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02.05.09 / Später Dank: Sammelklagen / Organisierte Apartheids-Opfer attackieren deutsche Konzerne

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-09 vom 02. Mai 2009

Später Dank: Sammelklagen
Organisierte Apartheids-Opfer attackieren deutsche Konzerne

Soweto, Spätsommer 1989: Der Wind des Wandels, der in Europa schon Orkanstärke annimmt, ist hier allenfalls als laues Lüftchen zu spüren. Gerade erst hat Frederic Willem de Klerk den sturen Apartheidsverfechter Pieter Willem Botha als Parteichef und Staatspräsident abgelöst. Noch ist ungewiß, ob der Neue willig und fähig ist, Südafrika in eine Zukunft zu führen, an der auch die nichtweiße Bevölkerungsmehrheit teilhaben kann.

Mitten in den Slums des Ghettos am Rande Johannesburgs stoßen wir Besucher aus dem fernen Deutschland auf Unerwartetes – eine Luxusvilla, wie man sie eher in den Millionärsvierteln Münchens oder Hamburgs erwartet. Den Prunkbau hat sich Winnie Mandela errichten lassen, Noch-Ehefrau des Noch-Strafgefangenen Nelson Mandela. Kaum zu glauben, in Sichtweite der armseligsten Hütten, in denen Tausende ein erbärmliches Dasein ohne Strom und fließendes Wasser (allenfalls mit am Lohntag reichlich fließendem Fusel) fristen, hat sich eine Nobelmeile etabliert. Die armen Nachbarn stört das nicht; sie scheinen die Reichen eher als Symbol der Hoffnung auf ein besseres Leben zu sehen.

Einer dieser Reichen erzählt uns, wie er zu Wohlstand, Villa und Mercedes gekommen ist. Studium in Deutschland, zurück in die Heimat, zu Siemens Südafrika. Hier hat er es zum leitenden Ingenieur gebracht, verdient mehr als die meisten weißen Südafrikaner, kann sich alles leisten.

Halt! Fast alles. Einiges nicht. Mit all seinem Geld kann er kein Haus außerhalb Sowetos kaufen oder mieten, nach Feierabend muß er zurück ins Ghetto. Und die schicken Bars mit dem Schild „Net Blankes/Whites only“ kennt er nur von außen.

Über ihn – und über schwarze, ANC-nahe Gewerkschafter, offiziell noch verboten, stillschweigend aber schon geduldet – lernen wir andere Nichtweiße kennen, die es geschafft haben. Und immer wieder hören wir in diesen Gesprächen die Namen deutscher Firmen: Mercedes, BMW, Siemens. Beim weißen Apartheids-Regime sind die nicht sonderlich beliebt. Denn sie zahlen ihrem nichtweißen Personal anständige Löhne, investieren in Aus- und Fortbildung, bieten Aufstiegs­chancen und humane Arbeitsbedingungen. Die Nichtweißen, die bei ihnen arbeiten, sind voll des Lobes, die weißen Herren hingegen fürchten den Machtverlust.

Der kommt denn auch bald. Während wir, zurück in Deutschland, das Ende der DDR erleben, hebt de Klerk das ANC-Verbot auf, entläßt Mandela aus der Haft, baut Schritt für Schritt die Apart­heidsgesetze ab.

Die in Südafrika aktiven deutschen Konzerne hatten an dieser Entwicklung einen durchaus verdienstvollen Anteil. Statt Dank aber ernten sie unverdiente Rache: 15 Jahre nach dem Ende der Rassentrennung bereitet eine Gruppe sogenannter Apartheid-Opfer Sammelklagen vor US-Gerichten vor, unter anderem gegen Daimler und weitere deutsche Firmen. Unter den Klägern ist keiner von denen, die wir damals in Soweto sprachen.   H.J.M.


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