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13.06.09 / »Verläßlicher Wegweiser« führt in die Irre / Das Autorenduo Rausch und Böhm gibt keine Hilfe bei der Suche nach einem guten Leben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-09 vom 13. Juni 2009

»Verläßlicher Wegweiser« führt in die Irre
Das Autorenduo Rausch und Böhm gibt keine Hilfe bei der Suche nach einem guten Leben

Wir leben fraglos in einer „atemlosen“ Zeit, in der viele Menschen sich überfordert fühlen und fürchten, die Orientierung zu verlieren. Die wachsenden Anforderungen am Arbeitsplatz, eine unablässige Flut von Informationen, der Wertewandel – wie soll der einzelne den täglichen Herausforderungen begegnen, ohne dabei das Wesentliche aus dem Blickfeld zu verlieren? Manche lassen bestimmte Alternativen, so lange es geht, gar nicht erst an sich heran, weil sie ungeklärte Probleme lieber verdrängen. Andere suchen schon lange nach Antworten, doch ohne Erfolg, was möglicherweise der verwirrenden Vielfalt an Angeboten geschuldet ist, zum Beispiel auf dem Esoterik-Buchmarkt.

Der als geistlicher Lehrer und Buchautor bekannte Benedikti-nerpater Johannes Rausch, Prior des Benediktinerklosters Gut Aich in St. Gilgen, und sein Co-Autor, der freie Journalist Gert Böhm, möchten mit ihrem neuen gemeinsamen Buch „Die Wiederkehr des Heiligen – Unsere Sehnsucht nach einem guten Leben“ eine Anleitung zu einer sinnerfüllten, religiös geprägten Lebensführung geben. Sie sprechen an, was viele Menschen bewegt: Wie kann man heute ein gutes, ein spirituelles Leben führen? Wo ist Antwort auf die Frage nach Gott zu finden?

Ihr Ansatz ist ein ganzheitlicher. Zunächst beschreiben sie, wohin eine einseitige, rein auf die Befriedigung materieller Wünsche ausgerichtete Grundhaltung den einzelnen und die Gesellschaft insgesamt führt. Sie weisen auf Formen der Veräußerlichung des Lebens hin, auf Lebensmittel, die, ihrer wertvollen Inhaltsstoffe beraubt, diese Bezeichnung nicht mehr verdienen. Kein Wunder sei es, daß viele Menschen auf die Dauer auch durch falsche Eß- und Lebensgewohnheiten krank würden.

Manchmal ist es erst eine Krankheit, die den einzelnen zum Innehalten und Nachdenken zwingt. Vielleicht, so mutmaßen die Autoren, hängen sogar die in letzter Zeit signifikant gestiegenen Demenz-Erkrankungen mit dem Phänomen zusammen, daß sich immer mehr Menschen unbewußt einer andauernden Sinnkrise entziehen wollen.

Wie sehen nun die Antworten des Autorenduos aus? Wie kann der einzelne „Versöhnung und Veränderung“ erfahren, wie „Auswege aus der Beziehungslosigkeit“ finden und in die „Beziehung zum Heiligen treten“?

Es helfe, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, auch Fasten, Meditation, Rituale und das regelmäßige Aufsuchen eines heiligen Ortes würden zum Wohlergehen führen. Gott zu loben und zu danken, sei wichtig und wesentlich. Wer nicht an Gott glaubt, könne durch bewußt erlebte Freude am Leben und an der Schöpfung das Heilige entdecken. An „spirituellen Persönlichkeiten“ und „geistlichen Instanzen“, die als Vorbilder geeignet sind, nennen sie den Dalai Lama, Nelson Mandela, Mutter Teresa, den Papst und den amerikanischen Politiker Al Gore (!). Der allgemein formulierte Untertitel ließ bereits ahnen, daß es sich bei dem Buch nicht um einen ausgesprochen christlich ausgerichteten Wegweiser handelt. In der Tat werden nur an wenigen Stellen Worte Jesu Christi eingefügt, so etwa im psychologisierenden Zusam-menhang: „Habt keine Angst.“ Stattdessen wird auf alle „Weisheitslehren – ob im Buddhismus oder bei den Juden, ob im Islam, in schamanistischen Traditionen oder im Christentum“ zugleich hingewiesen, da alle diese Lehren „die Menschen zu einer maßvollen, klugen Lebensgestaltung anleiten wollen“, so heißt es. Diese Aussagen dürften nicht nur christliche Leser nachdenklich stimmen. Wird so am Ende nicht noch mehr Verwirrung gestiftet, indem im Einzelfall Unsicherheit hinsichtlich der spirituellen Orientierung geweckt oder bestärkt werden könnte? Menschen möchten sich gern für eine bestimmte Religion, eine bestimmte Lehre entscheiden, und nicht wenige begründen ihre Distanz zu Kirche und Christentum bekanntlich mit dem Hinweis auf die für sie ungeklärt gebliebene Frage, „welcher Gott denn nun der wahre Gott sei“. Ihnen wird mit solch einem Buch sicherlich nicht geholfen. Trotz des positiven Ansatzes mit einer Fülle gut gemeinter Hinweise aufgrund gelebter Erkenntnis muß daher bezweifelt werden, ob dieser Ratgeber, dieses „Buch der kleinen Schritte“, wirklich ein „verläßlicher Wegweiser“ für viele ist, wie der Begleittext versichert. Dagmar Jestrzemski

Johannes Pausch, Gert Böhm: „Die Wiederkehr des Heiligen – Unsere Sehnsucht nach einem guten Leben“, Kösel Verlag, München 2009, broschiert, 240 Seiten, 16,95 Euro


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