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30.05.09 / Tropfsteine

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-09 vom 30. Mai 2009

Konrad Badenheuer:
Tropfsteine

Sage niemand, die Bundesregierung sei nicht zu schnellen Entscheidungen in der Lage. Als im Herbst das Bankensystem auf der Kippe stand, wurden binnen Tagen Summen mobilisiert, die Staaten sonst nur nach Kriegsausbrüchen in dieser Höhe und diesem Tempo zu bewilligen pflegen. Auch die massive Senkung der Steuer auf Agrardiesel zu Wochenbeginn – immerhin eine Ausgabe von fast 300 Millionen Euro – war nach wenigen Tagen beschlossene Sache. Große Bauerndemonstrationen, gar Hungerstreiks von Milchbäuerinnen, und das wenige Tage vor einer wichtigen Wahl – da ging plötzlich alles ganz schnell.

Wo entsprechender Druck fehlt, verlangsamen sich die Entscheidungsprozesse in Berlin hingegen bis zum Tempo des Wachstums von Tropfsteinen. Ein aktuelles Beispiel ist das Ringen um die Patientenverfügungen. Welche Verbindlichkeit soll die schriftlich niedergelegte Willenserklärung eines sterbenskranken Menschen haben, der sich nicht mehr über mögliche Behandlungsalternativen äußern kann? Die Debatte im Bundestag läuft seit Jahren, alle Argumente sind bis zum Überdruß ausgetauscht, nur entschieden wird nicht: In dieser Woche wurde die Sache einmal mehr vertagt – vermutlich auf die nächste Legislaturperiode. Ähnlich bei den Spätabtreibungen: Die Debatte läuft seit über einem Jahrzehnt, zuletzt gebar der kreißende Gesetzgebungsberg eine Maus.

Ach ja, und das 1999 vorgeschlagene Vertriebenenzentrum. Wie oft wurde es bereits in wie vielen Phasen beschlossen? Wenn es schließlich eingeweiht wird, werden rund die Hälfte der 1999 noch lebenden Vertriebenen verstorben sein.


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