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06.06.09 / Von Angesicht zu Angesicht / Im Jagdschloß Grunewald sind jetzt wieder Bildnisse bedeutender preußischer Persönlichkeiten ausgestellt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-09 vom 06. Juni 2009

Von Angesicht zu Angesicht
Im Jagdschloß Grunewald sind jetzt wieder Bildnisse bedeutender preußischer Persönlichkeiten ausgestellt

Der Grunewald ist seit jeher der Berliner liebstes Ausflugsziel. Nun ist er nach fast drei Jahren wieder um eine Attraktion reicher: Das Jagdschloß Grunewald ist nach umfassender Sanierung geöffnet und zeigt seine Sammlung mit Porträts bedeutender Persönlichkeiten der preußischen Geschichte.

Kurfürst Joachim II. (1505–1571) ließ 1542 das Jagdschloß „zum grünen Walde“ errichten. Nahezu vier Jahrhunderte wurde es nicht zuletzt auch als idyllisch gelegener Rückzugsort der Herrscherfamilie genutzt. Bauliche Veränderungen durch Friedrich I. 1705/06 und Wilhelm II. 1901 bis 1909 gaben ihm ein neues Gesicht. Bei der aktuellen Sanierung hat man sich auf unspektakuläre Reparaturen und unauffällige Optimierung der überlieferten Zustände beschränkt.

Während im Erdgeschoß in der Großen Hofstube und im ehemals königlichen Schlafzimmer eine Ausstellung über die Geschichte des Schlosses und seine museale Nutzung seit 1932 informiert, steht der Besucher im ersten Stockwerk jetzt bedeutenden Persönlichkeiten der preußischen Geschichte „von Angesicht zu Angesicht“ gegenüber.

Die Ausstellung spannt einen weiten Bogen – von den repräsentativen Herrscherporträts des Großen Kurfürsten und seiner Nachfolger über die Gelehrten- und Künstlerbildnisse der Berliner Aufklärung bis hin zu bürgerlichen Porträts aus dem 19. Jahrhundert. Bildnisse von Reitern und Jagdgesellschaften im Grunewald vom Biedermeier bis zur Kaiserzeit veranschaulichen die Tradition des Jagdschlosses.

Viele der Bilder stammen aus ehemals königlichem Besitz und wurden bereits in der 1932 eröffneten Gemäldegalerie des Jagdschlosses Grunewald ausgestellt. Die Porträts aus dem 18. und 19. Jahrhundert machten damals allerdings nur einen kleinen Teil aus, lag der Schwerpunkt doch auf der niederländischen Malerei. In den 1960er und 1970er Jahren konnte die kleine Galerie Berliner Porträtisten des 18. und 19. Jahrhunderts durch günstige Ankäufe dann erweitert werden. So entstand im Jagdschloß Grunewald eine Sammlung vor allem höfischer Auftragsporträts.

Den Auftakt bilden Porträts des Großen Kurfürsten (1620–1688) und seiner Familie, darunter die 1682 von dem Königsberger Meister des Barock Michael Willmann gemalte „Allegorie auf den Großen Kurfürsten als Beschützer der Künste“. Diese Darstellung sei weniger ein Porträt als eine programmatische Willenserklärung des Herrschers, betont Carola Aglaia Zimmermann, wissenschaftliche Volontärin in der Abteilung Schlösser und Sammlungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), in einem Beitrag über die Ausstellung im „MuseumsJournal“ 2/ 2009. „Hier thront der Kurfürst umgeben von Apoll, Minerva, Herkules und Fortuna. Die Fama über ihm verkündet den unsterblichen Ruf des Herrschers, der sich auf militärische Macht und Klugheit stützt. Gleichzeitig läßt er die herantretenden Künste Architektur, Malerei und Bildhauerei von Putti mit einem wahren Geldregen beschenken.“

Mehrere Bildnisse des Franzosen Antoine Pesne (1683–1757), der für drei Preußenkönige (Fried-rich I., Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II.) als Hofmaler wirkte, von Anna Dorothea Therbusch (1721–1782) und von Anton Graff zeigen die Vielfalt der ausgestellten Werke. Über Anton Graff (1736–1813) war in der „Allgemeinen Theorie der Schönen Künste“ von Johann Georg Sulzer 1771 zu lesen: „Ich habe mehr als einmal bemerkt, daß verschiedene Personen, die sich von unserem Graf haben  malen lassen, die scharfen und empfindungsvollen Blicke, die er auf sie wirft, kaum vertragen können, weil jeder bis in das Innere der Seele zu dringen scheint.“

Pferde gehörten zu den Lieblingsmotiven des Maler Carl Steffeck (1818–1890). Und so kam es ihm gelegen, daß Prinz Karl von Preußen (1801–1893), der jüngere Bruder Kaiser Wilhelms I., sich von ihm als „Roter Jäger“ zu Pferd porträtieren ließ. Die „Rote Jagd“ ist eine Parforcejagd, die von Karl wieder im Grunewald eingeführt worden war. Steffeck war Mitglied der Berliner, Königsberger und Wiener Akademien. Als Nachfolger Karl Rosenfelders wurde er 1880 nach Königsberg berufen, wo er als Direktor der Kunstakademie wirkte und lehrte. Im Land der Pferde fand er seine Motive. Allein über 20 Pferdeporträts des begeisterten Reiters und Pferdefreundes zierten einst das Schloß des Landstallmeisters von Trakehnen. Steffecks Pferdebilder haben einen zweifachen Wert, urteilen Fachleute. Zum einen seien sie ein selbständiges Kunstwerk gewesen, zum anderen aber hätten sie auch Bedeutung als ein wahrheitsgetreues Zeitdokument.

Während die Gemälde im Jagdschloß Grunewald bis zur Sanierung des Gebäudes in zwei Räumen des Obergeschosses dicht an dicht gehängt werden mußten, zeigt die Ausstellung „Von Angesicht zu Angesicht“ die Bilder nun großzügiger verteilt in den Räumen des ersten Obergeschosses. So kann der interessierte Betrachter sich jetzt der Kunst der Bildnismalerei eindringlicher nähern und mit dem Porträtierten – wenn auch stille – Zwiegespräche führen.     Silke Osman / spsg

Die Ausstellung „Von Angesicht zu Angesicht“ im Jagdschloß Grunewald ist bis zum 31. Oktober dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 4/3 Euro.


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