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30.05.09 / Die »Prußen« im Mittelpunkt / Geschichtsseminar des BJO im Ostheim – die Vergangenheit prägt die Gegenwart

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-09 vom 30. Mai 2009

Die »Prußen« im Mittelpunkt
Geschichtsseminar des BJO im Ostheim – die Vergangenheit prägt die Gegenwart

Der Bund Junges Ostpreußen (BJO) beschäftigt sich nicht nur mit der Gegenwart, sondern auch der historische Kontext wird referiert. Auf dem diesjährigen Ostpreußenseminar standen vor allem die Ureinwohner Ostpreußens – die Prußen – im Mittelpunkt.

„Ostpreußische Gesinnung heißt tragen und weitermachen.“ Diese Haltung hatte die Diakonieschwester Lisbeth Buddrus, geboren 1910 im Memelland, insbesondere auf ihrer Flucht verinnerlicht. Hans-Joachim Zimmermann, ihr Neffe, hat in einer Lesung aus ihrem Niedergeschriebenen vorgetragen.

Im Preußensaal des Ostheims  wurden die Teilnehmer von ihm eindrucksvoll in die damaligen Ereignisse eingeführt. Das besondere an dem Erlebnisbericht, veröffentlicht unter dem Buchtitel: „So geschah es ... 1944–1946“, es stellt keine Abrechnung mit den Tätern dar, sondern lediglich eine zeitgeschichtliche Dokumentation der Geschehnisse.

Schwester Buddrus überlebte ihre Flucht; vielen Ostpreußen gelang dies nicht. Sie waren zur falschen Zeit am falschen Ort und wurden von den Tätern der Vertreibung ermordet. In den Wirren der Zeit wurden zahllose Massengräber ausgehoben. Eines dieser Massengräber wurde Ende 2008 im westpreußischen Marienburg entdeckt, wo man in der Innenstadt auf 2500 menschliche Skelette stieß. Daß deutsche Menschen in den 1940er Jahren Opfer von Verbrechen wurden, ist noch heute für viele Bundesdeutsche ein Tabu. Eine andere Erklärung gibt es nicht dafür, daß beinahe die gesamte bundesdeutsche Öffentlichkeit das „Massengrab in Marienburg“ ignoriert. Offensichtlich sollten Deutsche heutzutage nur als Täter gelten. Umso wichtiger ist es, daß der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge (VDK) vor Ort die Interessen der Opfer wahrt. Nachdem Wolfgang Held vom VDK über den neuesten Stand aus Marienburg berichtete, kam die Frage einer späten Vertreibung auf. Der VDK möchte die Toten würdig auf einem eigenen Friedhof bei Stettin, also weit von Marienburg, beisetzen, da es dort genügend Platz gibt. Mehrere Stimmen der ostpreußischen Jugend hielten dem entgegen, daß es einer zweiten Vertreibung gleichkäme. Viele Opfer waren wohl selbst Marienburger, da wäre es doch nur konsequent, sie in ihrer Heimat zu belassen.

Marienburger Bürger, ebenso wie sehr viele andere ostpreußische Menschen, entstammten den Prußen oder waren unter anderem Nachkommen von eingewanderten Hugenotten oder Salzburgern. Im allgemeinen ist der Kenntnisstand über die Prußen eher oberflächlich oder schlichtweg nicht vorhanden. Daher standen die Prußen im Mittelpunkt des diesjährigen Ostpreußenseminars des BJO. In mehreren Vorträgen wurden die Teilnehmer in die Welt der Ureinwohner Ostpreußens eingeführt. Schwerpunkt dabei waren die Herkunft und Geschichte sowie die Wandlung des Prußenbildes in den Jahrhunderten. Fachkundige Referenten von der Tolkemita e. V. haben die Teilnehmer durch die Welt der Ahnen geführt. Ihr Vorsitzender Reinhard G. Grunenberg führte zum minimalen Grundwissen aus: „Das Land Ostpreußen hieß ursprünglich „Prusa“, seine Bewohner „Prusai“. Mit der Eroberung durch den Deutschen Orden erhielt das Land den deutschen Namen „Preußen“ und zur Unterscheidung der Ureinwohner nannte man diese Menschen „Prußen“, schrieb es aber im mittelalterlicher Weise mit Doppel-Z, also „Pruzzen“.

Die Prußen lebten früher in Lehm- oder Holzhäusern recht bescheiden. Der nächste Referent Hans Eifler, pensionierter Lehrer, führte das Plenum in die Bedeutung der deutschen Städte in Ost- und Mitteleuropa ein. Denn der Steinbau von Häusern und Kirchen kam mit dem Deutschen Orden in die heutige Region Ostpreußen. Damit verbunden war auch die Gründung von vielen Städten nach deutschem Stadtrecht wie zum Beispiel dem Magdeburger Stadtrecht.

Die Sprache ist der wichtigste Kulturträger. In Ostpreußen wurden verschiedene Mundarten neben dem Hochdeutschen gesprochen. Aufgrund des Ablebens der alten Ostpreußen und der sprachlichen Anpassung der nächsten Generationen sind diese Mundarten in der Bundesrepublik im Prinzip völlig verklungen. Dem letzten Mitarbeiter am Preußischen Wörterbuch, Dr. Reinhard Goltz vom Institut für niederdeutsche Sprache, ist es zu verdanken, daß die Mundarten, wissenschaftlich begleitet, verschriftlicht wurden. Er hat die jungen Ostpreußen wahrlich in die Kultur der Großmütter und Großväter eingeführt.

So wurde ein in Mundart verfaßter Text an die Wand projiziert. Parallel wurde eine Tonbandaufnahme abgespielt, bei der dieser Text von einer Ostpreußin in Platt vorgetragen wurde. Hinzu kamen diverse Beispiele aus den Mundarten, die bei den Teilnehmern teilweise für Verwunderung sorgten. Schließlich hatten noch nicht alle jungen Leute mit den verklingenden Mundarten Kontakt gehabt. Einige Kostproben sind: Voader = Vater; Stoaw = Stube; helpe = helfen; Blit = Blut; verdeene = verdienen; Lucht = Luft; Sip = Seife. Stefan Hein


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