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23.05.09 / Ernste Blicke, harter Tonfall / Durch gegensätzliche Wahlergebnisse ist die Distanz zwischen den USA und Israel größer geworden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-09 vom 23. Mai 2009

Ernste Blicke, harter Tonfall
Durch gegensätzliche Wahlergebnisse ist die Distanz zwischen den USA und Israel größer geworden

Die einstigen „Blutsbrüder“ liegen im Streit: Die Schutzmacht USA löst sich langsam aus der jahrzehntelangen Nibelungentreue zu Israel: Was drei Kriege und die Ost-West-Konfrontation nicht schafften – zwei Regierungswechsel könnten es nun bewirken.

Der Besuch von Israels neuem Premierminister Benjamin „Bibi“ Netanjahu beim neuen US-Präsidenten Barack Hussein Obama zeigt es überdeutlich: Die bisherigen engsten Verbündeten USA und Israel marschieren nicht mehr im Gleichschritt – und das trotz der intensiven Beteuerungen von Präsident Obama im Wahlkampf, Israel die Treue zu halten.

Ob Israel und die USA wenigstens noch dieselbe Richtung anvisieren, muß die Zukunft zeigen. Immerhin: Aus israelischer Sicht gefährden die USA mit ihren Ge-sprächsangeboten an Syrien und den Iran jetzt schon die äußere Sicherheit Israels – war es doch jahrzehntelang Teil der israelischen Staatsräson, sich nicht nur aufs eigene Militär zu verlassen, sondern auch auf den „großen Bruder“ am Potomac und damit auf die größte Militärmaschinerie der Welt.

In der Tat gingen die beiden jüngsten Wahlentscheidungen in Israel und den USA völlig gegen-sätzlich aus: In Washington regiert seither ein – für amerikanische Verhältnisse – äußerst linker Sozialist und Friedensutopist, in Tel Aviv hingegen ein ausgewiesener Hardliner und Falke. Die US-amerikanische Öffentlichkeit, zermürbt durch jahrelange kriegerische Engagements in Afghanistan und dem Irak, wählte einen vermeintlichen Friedens-Messias, die Israelis hingegen fürchteten offenbar um die Zukunft der Nation und wählten Netanjahu, der eindeutig Israels Sicherheit in den Mittelpunkt stellt.

Während Obama bei radikalen Christen und Juden im Verdacht steht, eine Art Krypto-Moslem zu sein – nach dem Motto: Einmal Muslim, immer Muslim –, gilt Ne-tanjahu als ausgesprochener Mos-lem-Feind. Darüber hinaus darf man nicht vergessen – auch wenn diese Feststellung als nicht gerade „politically correct“ gilt: Obama ist als Schwarzer Angehöriger einer ethnischen Minderheit, Netanjahu hingegen macht aus seiner Abneigung gegen Israels größte „ethnische Minderheit“, die Palästinenser, keinen Hehl. Soweit zum Atmosphärischen. Minen und Gesten beim Zusammentreffen von „Bibi“ und „Obi“ ließen auch keine Entspannung erahnen: Zusammengekniffene Lippen, ernste Blicke, harter Tonfall, fahrige Gesten.

Auch die konkreten politi-schen Schritte führen die Verbündeten eher auseinander als zusammen: Die US-Gesprächsofferte an den Iran und die diplomatische Annäherung an Syrien werden im Frontstaat Israel mit besonderem Mißbehagen betrachtet – kein Wunder, steht man diesen aggressiven Regimen doch direkt gegenüber. Obama will den Nahost-„Friedensprozeß“ mit aller Macht wieder in Gang setzen und favorisiert die Zweistaatenlösung – wie jüngst übrigens auch Papst Benedikt XVI. und auch die EU. Doch davon will Netanjahu nichts wissen. Im Gegenteil forciert er den Siedlungsbau im Westjordan-land und provoziert so neue Spannungen mit den Palästinensern. Es sollte nicht verwundern, wenn die Intifada aus diesen beiden Faktoren – der angedeuteten atmosphärischen Unterstützung der USA und der dieser widersprechenden israelischen Strenge – Nektar söge und demnächst wieder mit Selbstmordattentätern und Raketenwerfern auf israelische Zivilisten losginge.

Israel drängt die USA, sich nicht so sehr auf das Palästinen-serproblem zu fixieren, sondern vor allem einen atomar bewaffneten Iran zu verhindern. Immerhin im letzten Ziel sei man sich weiterhin einig, hieß es am Rand der Treffens in Washington. Aber schon das diplomatische Gespräch, das die USA mit dem weiterhin schiitisch-islamistischen Iran des berüchtigten Präsidenten und Antisemiten Ahmadinedschad anstreben, bedeutet nach den Bush-Jahren, als der Iran nebst Nordkorea als nicht gesprächstauglicher Teil der „Achse des Bösen“ galt, einen radikalen Kurswechsel – zur Sorge Israels.

Die Gegenleistung für die israelische Verunsicherung, echte Fortschritte im Friedensprozeß, sind hingegen nicht erkennbar. Im Gegenteil stockt Obamas Friedens-Initiative sichtlich: Seit drei Monaten gibt es kaum Bewegung, die drei Reisen des US-Sondergesandten George Mitchell brachten nichts. Offenbar ist Israel dabei, den USA eine Frist zu setzen für den Friedensprozeß, ehe es militärisch zuschlägt und dann vermutlich mit Raketen und Flugzeugen die iranischen Nuklearfabriken angreift.

Der frühere israelische Botschafter in den USA, Zalmnan Schoval, nannte „sehr wenige Monate“, andere Quellen sprechen von einem Jahr – maximal. Dazu paßt, daß Benjamin Netanjahu die US-Friedensinitiativen schon öfter als „Zeitverschwendung“ bezeichnet hat. Die weißen Tauben in Nahost haben also weiter wenig zu melden.          Anton Heinrich

Foto: Angespannte Stimmung im Weißen Haus: Obama weist den Weg, doch Netanjahu will nicht folgen.


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