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16.05.09 / Wir schulden Politikern für Rentenerhöhung keinen Dank

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-09 vom 16. Mai 2009

Moment mal!
Wir schulden Politikern für Rentenerhöhung keinen Dank
von Klaus Rainer Röhl

Liebe Alte, seid doch nicht immer so mißtrauisch! Natürlich weiß jeder von uns, daß am 27. September dieses Jahres Bundestagswahlen sind und am 1. Juli die Renten um 2,41 Prozent erhöht werden. Die Renten der ehemaligen Untertanen von Ulbricht sogar um 3,8 Prozent. Zufall oder Notwendigkeit? Komisch, nicht? Schieb das Dings mehr nach links und mit einem Mal da ging‘s. 2,41 Prozent. Das macht bei meiner Rente, die ziemlich identisch ist mit der Durchschnittsrente aller 20 Millionen Rentner in der Bundesrepublik, flotte 23,48 Euro. Dafür gibt es für Führungskräfte gerade mal sechs Austern mit einem Glas Chablis. Aber die wenigsten von uns essen Austern. Für das Geld gibt es auch 50 Liter Milch bei Aldi. Und die meisten von uns trinken Milch – oder Bier. Es ist wie bei Tchibo, als die Tasse Kaffee noch 20 Pfennig kostete: „Wir verdienen nichts daran, aber die Masse macht‘s.“ 20 Millionen mal 24 Euro und das zwölfmal im Jahr, das ergibt? – bitte selber ausrechnen. Das hält jung und hilft gegen Gedächtnisschwund.

Haben Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier die Millionen für die Rentenerhöhung und die Rentengarantie in der Kasse und geben nur aus, was sie haben? Oder haben sie bloß die Lizenz zum Gelddrucken? Zwar, die Milliardenbeträge, die täglich über den Kabinettstisch gehen, werden nicht bar bezahlt, sonst müßten wir tatsächlich die ersten 1000 Euro-Scheine einführen – und bald 10000. Die Schuldenuhr tickt. Siehe Seite 2 dieser Zeitung, links unten. Nein, sie tickt schon lange nicht mehr, sie rast wie die Uhr in einer Zeitmaschine, die sich über die vierte Dimension in die Zukunft beamt. Bei den Filmen mit der Zeitmaschine gibt es immer diesen Druck auf den Knopf, und man fährt wieder zurück – bei uns gibt es das leider nicht.

Dafür gibt es jetzt zu der Rentenerhöhung auch noch die „Rentengarantie“ Was heißt das? Die „Bild“-Zeitung, die immer lautstark gegen die „Haie“ Front macht, und damit sowohl der Linken als auch den „anderen“ Parteien spielend jede Schau stiehlt, appelliert auf der Titelseite an Scholz, keinen Rückzieher zu machen („Herr Minister, unterschreiben Sie hier!“). Aber jüngere Abgeordnete aller Parteien verurteilen die Garantie für die Rentner, weil die jungen Leute die „Zeche zahlen“ müßten. Das hört sich so an, als wenn die, die ein Leben lang, meist 45 Jahre und mehr, gearbeitet haben (mit wesentlich mehr Wochen-Arbeitsstunden als heute), jetzt über ihre Verhältnisse lebten und die Zeche prellen wollten. Sehr falsche Töne, meine Herren.

Liebe Rentner in Ost und West, niemand will Euch etwas schenken. Die wollen nur unsere Stimmen, einmal in vier Jahren. Da wird auch plötzlich die Gedenkstätte an die Vertreibung beschlossen. Weil die Stimmen von Millionen Ostpreußen, Schlesiern, Pommern und Sudetendeutschen einen Tag lang wertvoll sind. Da paßt ja der Slogan: „Es kommt auf jede Stimme an.“ Die ist klein, aber die Masse macht‘s. Vielleicht wird auch die Gedenkstätte noch gebaut. Obwohl da noch viele Thierses die Stirn kraus ziehen und mißtrauisch sind, gegen den Wunsch der Vertriebenen. Lieber mit den Polen was machen und am liebsten gar nichts.

