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09.05.09 / In der gehobenen Gesellschaft / »Künstlerfürsten« wie Liebermann, Lenbach und Stuck inszenierten sich selbst – Eine Ausstellung zeigt wie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-09 vom 09. Mai 2009

In der gehobenen Gesellschaft
»Künstlerfürsten« wie Liebermann, Lenbach und Stuck inszenierten sich selbst – Eine Ausstellung zeigt wie

Sie porträtierten die Großen ihrer Zeit und waren selbst in der gehobenen Gesellschaft verankert. Sie waren erfolgreich und nicht nur als Künstler angesehen: Max Liebermann (1847–1935), Franz v. Lenbach (1836–1904) und Franz v. Stuck (1863–1928). Die Stiftung Brandenburger Tor widmet den drei Malern nun eine einzigartige Ausstellung.

Im ehemaligen Wohnhaus Max Liebermanns am Pariser Platz werden derzeit unter dem Titel „Künstlerfürsten“ herausragende Werke der drei Künstler gezeigt. Die Ausstellung vergleicht erstmals die drei Großen der Kunstszene des frühen 20. Jahrhunderts miteinander. Die Selbstbildnisse und die den Künstlern erteilten Aufträge – allen voran die Porträts – sowie ihre Wohnstätten spiegeln wider, was den Aspekt des Künstlerfürstentums ausmachte.

Allen drei Malern gelang es, eine hohe gesellschaftliche Stellung zu erreichen. Liebermann war als Präsident der Preußischen Akademie der Künste eine Berliner Institution. Lenbach und Stuck wurden zu Lebzeiten geadelt und als „Künstlerfürsten“ bezeichnet. Ausschlaggebend dafür war nicht nur ihr Erfolg als Künstler, sondern auch ihr ausgeprägter Wille zur Repräsentation und Selbstinszenierung.

„Die stilistischen Unterschiede ihres Schaffens fallen sofort ins Auge“, betont die Kuratorin der Ausstellung Anke Daemgen, „und so mag es nicht verwundern, Gemeinsamkeiten zwischen ihnen zu finden. Doch zeigen sich diese besonders in der Stilisierung der eigenen Person als selbstbewußte und unabhängige Künstler, den ungezählten Porträtaufträgen aus Aristokratie, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur als auch den höchst repräsentativen Wohnräumen der Künstler.“

Während Liebermann auch private, bürgerliche Bilder von seiner Familie schuf, steht bei Lenbach die Darstellung seiner sozial hochstehenden Familie im Mittelpunkt. Auch bei Stuck bleibt ein Einblick in die reale Welt des Künstlers verwehrt.

Die Porträts, die Lenbach und Liebermann von anderen schufen (Stuck war weniger als Bildnismaler gefragt), zeigen die Verknüpfung der Künstler mit anderen gesellschaftlichen Schichten und sind geradezu ein Spiegel ihrer jeweiligen Position.

„Die Liste wohlklingender und aktuell sehr einflußreicher Personen aus allen Bereichen der gehobenen Gesellschaft, die sich von ihnen malen lassen wollten, ist lang“, so Anke Daemgen. „Sie bezeugt ihre Position als bevorzugte Porträtmaler ihrer Zeit, die offensichtlich den Zeitgeschmack und die repräsentativen Bedürfnisse der Kunden bestens bedienen konnten. Ein Porträt von ihrer Hand wurde gerade zu einer Prestigefrage.“ Lenbach hatte sogar eine Art Netzwerk aufgebaut und pflegte die Bekanntschaften mit Damen und Herren der Gesellschaft, durch die er Zugang zu weiteren Kreisen bekam. Sein Porträt von Otto v. Bismarck ist aus den Geschichtsbüchern bekannt. Bildnisse, die Lenbach von Papst Leo XIII., dem Komponisten Richard Wagner und dem Altertumswissenschaftler Theodor Mommsen schuf, sind in der Ausstellung zu sehen. Ihnen stehen Liebermanns Porträts des Dichters Gerhart Hauptmann, des Komponisten Richard Strauss, des Industriellen Carl Duisberg oder des Reichspräsidenten Paul v. Hindenburg gegenüber.

Während Lenbach und Stuck in München sehr angesehen waren, hatte Liebermann mit seinem schlechten Verhältnis zum preußischen Hof zu kämpfen. Kaiser Wilhelm II. war zwar kunstinteressiert, lehnte aber moderne Strömungen ab. So sprach er bei den Arbeiten von Käthe Kollwitz verächtlich von „Rinnsteinkunst“. Stuck hingegen schrieb 1911 anerkennend: „Der bayerische Hof ist überhaupt kunstsinnig und fördert die Kunst, wo er nur kann. Dazu kommt, daß der Künstler hier in der Gesellschaft, die sonst sehr exklusiv ist und sich von Kaufleuten und Industriellen streng abschließt, gerne gesehen wird. Der Künstler verkehrt mit dem Hof, dem Adel und der höchsten Beamtenschaft auf gleichem Fuße.“

Alle drei pflegten einen aufwendigen Lebensstil, das zeigen Schwarzweißfotos, die in der Ausstellung ebenfalls zu sehen sind. Lenbach lebte in einer der italienischen Renaissance nachempfundenen Villa in hervorragender Lage in Münchens Maximilianvorstadt, die er sich als „ein Mittelpunkt der Künste und deren gesellschaftlicher Belange“ wünschte. Stuck repräsentierte in seiner selbstentworfenen Villa an der Prinzregentenstraße in München, die in Form und Ausstattung vor allem seine Vorliebe für die Antike verdeutlicht. So stattete er seine Villa mit Kopien antiker, meist römischer Bildwerke aus, die zumeist in direktem Zusammenhang mit der Architektur standen. Franz v. Lenbach schätzte Kleinskulpturen aus der Antike, aber auch aus der Renaissance. Eigene Kopien alter Meister waren ebenfalls in Lenbachs Haus zu sehen. Liebermann war der einzige, der sich nicht nur mit eigenen Werken, sondern auch mit denen seiner Zeitgenossen umgab, darunter die damals nicht allseits geschätzten französischen Impressionisten. Sein Wohnhaus am Pariser Platz, in unmittelbarer Nähe des Brandenburger Tors gelegen, aber auch seine Villa am Wannsee wirkten gegenüber den Domizilen von Lenbach und Stuck recht bürgerlich.

„Trotz der so unterschiedlichen Ausrichtung ihrer Sammlungen und Wohnräume bindet sie jedoch, daß sie alle sich mit Kunstwerken umgaben, die in ihrem Schaffen eine große Rolle spielten“, so Daemgen, „die alten Meister für Lenbach, die mythologisch aufgeladene Antike für Stuck und die Zeitgenossen für Liebermann.“

Im Nicolai-Verlag erscheint ein Katalog mit Abbildungen aller ausgestellten Werke und weiterführenden Beiträgen renommierter Kunsthistoriker (144 Seiten, 80 überwiegend farbige Abbildungen, gebunden mit Schutzumschlag, 24,95 Euro). Silke Osman

Die Ausstellung „Künstlerfürsten – Max Liebermann, Franz von Lenbach, Franz von Stuck“ ist bis 5. Juli im Max-Liebermann-Haus, Pariser Platz 7, Berlin, montags und mittwochs bis freitags von 10 bis 18 Uhr, am Wochenende von 11 bis 18 Uhr zu sehen, Eintritt 6 / 4 Euro.

Foto: Max Liebermann: Blick aus dem Wohnzimmerfenster des Künstlers auf den Tiergarten nach Südwesten (Pastell, 1900)


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