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09.05.09 / 1,3 Millionen aus Ankara / Der Fall Titina Loizidou – Berlin faktisch auf Seiten der Vertreiber

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-09 vom 09. Mai 2009

1,3 Millionen aus Ankara
Der Fall Titina Loizidou – Berlin faktisch auf Seiten der Vertreiber

Es war eine der teuersten Festnahmen in der Geschichte: 1,3 Millionen Euro mußte Ankara am 3. Dezember 2003 an Titina Loizidou überweisen, und das letztlich nur, weil ein türkischer Soldat sie im März 1998 im zyprischen Grenzdorf Lymbia kurz festgesetzt hatte. Die griechische Zypriotin, die sich selbst als unpolitisch bezeichnet, hatte an diesem Tag an der Demonstration „Frauen gehen nachhause“ teilgenommen. Es handelt sich um eine jährlich wiederkehrende Kundgebung griechischer Zypriotinnen, die damit für ihr Recht auf die Heimat und die Wiedervereinigung der geteilten Insel eintreten.

Nach der Verhaftung beschwerte sich Frau Loizidou beim Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg. Kern war die Forderung nach Rückgabe oder Entschädigung für das Haus, das ihr bei der Vertreibung im Jahre 1974 bereits 80jähriger Vater im Städtchen Kyrenia besessen hatte. Das Verfahren in Straßburg zog sich jahrelang hin, endete aber mit einem vollen Erfolg für Frau Loizidou. Das dem Europarat angeschlossene Gericht sprach ihr im Juli 1998 570000 US-Dollar Schadenersatz für das verlorene Haus zu und weitere 38000 Dollar für „die Gefühle von Leid, Hilflosigkeit und Frustration“, die ihr als damals junger Mutter wegen der Enteignung entstanden waren, hinzu kamen noch Verfahrenskosten − alles zahlbar bis 28. Oktober 1998.

Die Türkei ließ den Termin verstreichen, doch der Europarat ließ nicht locker. „Das Minsterkommitee des Europarates hat in drei Resolutionen die Türkei zur Zahlung aufgefordert“, erläutert der US-amerikanische Völkerrechtler Alfred de Zayas gegenüber der PAZ. „Die erste war noch mild, die dritte von 2003 fast ein Ultimatum.“ Der Türkei drohte im Falle der weiteren Weigerung nicht weniger als der Ausschluß aus dem Europarat. Das ganze Projekt der EU-Beitrittsverhandlungen war gefährdet. Und so zahlte Ankara schließlich Ende 2003 die genannte Millionensumme; Zinsen und Wechselkurseffekte hatten den Betrag anschwellen lassen.

Alfred de Zayas begrüßt sowohl die Entscheidung im Falle Loizidou als auch das neue Urteil zugunsten von Meletis Apostolides. „Das Urteil bestätigt die völkerrechtliche Verpflichtung, Entschädigung zu zahlen, wenn Privateigentum entzogen wurde.“ Das Urteil habe damit auch Signalwirkung für die deutschen Vertriebenen, denn: „Ein Völjkerrecht à la carte darf und kann es nicht geben. Es wäre eben kein Recht.“ Um Wiedergutmachung durchzusetzen, benötigten Vertriebene diplomatischen Schutz und politische Unterstützung, mahnt de Zayas die deutschen Verantwortlichen. Trotz des Prinzips der Gewaltenteilung seien die europäischen Richter auch „Menschen mit Sinn für die politische Realität“, so de Zayas. Griechenland habe Frau Loizidou intensive Unterstützung gewährt, während Berlin entsprechende Schritte der deutschen Vertriebenen offen bekämpfe. − Tatsächlich geht die deutsche Zurückhaltung so weit, daß der deutsche Richter Rudolf Bernhard in Straßburg sich 1998 in einem Sondervotum gegen die Vertriebene stellte. Deutsche Medien berichteten zudem kaum.   K.B.


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