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02.05.09 / Vom Geist der Versöhnung geleitet / Stiftungsrat des »Zentrums gegen Vertreibungen« steht − Weihbischof Jaschke möchte es allen recht machen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-09 vom 02. Mai 2009

Vom Geist der Versöhnung geleitet
Stiftungsrat des »Zentrums gegen Vertreibungen« steht − Weihbischof Jaschke möchte es allen recht machen

Die Mitglieder des Stiftungsrates für das in Berlin geplante „Zentrum gegen Vertreibungen“ stehen fest. Große Überraschungen sind ausgeblieben. Leider wird das Zentrum vorraussichtlich erst in vier Jahren eingeweiht.

Nach der grundsätzlichen Einigung der Regierungskoalition über ein Zentrum „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ stehen nun auch die Mitglieder des Stiftungsrates fest. Bevor das Vertriebenenzentrum voraussichtlich im Jahr 2013 eröffnet werden kann, muß sich der Stiftungsrat zunächst um die Renovierung des schmucklosen Gebäudes am Anhalter Bahnhof in Berlin kümmern. Dafür sind insgesamt 29 Millionen Euro eingeplant. Für den jährlichen Betrieb werden voraussichtlich 2,4 Millionen Euro jährlich benötigt.

Für die Bundesregierung werden in das Gremium drei Vertreter entsandt. Dies sind der Staatsminister für Europa, Günter Gloser (SPD), aus dem Auswärtigen Amt und Franz-Josef Hammerl (CDU), der neue Leiter der Abteilung für Migration, Integration, Flüchtlinge und Europäische Harmonisierung aus dem Bundesinnenministerium. Aus dem Bundeskanzleramt kommt Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hinzu. Aus dem Bundestag werden Jochen-Konrad Fromme (CDU) und Angelica Schwall-Düren (SPD) im Stiftungsrat sitzen (die PAZ berichtete) und die insgesamt fünf Vertreter der Politik komplettieren.

Die historischen Museen sind kraft Amtes mit zwei Vertretern im Gremium präsent. Hans Ottomeyer (Deutsches Historisches Museum) und Hans Walter Hütter (Haus der Geschichte) werden die historische und wissenschaftliche Kompetenz des Gremiums verstärken.

Für den Bund der Vertriebenen (BdV) werden Christian Knauer und Albrecht Schläger die beiden Entsandten sein. Der dritte Sitz des BdV bleibt vorerst unbesetzt, da Erika Steinbach, Präsidentin des BdV und Mitglied im CDU-Bundesvorstand, ihren Sitz nach heftigen Angriffen von polnischer und sozialdemokratischer Seite ruhen läßt. Für die Kirchen beziehungsweise Religionen sind ebenfalls drei Vertreter benannt, die den derzeit zwölfköpfigen Stiftungsrat komplettieren. Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wird die Kulturbeauftragte Petra Bahr und für den Zentralrat der Juden dessen Vizepräsident Salomon Korn in das Gremium einziehen. Die katholische Kirche ist mit dem Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke vertreten, der im Rahmen der Deutschen Bischofskonferenz in der Kommission für Kultur, Medien und interreligiösen Dialog mitarbeitet.

Ob die drei religiösen Vertreter anders als die Entsandten aus der Politik dem Vertriebenenzentrum eine besondere Prägung geben können, bleibt abzuwarten. Wie wichtig dem Zentralrat der Juden die Arbeit im Stiftungsrat ist, sieht man an deren hochrangigem Vertreter. Erste Kommentare erinnerten zwar auch an Meinungsäußerungen von jüdischen Vertretern, daß deutsche Täter keine Opfer sein könnten. Dem wurde entgegengehalten, daß es hier nicht um die Holocaust-Frage gehe, sondern um die Vertreibung und Enteignung von deutschen Bürgern, wovon auch mehrere zehntausend Menschen jüdischen Glaubens betroffen gewesen seien. Die EKD entsendet in das Gremium eine weniger prominente Vertreterin. Von der Kulturbeauftragten Petra Bahr ist ein besonderes Engagement für die Vertriebenen bisher nicht bekannt. Bahr leitet das Kulturbüro der EKD in Berlin und gibt als Motto ihrer Arbeit „Kultur ist eine Spielwiese der Freiheit“ an.

Anders ist dies beim Entsandten der katholischen Kirche, Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Er stammt selbst aus Beuthen in Oberschlesien und hat durch seine Familie, wie er gegenüber dieser Zeitung betonte, eine starke biographische Beziehung zum Unrecht der Vertreibung. Er möchte als kirchlicher Vertreter im Stiftungsrat zwar politische Irritationen vermeiden, aber dem „Menschenrecht der Erinnerung Gestalt geben“. Nicht der „Geist des Aufrechnens, sondern der Versöhnung“ werde sein Engagement für das Zentrum gegen Vertreibungen bestimmen, betonte Jaschke gegenüber der Preußischen Allgemeinen Zeitung.

Schuld, sagte Jaschke, solle man nicht verdrängen. Als Kirchenmann wolle er sich besonders für die Dokumentation des unschuldigen Leides des einzelnen einsetzen. Versöhnung könne nur geschehen, wenn der Ungeist der Vertreibung auch benannt werde. Wahrheit und Versöhnung gehörten eng zusammen, wie der Bischof betonte. Hier könne er als Kirchenmann besonders für die humane Erinnerung eintreten, da er frei von politischen Erwägungen als Vermittler auftrete. Angesprochen auf die Präsenz des jüdischen Vertreters und die fehlende Präsenz der Präsidentin des BdV, erklärte Jaschke, daß er beide schätze. Er halte es für gut, daß Salomon Korn mit dabei sei. Viele der polnischen Kritiker von Frau Steinbach kenne er ebenfalls. Insofern erhoffe er sich in den vier Jahren bis zur Eröffnung des Zentrums, daß unnötige Reize vermieden und ein versöhnliches Arbeiten im Sinne der Wahrhaftigkeit geschehen könne.   H. E. Bues

Foto: Von der katholischen Kirche entsandt: Weihbischof Hans-Jochen Jaschke


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