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16.05.09 / In Marienburg wurden rund 2500 Tote exhumiert / Die Grube ist wieder geschlossen, nun werden einzelne Knochen gerichtsmedizinisch untersucht – Identifizierung ist nicht vorgesehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-09 vom 16. Mai 2009

In Marienburg wurden rund 2500 Tote exhumiert
Die Grube ist wieder geschlossen, nun werden einzelne Knochen gerichtsmedizinisch untersucht – Identifizierung ist nicht vorgesehen

Vor wenigen Tagen wurden die Exhumierungsarbeiten an dem großen Massengrab bei der Marienburg abgeschlossen. Wie die Zeitung „Junge Freiheit“ unter Berufung auf den für die Untersuchungen verantwortlichen Abteilungsleiter des polnischen Instituts für Nationales Gedenken (IPN) in Danzig, Staatsanwalt Maciej Schulz, berichtete, ist die Grube bereits wieder mit Erde verfüllt und auch planiert worden. Derzeit würden nur noch „einige Stellen außerhalb des Grund­stücks“ untersucht, das Ziel der Arbeiten sei erreicht worden, so Schulz.

Wie die Preußische Allgemeine bereits am 11. April berichtete, war die Zahl der geborgenen Toten bis dahin auf etwa 2400 gestiegen. Nun spricht das IPN offiziell von etwa 2500 Toten. Obwohl die neben der Marienburg Bestatteten offensichtlich Deutsche waren, ist mit der Untersuchung die „Kommission zur Verfolgung von Verbrechen gegen das polnische Volk“ (KSZpNP) des IPN betraut. Die genaue Zahl der Getöteten, so der Staatsanwalt, werde man „erst nach Abschluß der gerichtsmedizinischen Untersuchung“ angeben können.

Diese Mitteilung enthält eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist, daß überhaupt eine gerichtsmedizinische Untersuchung stattfindet. Davon war zunächst keine Rede, selbst offizielle deutsche Stellen mahnten sie – zumindest öffentlich – nicht an. Anscheinend (und das ist die schlechte Nachricht) sollen diese Untersuchungen aber keine Identifizierung der Toten anhand ihrer DNA einschließen.

Schulz sprach nämlich nur von Untersuchungen an „ausgewählten Knochen“ durch Sachverständige des Gerichtsmedizinischen Instituts der Medizinischen Akademie in Danzig, die „noch etwa drei Monate“ in Anspruch nehmen würden. Offenbar ist also nicht daran gedacht, einer möglichst großen Zahl der Getöteten „ihre Namen zurückzugeben“. Eine solche Klärung der Identität der Toten, wie Wilhelm v. Gottberg, der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen (LO), sie mehrfach angemahnt hat, wäre aber zweifellos der Schlüssel sowohl für eine würdige endgültige Bestattung als auch für die Aufklärung der damaligen Ereignisse. Der Kostenaufwand läge nach Informationen dieser Zeitung pro Person im unteren dreistelligen Bereich.

Eine weitere schlechte Nachricht ist, daß die genaue Zahl der Exhumierten vor allem deswegen unklar ist, weil zu Beginn dieser Arbeiten im vergangenen Herbst mit Bagger und Radladern vorgegangen wurde, wobei viele Skelette dermaßen beschädigt wurden, daß sie heute nicht mehr sicher gezählt werden können. Der Marienburger Historiker Bernard Jesionowski klagte gegenüber dem Internet-Portal gdansk.naszemia-sto.pl, die Exhumierung sei auch in der Folgezeit „schlecht durchgeführt worden“. Es lägen noch immer Knochen in der Erde, mit der die Grube wieder zugeschüttet worden war. Er habe darüber auch die Polizei informiert und den Beamten die auf der Erde liegenden Knochen gezeigt, aber offenbar ohne entsprechende Resonanz.

Auf Unverständnis unter den Betroffenen wird gewiß auch stoßen, daß das IPN an seiner ursprünglichen These festhält, die Mehrzahl der in dem Massengrab verscharrten Personen sei bereits im Winter 1944/45 an „Hunger, Kälte und Krankheiten“ verstorben oder Anfang 1945 in Folge von Verletzungen durch Kampfhandlungen in Marienburg umgekommen. Tatsächlich gab es im Winter 1944/45 in diesem Raum trotz aller kriegsbedingten Mängel weder Hungersnot noch Epidemien. Auch die Verluste unter der deutschen Zivilbevölkerung der Stadt bei deren Verteidigung und schließlich sowjetischen Eroberung blieben begrenzt, weil die Stadt evakuiert worden war.

Wie der Heimatkreis Marienburg berichtet, bleiben die Ermittlungen des IPN auch insofern begrenzt, als diese sich von vornherein nur auf die beiden Monate März und April 1945 und nur auf sowjetische Soldaten als Tatverdächtige beziehen.

Was den Ort der endgültigen Beisetzung angeht, so hat sich Mitte April nun auch der Vorstand der Landsmannschaft Westpreußen für Danzig als Ort der endgültigen Bestattung ausgesprochen, wie dies zuvor bereits die LO getan hatte.

Während im Januar das Marienburger Massengrab in deutschen Medien für wenige Tage Schlagzeilen machte und sogar die Abendnachrichten der großen Sender punktuell berichteten, hatte der weitere Gang der Exhumierung fast kein Medienecho mehr, obwohl die Zahl der Getöteten nochmals um rund 500 stieg und weitere Dinge zu berichten waren, etwa die Debatte über die letzte Ruhestätte der Toten. Vereinzelte Meldungen, die dennoch erschienen, liefern indessen interessante Hinweise auf den Ablauf der Ereignisse in Marienburg.

Die „Bild“-Zeitung zitierte beispielsweise den Bürgermeister von Marienburg, Andrzej Rychlowski, mit der Vermutung, die Russen hätten nach Eroberung der Stadt verbliebenen Deutschen befohlen, umgekommene Landsleute an dieser Stelle zu bestatten, und die Unglücklichen anschließend erschossen. Dies, so „Bild“, würde erklären, warum vor allem die zuerst gefundenen Toten Schußverletzungen aufwiesen.

Verdienstvollerweise hat die „Bild“-Zeitung auch auf die genau 1840 Marienburger hingewiesen, die laut Unterlagen der „Heimatortskartei für Danzig-Westpreußen“ seit 1944/45 vermißt werden, und hat diese Liste sogar in vollem Umfang ins Internet gestellt.

Gewiß ist ein großer Teil der Toten des Massengrabes auf dieser Liste zu verzeichnen, andererseits befanden sich bei Kriegsende in Marienburg auch viele andere Deutsche, insbesondere Ostpreußen, während umgekehrt viele Marienburger bereits auf der Flucht waren. Nun könnten viele Schick­sale geklärt werden, wenn bei den Verantwortlichen auf beiden Seiten das Interesse daran bestehen würde.     Konrad Badenheuer


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