26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.06.09 / Der Maler ging seinen eigenen Weg / Eine Ausstellung würdigt das Spätwerk des Malers Karl Eulenstein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-09 vom 06. Juni 2009

Der Maler ging seinen eigenen Weg
Eine Ausstellung würdigt das Spätwerk des Malers Karl Eulenstein

Die volle, dunkle, leuchtende Farbigkeit fällt den meisten Besuchern auf Anhieb ins Auge. 40 Gemälde und Aquarelle des 1892 in Memel geborenen Malers Karl Eulenstein sind in einer großartigen Ausstellung im Kunstverein in Bad Rappenau, Galerie Steiner, zu sehen. Sie bilden einen Teil des künstlerischen Nachlasses, den der Maler bei seinem Tod 1981 der Familie von Racknitz auf Schloß Heinsheim hinterließ. Mit ihr war er lange Jahre verbunden gewesen.

Wie schon 1991/92, als eine große Ausstellung über das Schaffen Karl Eulensteins im Ostpreußischen Landesmuseum unterstützt wurde, so war auch jetzt das Engagement der Freifrau von Racknitz entscheidend für die neuerliche Präsentation seiner Kunst. Sie erfülle damit ein Vermächtnis, sagte sie zur Eröffnung der Ausstellung. Sensibel und mit großem Verständnis vom Galeristen Michael Steiner arrangiert, zeigen die Werke vollgültig das Lebenswerk des Malers.

Der ostpreußische Maler Karl Eulenstein ging einen eigenen, schweren Weg. Als sechstes von sieben Kindern eines Schlepperkapitäns in Memel geboren, als mittelmäßiger Schüler durchgekommen, mußte er zunächst in einem Kaufmannskontor sein Geld verdienen. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs verwirklichte Eulenstein seinen Traum und besuchte die Königsberger Kunstakademie. Hier waren vor allem Richard Pfeiffer und der Expressionist Arthur Degner seine Lehrer. Ab 1925 stürzte sich Eulenstein in das Wagnis, als freischaffender Künstler zu leben. Er ging 1926 nach Berlin, wo er fortan mit seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau Magdalena Stepath, genannt Lenka, bis zu seinem Tod 1981 blieb.

Sein malerisches Werk hatte zumeist Motive seiner memelländischen Heimat zum Thema. Bis 1944 besuchte er sie auch jährlich, wohnte vor allem in Nidden bei seinem Studienfreund, dem Maler Ernst Mollenhauer, im Blodeschen Gasthof. So gehörte er zum Kern der Künstlerkolonie Nidden.

Seit Anfang der 1930er Jahre hatte Eulenstein Erfolge in Ausstellungen, nicht nur in Ostpreußen, sondern bald in vielen Teilen Deutschlands. Seine dunkelfarbigen Bilder mit der intensiven Farbigkeit, der oft melancholisch wirkenden ostpreußischen Landschaft, den Szenen aus Memel, von Fischern des Kurischen Haffs erregten Aufmerksamkeit. So hieß es in einer zeitgenössischen Beschreibung: „Die atmosphärische Dichte, in kräftigen Atemzügen herausgeholt aus den mit Finsternissen gesättigten Nebellichtern der Nehrung umschließt wie ein Panzer die Mägde und Bauern, die Kühe, die Pferde, den Baum …“

Dem aufkommenden Kunstgeschmack im Dritten Reich entsprachen Eulensteins Werke wenig. 1937 wurden sogar einige seiner Arbeiten beschlagnahmt. Er konnte zwar weiterhin ausstellen, dennoch war es eine schwierige Zeit für ihn. Kurz vor Kriegsende verlor er in Berlin fast sein gesamtes Werk. Er verlor auch seine Heimat. Aber seitdem der Künstler nicht mehr nach Memel und auf die Kurische Nehrung fahren konnte, wurde ihr Bild in ihm immer mächtiger. So begann er ab 1946 allmählich noch einmal und schuf in 20 Jahren ein großes Lebenswerk.

Eulenstein gelang es, eine neue, eigenständige Bildsprache für „sein“ Memelland, für „sein“ Nidden, für die alten Motive zu finden. Dabei treten die Motive in ihren gegenständlichen Formen immer weiter zurück, bald beherrschen die Farben ganz das Bild. Kräftiges Blau, Rot, Gelb, manchmal auch fahles Grün oder Hellgrau faszinieren. Im Gesamteindruck bleibt aber stets etwas von der Dunkelheit und Schwere der Eulensteinschen Werke der Vorkriegszeit erhalten. Das Schwarz der einfacheren, dennoch kräftigen Umrisse erscheint zuweilen fast flächig dominant. Wohl erkennt man, daß der Maler zum Beispiel von Nolde und Rouault beeindruckt war, aber seine Arbeiten sind keiner Richtung passend zuzuordnen. So wird die Bezeichnung Expressionist beziehungsweise Spätexpressionist nur in einer eigenwilligen Weise, eben „eulensteinisch“ auf sein Werk anzuwenden sein. Wie nur wenige Künstler mit ihm hat Eulenstein mit seinem Schaffen nach 1945 fern von Nidden die Tradition dieser Künstlerkolonie fortgesetzt. Das ist im europäischen Vergleich etwas Außergewöhnliches und gehört zur besonderen Bedeutung Eulensteins, die gerade erst wieder richtig entdeckt wird.           Jörn Barfod

Die Ausstellung im Wasserschloß Bad Rappenau ist sonntags von 13 bis 18 Uhr noch bis zum 25. Juni zu sehen, oder nach Vereinbarung, Telefon (07264) 805809,

Foto: Karl Eulenstein: Leuchtturm in Memel (Tempera). Kräftige Farben beherrschen das Bild. Der Maler gehörte neben Ernst Mollenhauer zum Kern der Künstlerkolonie Nidden.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren