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30.05.09 / Ein »Ende mit Schrecken« / Vor 200 Jahren fiel der Freischärler Ferdinand von Schill in seinem Feldzug gegen die Besatzer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-09 vom 30. Mai 2009

Ein »Ende mit Schrecken«
Vor 200 Jahren fiel der Freischärler Ferdinand von Schill in seinem Feldzug gegen die Besatzer

Für die einen war er ein Gesetzloser, für die anderen ein Freiheitsheld. Mit seinem Freikorps Schillsche Jäger schrieb er Geschichte. Vor 200 Jahren fiel der Rebell Ferdinand von Schill von Feindes Hand.

Die „Erbfeindschaft“ zwischen Deutschen und Franzosen galt bis zum Zweiten Weltkrieg als ausgemachte Sache. Unter den Gründen für ihre Suggestivität finden wir nicht zuletzt die schwere militärische und finanzielle Ausbeutung, die Napoleon nach seinen Siegen von Austerlitz (1805) sowie Jena und Auerstedt (1806) in fast ganz Deutschland praktizierte und die als Reaktion den Haß der deutschen Patrioten und die Befreiungskriege (1813–1815) befeuerte. Da gab es schon frühzeitig Sturmvögel, wie den schneidigen Ferdinand Baptista von Schill.

1790 war er als 14jähriger in die preußische Armee eingetreten. Nach dem Ausbruch des Vierten Koalitionskrieges wurde er in der Schlacht von Auerstedt durch einen Säbelhieb schwer verwundet, konnte sich aber nach Kolberg durchschlagen, einer der wenigen preußischen Festungen, die den sieg­reichen Franzosen noch Widerstand leisteten. In Pommern machte er mit einem kleinen Streifkorps den Besatzern das Leben schwer, was ihm so gut gelang, daß sein König, Friedrich Wilhelm III., ihn noch im Dezember 1806 zum Premierleutnant beförderte und ihm den höchsten preußischen Orden verlieh, den Pour le Mérite. Seine folgenden Aktivitäten mit einem aus eigenen Mitteln aufgestellten Freikorps waren umso erfolgreicher, je kleiner sie angelegt waren – schneidig war er ja, aber kein überragender Truppenführer.

Mit Ende des Vierten Koalitionskrieges 1807 wurde er zwar zum Major befördert, aber Oberst August Neidhardt von Gneisenau, der ihn in Kolberg kennengelernt hatte, hat ihn zurückhaltend beurteilt: „Übrigens ist Schill äußerst brav, nur glaube ich nimmermehr, daß er die Talente des Anführers eines großen Korps habe. Sein Ideengang ist springend, ohne etwas zu ergründen … Er wird, unter einen General von Einsicht und Charakterstärke gestellt, als Parteigänger schöne Dinge verrichten und der Ruf seines Namens viele Kombattanten um ihn her versammeln.“

Er war tatsächlich derart populär geworden, daß der König ihn am 10. Dezember 1808 an der Spitze der Truppen in Berlin einrücken ließ, nachdem die französischen Besatzer es geräumt hatten. Der Jubel der Bevölkerung klang ihm so in den Ohren, daß er Anfang 1809 beschloß, den patriotischen Widerstand gegen Napoleon, den im Süden die Österreicher förderten, in Norddeutschland anzufachen, um einen allgemeinen Aufstand zu entfesseln.

Deswegen rückte er am 28. April mit seinem „2. Brandenburgischen Husarenregiment“, das ihm der König verliehen hatte, aus Berlin aus, scheinbar zum Exerzieren. Aber am Abend hielt er vor seiner Truppe im westlich von Potsdam gelegenen Geltow eine Ansprache. Hierin kündigte er an, sie gegen die Franzosen führen zu wollen, und erweckte dabei den Eindruck, im Auftrag des Königs zu handeln. Die meisten machten mit, und unterwegs bekam er weiteren enthusiastischen Zulauf. Einer seiner Offiziere wurde Adolf von Lützow, der spätere Freikorpsführer von 1813.

Es ging über Wittenberg nach Dessau, wo er einen Aufruf an das deutsche Volk erließ, der aber kaum Wirkung zeitigte. Vielmehr setzte der König von Westfalen, Napoleons Bruder Jerome, nun einen Preis auf Schills Kopf aus. Die Schillsche Truppe schwoll auf zirka 6000 Mann an. Als Schill aber erfuhr, daß die Österreicher im Fünften Koalitionskrieg von 1809 von Napoleon in Bayern besiegt worden waren, wollte er aufgeben, doch seine Kameraden rissen ihn weiter, entlang der Elbe nach Norden. Da sprach er am Marktplatz von Arneburg (Altmark) die denkwürdigen Worte: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!“ Anschließend mußte er sich vor mit Bonaparte verbündeten niederländischen und dänischen Truppen nach Mecklenburg zurückziehen.

Er kam nach Stralsund und wollte übers Meer entweichen, aber seine Reiter hielten ihn fest: „Wir wollen ziehen, so weit die Erde fest und der deutsche Himmel über uns ist“, riefen sie. Also begann die Freischar, sich in Stralsund notdürftig zu verschanzen. Die Stadtbürger verkrochen sich lieber. Es kam zum Straßenkampf, Schill fiel am 31. Mai in der Fährstraße, von einem Säbelhieb in die Stirn und von einer Flintenkugel in den Hinterkopf getroffen.

Die Feinde zogen dem Leichnam die Uniform aus und hieben ihm den Kopf ab. Der wurde in Spiritus konserviert und in das anatomische Museum der Universität Leiden verbracht. 1837 wurde er dann in Braunschweig unter dem Denkmal für die dort erschossenen 14 Gefangenen des Freikorps ordentlich beigesetzt. Rund 200 Leute Schills schlugen sich durch, 543 gerieten in Gefangenschaft und kamen auf Galeeren. Elf Offiziere wurde auf die Festung Wesel verbracht, wo sie am 16. September 1809 erschossen wurden. Auch Preußens König behandelte Schill wie einen Gesetzlosen. Er zieh ihn des Hochverrats und zog seine Güter ein. 1889 erfolgte jedoch – wenn auch reichlich spät – die Rehabilitierung, als Kaiser Wilhelm II. dem 1. Schlesischen Husarenregiment Nr. 4 den Beinamen „Schill“ verlieh.            Bernd Rill

Foto: Tod im Straßenkampf: Schill fiel am 31. Mai 1809 in Stralsunds Fährstraße.


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