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20.06.09 / Luxus statt Liebe / Ein Sohn erkennt die Schwächen seiner Eltern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-09 vom 20. Juni 2009

Luxus statt Liebe
Ein Sohn erkennt die Schwächen seiner Eltern

Sean Wilsey wuchs als Sohn einer reichen Familie auf. Beim Titel seiner Autobiographie „Mein wunderbares Leben“ würde man dementsprechend zunächst eine Jugend geprägt von Luxus, Partys und spektakulären Urlauben vermuten. Doch überrascht Wilsey den Leser mit einem Rückblick ganz anderer Art.

Weder vom Vater, einem erfolgreichen Geschäftsmann aus San Francisco, noch von seiner wunderschönen, aber egomanen Mutter oder seiner verschlagenen Stiefmutter Dede wirklich geliebt, verbrachte Sean Wilsey seine Jugend in verschiedenen mehr oder minder schrecklichen Internaten und Privatschulen.

Von seinen Eltern als unerziehbarer Härtefall abgestempelt, da sie zu blind und egoistisch waren, um zu sehen, daß ihr Sohn lediglich um Liebe und Zuwendung kämpfte, wurde Wilsey von einer Schule zur nächsten geschoben.

„Dad hatte das Interesse an mir verloren und jegliche Hoffnung aufgegeben, das spürte ich. Als der Ausbildungsberater Woodhall empfahl, meldete Dad mich hastig dort an, damit ich möglichst schnell wieder 5000 Kilometer von ihm entfernt war und nicht etwa zu Hause wohnen mußte. Er hatte es ja nun geschafft, mich aufs Internat zu befördern. Da ich aber in St. Marks rausgeworfen wurde, hatte ich dieses perfekte Arrangement – daß ich nicht mehr Teil seines Lebens war … – wieder zerstört. Mom war zu sehr mit ihrer Friedensmission beschäftigt, um einzuschreiten. Deshalb flog Dad mich nach Bethlehem zum Vorstellungsgespräch …“

Enttäuscht über das Verhalten, jedoch frei von Verbitterung deutet Wilsey einerseits das sorgenfreie, glückliche Leben an, das er hätte führen können, wenn seine Eltern ihn geliebt hätten, und beschreibt andererseits das rebellische, trotzige, oftmals verzweifelte Leben, welches er als Teenager zu führen sich gezwungen sah.

Hierbei erhält der Leser einen interessanten, wenn auch eher negativ geprägten Einblick in das blasierte Verhalten verzogener, reicher Privatschüler mit denen Wilsey, nebenbei gesagt, eher wenig anzufangen wußte.

Doch wie so oft im Leben kommt mit dem Älterwerden der Blick fürs große Ganze. Mit den Jahren begannen die wirren Puzzleteilchen für Wilsey ein Bild zu ergeben, und das Wissen, daß auch seine Eltern in gewissen Dingen schwach waren und nicht aus ihrer Haut konnten, erklärte vieles und kühlte seinen jugendlichen Zorn ab. Begreifen und Vergebung waren die Folge.

Und so steckt in dem Titel „Mein wunderbares Leben“ sicherlich schon eine deftige Prise Sarkasmus, was Wilseys Vergangenheit betrifft, doch wenn man das Nachwort liest, auch eine Menge Wahres, sofern man den Titel auf sein heutiges Leben als Erwachsener, Ehemann und Vater bezieht.

„Mein wunderbares Leben“ ist somit nicht nur aufgrund der Jugend und der Verhältnisse, in denen Sean Wilsey aufgewachsen ist, interessant, sondern auch aufgrund der Entwicklung des Autors als Person. A. Ney

Sean Wilsey: „Mein wunderbares Leben“, Goldmann Verlag, München 2008, geb., 445 Seiten, 19,95 Euro


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