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20.06.09 / Mit dem Baby aus der Krise / Neues aus der Rappelkiste der Familienpolitik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-09 vom 20. Juni 2009

Mit dem Baby aus der Krise
Neues aus der Rappelkiste der Familienpolitik

Familie ist Rappelkiste, immer voller Überraschungen. Sinnvolles liegt neben Unsinnigem, Nützliches neben Krempel. Das Durcheinander färbt offenbar auch auf die Familienpolitik ab. Wer die gegenwärtig aktuellen Beiträge zu diesem Thema überprüft, der entdeckt neben Nützlichem ziemlich viel Rappelkiste.

In der Krise befindet sich die Familie bereits seit Jahren, dazu mußte nicht erst die allgegenwärtige Finanzkrise kommen. Doch jetzt kommt die Finanzkrise zur Familienkrise hinzu. Weil sie Angst um ihren Arbeitsplatz haben, verzichten viele Väter und auch Mütter darauf, ihren Teil der Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Sie trauen sich nicht, für eine begrenzte Weile aus dem Job auszusteigen. Diesem Dilemma will das Bundesfamilienministerium beikommen. Vorgesehen ist eine Arbeitsteilung zwischen Elternschaft und Job. Das bedeutet: Mutter oder Vater sollen nicht mehr für einen festgelegten Zeitraum die Betreuung des Kindes vollkommen aus dem Job aussteigen, sondern die Zeit zwischen Kind und Job aufteilen. Bleiben die Eltern in Teilzeit weiter an ihrem Arbeitsplatz, wird das Elterngeld statt 14 Monate dann 28 Monate gezahlt. Eltern, die bisher mit Teilzeit versuchen, den Spagat zwischen Kind und Job zu bewältigen, müssen erhebliche finanzielle Verluste in Kauf nehmen: Sie erhalten lediglich ein Teilzeit-Elterngeld für den Zeitraum von 14 Monaten. Künftig soll nach den Plänen von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) das Teilzeitgeld 28 Monate lang gezahlt werden. Damit wird es beiden Elternteilen möglich sein, weiterhin im Beruf zu arbeiten und das Kind zu betreuen.

Ausdrücklich bezeichnete Ursula von der Leyen das geplante Teilzeit-Elterngeld als Reaktion auf die Krise, in der es notwendig sei, sich „auf das Wesentliche (zu) konzentrieren: Armut verhindern“. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten sei es von Vorteil, wenn Familien sich nicht nur auf ein Einkommen verließen. In jeder fünften Familie sei mittlerweile die Frau die Hauptverdienerin.

Während die Ministerin die drohende Jobkrise durch Streckung der Finanzmittel von der Familie fernhalten möchte, hat der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Ulrich Blum, dazu einen vollkommen anderen Vorschlag: Wenn es mit der Produktion schon hapert, sollen die Leute wenigstens Babys produzieren. Deshalb möchte er junge Paare ermuntern, fleißiger Kinder in die Welt zu setzen.

Im kommenden Jahr, so schätzen Experten, kann die Zahl der Arbeitslosen auf über fünf Millionen steigen. Angesichts dieser Zahl fragt der Ökonom: „Warum nutzen wir dies nicht familienpolitisch, indem sich junge Paare jetzt den Kinderwunsch erfüllen?“

Blum ist sich bewußt, daß wirtschaftliche Unsicherheit eher gegen den Wunsch nach einem Baby spricht. Er empfiehlt daher, werdenden Eltern mehr staatliche Hilfe zukommen zu lassen. Zudem müsse der Kündigungsschutz für denjenigen Elternteil verbessert werden, der weiterhin einen Arbeitsplatz habe. Bei Jobverlust oder freiwilliger Aufgabe des Jobs sollte es einen besseren Kündigungsschutz für den anderen berufstätigen Partner geben. Diese zusätzliche Sicherheit könnte den Partner „zur Babypause in der Krise“ motivieren.

Nun ist Krisenzeit immer Familienzeit. Wenn es draußen blitzt und donnert, rückt man enger zusammen, entdeckt man die Familie als konstante Größe. Da weiß man, was man hat. Jedenfalls so ungefähr. Ganz eindeutig ist das schon lange nicht mehr. Denn während sich der überwiegende Teil der Gesellschaft Sorgen um Nachwuchs und Arbeitsplatz macht, driften vom Rand ganz andere Themen mit Nachdruck auf die Mitte zu. Bereits vor einer Weile hatte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) angekündigt, sie wolle Möglichkeiten für ein gemeinsames Adoptionsrecht von homosexuellen Paaren neu ausloten lassen. Jetzt sprang ihr Katrin Göring-Eckhardt (Grüne), gerade gewählter Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Bundestagsvizepräsidentin, zur Seite. Ein volles Adoptionsrecht für Schwule und Lesben diene den Kindern, schrieb sie in der „taz“, denn auch diese bräuchten „die Rechtssicherheit im Unterhalts- und Erbrecht, die ihnen bisher verwehrt ist“.

Mit einer vom Justizministerium in Auftrag gegebenen Studie soll nun festgestellt werden, ob es für eine Änderung des Adoptionsrechts einen „gesellschaftlichen Konsens“ gibt. Klaus J. Groth


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