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02.05.09 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-09 vom 02. Mai 2009

Frustträllern / Wann endlich die Unruhen anfangen, wie die Linken um ihre Beute betrogen werden, und wie die Rente unter die Politiker fiel
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Wann knallt’s denn endlich? Der 1. Mai zählt nicht. Da toben sich wie gewohnt diese deprimierenden Straßenkriminellen aus, die jede Gelegenheit nutzen, unter dem Vorwand politischer Ziele die Sau rauszulassen. Ihre Parolen sind meist altbekannt, teils werden sie modisch angepaßt. Der Spruch „Wir zahlen nicht für eure Krise“ ist längst zum Straßenfeger der laufenden Spielzeit aufgestiegen. Nur ist nicht recht nachvollziehbar, was die 18jährigen Stütze-Schnorrer vom „schwarzen Block“ eigentlich damit meinen, „wir zahlen“.

Vor den Krawallos haben am Nachmittag regelmäßig die trillerpfeifenden DGB-Busladungen ihren Mai-Auftritt, für die Michael Sommer die Büttenrede hält. Diese harmlosen Leutchen hatte der Gewerkschaftsboß aber wohl kaum im Blick, als er „soziale Unruhen“ androhte. Unruhen sehen anders aus, wie der Blick in die Geschichte zeigt. Von so etwas ist weit und breit nichts zu sehen, was Sommer in schwere Enttäuschung versetzt. Die Worte des DGB-Chefs hatten beinahe etwas Flehendes: Nun beunruhigt euch doch endlich!

Gesine Schwan hatte etwas anderes im Sinn. Sie wollte sich mit ihren Visionen von „Wut“ und „Explosion“ vermutlich nur wichtigmachen, um in den Orden der „Mahner und Warner“ aufgenommen zu werden, „die schon frühzeitig ...“. Ging leider in die Hose: Außer Niedersachsens CDU-Ministerpräsident Christian Wulff, der Frau Schwan „nachdenklich“ findet, hat die Kandidatin niemand Prominentes unterstützt.

Man könnte also zur Tagesordnung übergehen. „Man“ schon, Oskar Lafontaine nicht. Der muß, als Linksaußen, irgendetwas finden, um die Sozis links zu überholen, und fand die Forderung nach einem „Generalstreik“. So wie damals anno 1921 beim Kapp-Putsch oder ähnlich? Weiß er selber nicht. Ihm fiel nur nichts Dramatischeres ein, nachdem andere ihm die „Unruhen“ und „Explosionen“ vor der Nase weggeschnappt hatte.

Die Linken fühlen sich schmählich um ihre Demagogenbeute betrogen. Fassungslos stehen sie vor den Umfrage-Ergebnissen der FDP und der knappen, aber seit Wochen immer wieder bestätigten Mehrheit von Schwarz-Gelb bei den Sonntagsfragen. Nordrhein-Westfalens Linke-Chef Andrej Hunko packt die Angst, es könnte wieder nichts werden mit der Revolution: „Nichts wäre angesichts der tiefsten Krise des Kapitalismus mehr zu befürchten als soziale Friedhofsruhe“, barmt der Dunkelrote. Hinter diesen Worten glimmt die Besorgnis, daß der Kapitalismus, zumal in seiner sozial abgepufferten deutschen Art, auch diese Krise wieder hinter sich bringt, statt endlich dem nächsten Realsozialismus Platz zu machen, mit Hunko als Obermotz der Volksrepublik NRW.

Die Sehnsucht der rechten wie linken Ultras nach den 20er Jahren bleibt unstillbar. Für die einen, weil danach ihre „Machtergreifung“ folgte, für die anderen, weil sie hoffen, diesmal die Glück­lichen zu sein. Diese 20er und frühen 30er hatten ja auch was: So viele Hoffnungslose, soviel Bereitschaft, sich ins „Kollektiv“ einzureihen und dem Genossen Funktionär bis in den Tod, na ja, zumindest bis in die nächste Straßenschlacht zu folgen. Nie konnten sich extremistische Parteichargen bedeutsamer vorkommen als in den paar hastigen Jahren, abgesehen von den beiden folgenden Diktaturen, versteht sich.

Und heute? Es ist ein Jammertal. Wie tief wir drinstecken, illustriert eine Meldung aus Hamburg. Dort werden, mit vollem Ernst, Sänger für einen „Beschwerdechor“ gesucht. „Leute, die sich öffentlich Ärger und Frust von der Seele singen wollen“, heißt es in der „Abendblatt“-Meldung, sollen sich am 7. Mai in einem stadtbekannten Veranstaltungszentrum einfinden. Zwei Künstler wollen dort das Projekt starten.

