© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-09 vom 16. Mai 2009

Die Nibelungen in Netzeband
Der ungewöhnliche Theatersommer präsentiert »Siegfrieds Tod« als Maskenspiel im Freien

Auch in diesem Jahr stehen in Ost und West, Nord und Süd wieder die verschiedensten Festivals auf dem Programm. Einen besonderen Reiz übt der Theatersommer Netzeband aus. Nur knapp 30 Kilometer von Rheinsberg entfernt, wo die Kammeroper Schloß Rheinsberg unter ihrem künstlerischen Leiter Prof. Siegfried Matthus seit 1991 Erfolge feiert, erntet Sohn Frank seit 1996 als künstlerischer Leiter des Theatersommers Netzeband verdienten Applaus.

Frank Matthus wurde 1964 in Berlin geboren, besuchte nach dem Abitur die Hochschule Ernst Busch und studierte Schauspiel. Ein erstes Engagement erhielt er beim Berliner Ensemble, wo er unter anderem in Brechts „Dreigroschenoper“ den Moritatensänger spielte. Mit dieser Inszenierung gastierte Matthus auch in Israel und in Südamerika. Schauspiel allein aber reichte ihm nicht, und so ließ er sich in der Meisterklasse des Berliner Ensembles auch in Regie ausbilden. Der Erfolg ließ nicht auf sich warten: Von 1990 bis 1996 war Matthus am Brandenburger Theater als Regisseur und Schauspieler engagiert, zuletzt auch als amtierender Oberspielleiter. Weitere Stationen: Schauspieldirektor an den verei-nigten Bühnen Gera / Altenburg, Regie von Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“ in Brandenburg, Inszenierung von Monteverdis „Il ritorno di Ulysse in patria“ für die Kammeroper Schloß Rheinsberg, von Donizettis „Lucia di Lammermoor und Verdis „Rigoletto“ für die Canadian Opera Company in Toronto. Über 40 Inszenierungen kann der Regisseur, der seit 2001 freischaffend arbeitet, für sich verbuchen.

Auch das Fernsehen hat den Schauspieler Frank Matthus immer wieder einmal engagiert. So war er in den Serien „Wolffs Revier“, „Polizeiruf 110“ oder „Liebling Kreuzberg“ in Gastrollen zu sehen. Seine besondere Liebe aber gilt dem Theater, für das er unter Pseudonym auch Texte schreibt. Für die Kammeroper Schloß Rheinsberg verfaßte er den Monolog „Iphigenie in Rheinsberg oder Prinz Heinrich inszeniert eine Oper“, in dem Angelica Domröse als Regisseurin und als Schauspielerin brillierte. Eine Gemeinschaftsarbeit von Vater und Sohn schließlich ist die Oper „Unendliche Geschichte“, für die Frank Matthus das Libretto nach dem Buch von Michael Ende schuf und Vater Siegfried die Musik komponierte.

Am Fuß der wieder aufgebauten und jetzt als Kunstraum genutzten Schinkel-Kirche in Netzeband breitet sich eine monumentale Naturbühne aus. Dort wird auf einzigartige Art und Weise Open-Air-Theater gespielt. Im vergangenen Jahr nahm Matthus mit „Der Fluch des Ringes“ die Netzeband-Version der Nibelungen auf. In diesem Jahr erwartet den Theaterfreund nun mit „Siegfrieds Tod“ der zweite Teil (Premiere 31. Juli, 20.30 Uhr).

Bekannte Schauspieler wie Corinna Harfouch, Daniela Ziegler und Gerd Silberbauer übernahmen die Hauptrollen – allerdings im Tonstudio. Die Aufnahmen ergeben den Ton zu einem choreographisch bewegten Maskenspiel im Freien. Professionelle Tänzer, Schauspieler und Theaterbesessene aus dem 200-Seelen-Dorf Netzeband und den Dörfern ringsum geben den so entstandenen Kunstfiguren Wotan, Brünhilde, Siegfried, Kriemhild, Riesen und Zwergen Körper und Bewegung und verleihen den von Johanna Maria Burkhart gestalteten Masken Leben.

Neben den Nibelungen kommt auch wieder das Kultstück des Theatersommers Netzeband „Unter dem Milchwald“ von Dylan Thomas zur Aufführung (3., 4., 10., 11. Juli). Kindern und junggebliebenen Erwachsenen hingegen wird die Geschichte um die lebendige Holzpuppe „Pinocchio“ nach dem Buch von Carlo Collodi Freude bereiten (11. Juli Premiere).            os

Der Theatersommer Netzeband findet vom 3. Juli bis 29. August statt. Eintritt für „Milchwald“ und „Siegfrieds Tod“ 21 / 18 Euro, „Pinocchio“ Erwachsene 16 / 14 Euro, Kinder (bis sieben Jahre) 4,50 Euro, Kinder (von sieben bis 17 Jahre) 7,50 Euro. Weitere Informationen: www.theatersommer-netzeband.de

Foto: Dramatische Geschehnisse: Spiel um Macht und Liebe im Land der Burgunder