungen an den Hebeln der Meinungsmacht. Die für die Meinungsbildung ausschlaggebende Leiterin der Kommentarseite der „Welt“ ist eine ehemalige Redakteurin der „taz“.

Ähnlich ist es mit den Lesern. Der harte Kern sind die 30 Jahre älter gewordenen Gesinnungsleser – als Spendengeber sind sie sozusagen Mitbesitzer, „Genossenschaftler“ heißen sie dort und bestimmen mit, heißt es, wo es aber langgeht, bestimmen auch dort die ausgekochten Profis, für die der spätere Job im „stern“ oder in den Magazinsendungen des Fernsehens nur eine Frage des angebotenen Honorars ist, ihren Namen haben sie sich in der Rebellenzeitung gemacht, nun müssen sie auch mal an das Geld denken, an die Familie, das Haus, die Kinder. Eine Rolle spielten stets die Bewegungsfrauen, die RedakteurInnen – den Großbuchstaben in der Mitte hat einst die „taz“ erfunden. Es gibt viele Wege nach oben, und auch in der „taz“ kommt man über die Frauenschiene schneller zum Zuge. Seit einiger Zeit gibt es den Posten des Chefredakteurs, derzeit besetzt von einer Frau, Bascha Mika. Man ist etabliert und bleibt, was am Jubiläum so oft wiederholt wurde wie ein Dementi, links.

Was war zu Zeiten der Gründung der „taz“ vor 30 Jahren, 1979, links? Man erinnert sich gern der damaligen Zeit und der Ereignisse, die der Gründung der „taz“ vorangingen, das geschah ja alles nicht an einem Abend. Nach dem Zerfall des einzigen linken Massenblatts, des alten „konkret“, durch einen Putsch „aufrechter“ Linker, weil sie nur noch harte politische Agitation an den harten Kern bringen wollten, hatten die neuen Herren der Zeitschrift die Auflage auf nahe null gebracht, denn der harte Kern war prüde, aber klein. Beim Publikum entstand ein Vakuum, und spätestens ab 1966/67 gab es Pläne für eine neue Zeitung, die zunächst unter dem Arbeitstitel „Extradienst“ lief und sogar von Rudolf Augstein finanziell unterstützt wurde, aber wie sich bald herausstellte, von der SED beziehungsweise ihrem Ableger in West-Berlin, der SEW, unterminiert war. 1979 etablierten sich unabhängige Blattmacher als „taz“. Der „Extradienst“ stellte sein Erscheinen ein. Seitdem steht die „taz“ für linken Meinungsjournalismus und Nachrichten, die die Meinung unterstützen sollen: Agitation mit Tatsachen (Lenin).

Die „Frankfurter Rundschau“, früher ein Sammelbecken für linksdrehende Gesinnung, ist fast bedeutungslos geworden. Die „taz“ gibt den Ton an. Sie muß sich schon jeden neuen Tag etwas Besonderes einfallen lassen, da inzwischen fast alle Print-Medien, vor allem die links-liberale „Süddeutsche“, Funk und Fernsehen mehr oder weniger links agieren. Eine wahnsinnig witzige Überschrift, einen hübschen Reim mit tief antihumanem Kern („Ennslin – reimt sich geil auf Benzin!“) eine freche Provokation („Der Papst wird entsorgt!“) oder eine Enthüllung. Das klappt immer. Notfalls helfen „Monitor“ und „Panorama“ noch mit weiteren Enthüllungen nach. Es sind fast immer Kampagnen von durchschaubar plumper Art, gestützt auf angeblich neue Berichte von Wissenschaftlern oder „jahrelange Recherchen“, bei näherem Hinsehen kurzes Suchen im Internet. Mit nie ganz ausgereiften Vorwürfen gegen Regierung oder die Wirtschaft. (Beispiel: Vogelgrippe. Schuld hat die Regierung durch mangelnde Vorsorge oder raffgierige Entenhalter aus Gewinnsucht: Gier) Grob zusammengefaßt enden alle Recherchen und Enthüllungen mit dem Fazit, das schon das 68er Kindertheater Grips verkündete: Kapitalismus muß putt. Die Regierung auch. Das steht am Montag in der „taz“ und im „Spiegel“, am Dienstag in der deutschen Presse.

Bleibt die Frage, was ist eigentlich das Linke an der „taz“ und den linken Leitmedien? Was sind das für Leute? Sind die Journalisten pessimistisch, schlecht gelaunt, meckernd gegen alles, unzufrieden mit ihrer Rolle? Wären sie lieber Chefarzt oder Staranwalt geworden? Oder ist da noch etwas, eine undeutliche, sentimentale Jugenderinnerung an das alte „konkret“, an die ersten Ausgaben der „taz“, an die guten alten Bücher von Brecht, Hemingways „In einem anderen Land“, den heldenhaften Spanienkrieg auf Schellackplatten von Ernst Busch – und die guten Filme im Filmkunststudio: „Panzerkreuzer Potemkin“ von Eisenstein und die „Mutter“ von Pudowkin. Alles gut gemeint, aber durchschaubar sentimental. Mit anderen Worten, ist linksliberal wie die „Süddeutsche“ oder links wie die „taz“ gar nicht in erster Linie bösartig oder volksverhetzend, sondern nur unbedarft? Der Erfolg ist jedenfalls da. Herzlichen Glückwunsch.

Kontakt zum Autor wegen Vorträgen: klausrainer@gmx.de


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