20 Millionen Rentner von rund 60 Millionen Wahlberechtigten. Rentner sind zugleich Alte. Die können von Glück sagen, daß sie plötzlich so viel Zuwendung kriegen. Normalerweise stören sie nur. Gerade eben feierten wir den Anfang des 20. Jahrhunderts von Anne Jarvis erdachten und von der amerikanischen Süßwarenindustrie und den Blumengeschäften freudig begrüßten „Muttertag“. Im Ostblock wurde dafür der Weltfrauentag gefeiert (1910 von der späteren deutschen Kommunisten-Führerin Klara Zetkin gefordert), inzwischen gibt es den Tag der Umwelt, den Welt-Vegetariertag, den Tag des Waldes, den Weltwassertag, den Welttag für Nichtraucher, den Welttag des Versuchstiers, des aussterbenden Zwerghuhns, des Fischreihers, der sibirischen Wölfe, der javanischen Schildkröte und der anderen bedrohten Tiere. Holocaust-Tag ist immer, bei uns. Aber: Wann wird der Tag der Alten und Rentner gefeiert? Nie.

Liebe Mit-Vertriebene, Geld ist nicht Liebe, aber es zeugt von Zuwendung. Und an dieser Zuwendung fehlt es bisher. Wahltag ist Zahltag. Bis kurz vor diesem Termin gab es für Rentner kein Geld. Nullrunde oder fast Nullrunde, bei einer Inflation von damals mehr als drei Prozent. Kein Geld für Rentner und Alte. Behalten wir das in Erinnerung. Immer das Gedächtnis trainieren! Es gab, jahrelang, kein Geld. Ebensowenig wie es das hundertmal versprochene „sichtbare Zeichen“ für die Vertriebenen, das „Zentrum gegen Vertreibungen“ gab. Plötzlich kommt es, und das Geld dafür auch. Geschenkt, wird Frau Merkel sagen, und Steinmeier wird nicken. Aber Geschenke kosten. Milliarden, wird uns immer wieder eingebleut. Wir aber, Rentner und Alte und aus unserer Heimat Vertriebene, wollen gar keine Geschenke, sondern nur die Einhaltung von öffentlich gegebenen Versprechen. Auch eine spürbare Rentenerhöhung ist ja kein Geschenk, sondern die Einhaltung einer Zusage, die beim Abschluß der Rentenversicherung gegeben wurde. Es ist die Erfüllung eines Vertrags.

Und wir müssen auf seiner Einhaltung bestehen, so wie die nächste Generation auf der Einhaltung von Versprechen bestehen wird, mit ihren Kräften und Wahlentscheidungen. Da wird noch mehr in die Kasse gegriffen werden müssen als heute bei der Übernahme der Hypo Real Estate Bank. Eigentlich wird in öffentlichen Verlautbarungen nur noch in Milliarden gerechnet. Wissen wir noch, wir Empfänger von rund 23 Euro Rentenerhöhung, wie viel eine Milliarde ist? 1000 Millionen. Die können wir alle zusammen nicht an einem Lebensabend verbrauchen.

Wir vergeuden das Geld unserer Kinder und Enkelkinder? Das sehe ich anders. Sie werden in eine ganz andere Welt hineingeboren, in intakte Städte und eine soziale Grundversorgung, die so einmalig in der Welt ist, daß Millionen Afrikaner und Asiaten davon ihr Leben lang träumen und die Stärksten unter ihnen selbst den Tod durch Ertrinken nicht scheuen, um mit einem winzigen Boot irgendwie dieses so gelobte Land zu erreichen.

Die nachgeborenen Deutschen gehören zu den am besten ausgebildeten und höchst qualifizierten Kindern in Europa. Sie werden das Kind schon schaukeln, wenn es soweit ist. Solange man sie nur läßt. Wenn man ihnen den Wohlstand beschneidet, werden sie sich auf die Geschichte ihres Volkes besinnen und die Wirtschaft wieder aufbauen, so wie wir sie 1945 wieder aufgebaut haben. Auch das nicht vergessen: Da war nichts. Wir fingen bei Null an.

Wenn wir eine Sorge um unsere Kinder und Enkelkinder haben müssen, dann nur die, daß sie die Lehre der Geschichte vergessen haben. Das Anpacken und den Mut. Mut verloren – alles verloren.

Liebe Mit-Rentner, freut Euch über die Rentenerhöhung und die Rentengarantie, auch wenn es danach Nullrunden geben soll. Spätestens bei der nächsten Wahl wird die Rente wieder erhöht, nicht freiwillig, wir müssen dafür kämpfen. Niemand muß uns etwas schenken. Wir sollen nur am Wahltag dankbar sein und die Große Koalition wählen. Nicht die FDP und nicht die Linke und die Grünen oder gar die „anderen“. Seien wir undankbar. Beherzigen wir ein Wort von Kurt Tucholsky: „Nimm was du kriegst, aber pfeif auf den Quark. Geh in Deine Kabine und wähle frei. Wahltag ist Zahltag!“

Kontakt zum Autor wegen Vorträgen: klausrainer@gmx.de


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