Soweit ist es gekommen. Oskar Lafontaine redet verzweifelt den Generalstreik herbei, Michael Sommer dürstet nach „Unruhen“ – doch was machen diese saturierten Schickis von der zartlinken Basis? Sie gehen frustträllern und nennen das „Kunst“! Du grüne Neune!

Wen überrascht es da, daß trotz der „tiefsten Krise des Kapitalismus“ die sozialistische Revolution den Hintern nicht hochkriegt? Das hat allerdings auch damit zu tun, daß sich das vorrevolutionäre, also das heutige Deutschland schon reichlich sozialistische Liebhabereien zueigen gemacht hat. Neben Steuererhöhungen gehört dazu das Verschenken von Sachen, die man gar nicht hat.

Wie ein Blitz war die Meldung eingeschlagen, daß im nächsten Jahr eine nominale Rentenkürzung ansteht, weil wegen der vielen Kurzarbeiter der Durchschnittslohn 2009 spürbar sinken dürfte. So eine Nachricht wenige Monate vor der Bundestagswahl! Arbeitsminister Olaf Scholz von der SPD heulte auf: Es werde natürlich keine Rentenkürzung geben, weder im nächsten Jahr noch sonst irgendwann. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla war etwas vorsichtiger: „Wir wollen keine Rentenkürzungen für 2010“, nuschelte Merkels Adjutant in seinem breiigen Deutsch. „Wollen“, aha. Das kann auch heißen: Wir wollen zwar nicht, können aber womöglich nicht anders.

Pofallas Vorsicht ist taktisch ziemlich unklug, die könnten ihm die Sozen leicht um die Ohren hauen. Der CDU-General lege sich nicht fest und halte sich ein Hintertürchen offen, um den Rentnern doch noch ans Bare zu gehen, könnten sie behaupten.

Scholz hingegen ist auf der sicheren Seite. Die Frage der Finanzierung weiterer Erhöhungen spielt keine Rolle. Wenn zuwenig Geld da sein sollte, erhöhen wir eben die Rentenbeiträge, oder die Verschuldung oder wir drucken einfach mehr Geld. Der Widerstand gegens Gelddrucken wird selbst in der Führung der Europäischen Zentralbank von Tag zu Tag schwächer, bald kann es losgehen.

Theoretisch könnten wir solange drucken und erhöhen, bis sich die Ruheständler ihr Geld mit der Schubkarre abholen müssen. Auf die Karre sollten dann sie aber gut achtgeben. Sie wird weit mehr wert sein als ihr bunter Inhalt.

Ja, ist ja gut: keine Panikmache hier! War ja auch nur theoretisch gemeint, praktisch wird es kaum soweit kommen. In der Praxis wird die Politik stattdessen einen fein abgeschmeckten Mix aus Beitrags- und Steuererhöhungen, höheren Schulden und einer Ladung Inflation wählen. Es ist klüger, wenn man an allen Seiten gleichzeitig aus dem Leim geht statt nur an einer Stelle. Auf diese Weise wird die Deformation viel später sichtbar, vielleicht sogar erst kurz bevor man platzt.

Die Politik hat jedenfalls Grund zum Feiern: Mit der zweimaligen Aushebelung des „Riester-Faktors“ 2008 und 2009 und nun noch der Manipulation der Rentenformel hat sie die Festung Gesetzliche Rente endlich gestürmt. Dieses Bollwerk war schon seit langem ein Quell des Ärgers. Mit Steuern und anderen Abgaben konnte man Politik machen, die einen ködern, die anderen plündern, und als großmächtiger Verteiler seinen Einfluß in alle Lebensbereiche ausdehnen.

Nur die Rente, die hatte diese eherne Formel, ebenso schlicht wie erbarmungslos und vor allem: unveränderlich. Das ist nun überstanden. Mit Rente kann ab sofort hemmungslos Politik gemacht werden.

Für die Rentner schafft dieser Erfolg eine völlig neuartige Form von Planungssicherheit. Es empfiehlt sich künftig, größere Anschaffungen auf Bundestagswahljahre zu legen, dann gibt’s bestimmt immer etwas extra. Dabei aber nicht übermütig werden! Für die zwei, vielleicht drei Jahre danach ist mit politsaisonalen Einbußen zu rechnen, weshalb man sich immer ein paar Euros von dem Wahlkampf-Bakschisch zurücklegen sollte.

Die Furcht der Parteienprominenz vor dem Wahlvolk scheint nur noch übertroffen zu werden von ihrem Vertrauen auf unsere Dummheit. Kein Grund zu Revolte, aber ein bißchen unruhig kann das schon machen.


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