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20.06.09 / Senat subventioniert Lohndrücker / Rot-Rot lockt mit Steuergeldern Callcenter an, ohne auf Mindestlöhne zu achten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-09 vom 20. Juni 2009

Senat subventioniert Lohndrücker
Rot-Rot lockt mit Steuergeldern Callcenter an, ohne auf Mindestlöhne zu achten

Rot-Rot in Erklärungsnot: Ausgerechnet der Berliner Senat unterstützt Firmen bei der Rekrutierung von Geringstverdienern, während SPD und Linke bundesweit für einen gesetzlichen Mindestlohn eintreten.

An der hohen Arbeitslosigkeit in Berlin hat die rot-rote Landesregierung nicht viel ändern können. Dabei sind gerade im Niedriglohnbereich – zuweilen ist auch von Lohndumping die Rede – in der Stadt in den letzten Jahren viele Arbeitsplätze entstanden. Während gut bezahlte Jobs – zum Beispiel im Bankgewerbe – abgebaut wurden, haben sich „Callcenter“ in beeindruckender Zahl niedergelassen. Rund 190 solcher Telefonzentralen beschäftigen rund 7000 sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter.

Die Bezahlung ist sehr dürftig – teilweise sogar so niedrig, daß die Menschen nicht davon leben können. Die durchschnittliche Vergütung beträgt nach Gewerkschaftsangaben im „Quelle Communication Center“ nur 6,04 Euro in der Stunde. Bei einer Arbeitszeit von 30 bis 35 Stunden pro Woche ergibt das einen Bruttolohn von etwa 750 bis 850 Euro im Monat.

Der Arbeitgeber spart die Differenz zu einem angemessenen Lohn und schickt statt dessen seine Arbeitnehmer zum Sozialamt, denn mit diesem Salär können nicht einmal die schäbigste Einzimmerwohnung bezahlt und der Kühlschrank gefüllt werden. Derartige Verhältnisse prangert die Linkspartei des Oskar Lafontaine regelmäßig an und fordert einen Mindestlohn von zehn Euro in der Stunde. In Berlin regiert die Partei zusammen mit der SPD. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wird nicht müde, bundesweit einen Mindestlohn von 7,50 Euro zu fordern.

Für Erregung in der Hauptstadt sorgte nun die Enthüllung, daß ausgerechnet Wowereits Senat Unternehmen auch noch beim Rekrutieren von Billiglöhnern aktiv unterstützt. Verpflichtet sich ein Callcenter-Betreiber, sich neu und dauerhaft in Berlin zu etablieren und mindestens fünf Arbeitsplätze zu schaffen, dann übernimmt der Senat die Suche nach geeigneten Bewerbern auf Kosten des Steuerzahlers. Man hat darauf verzichtet, soziale Mindestkriterien für die Staatshilfe zu fordern. „Wir empfehlen den Unternehmen, mindestens 6,50 Euro brutto pro Stunde zu zahlen“, sagt Burkhard Volbracht, der bei der senatseigenen Wirtschaftsförderungsgesellschaft „Berlin Partner“ arbeitet und dort interessierten Callcenter-Unternehmen den Service schmackhaft macht. Der Stundenlohn von 6,50 Euro sei allerdings nur „eine Einschätzung, aber keine Vorschrift“.

Die Gewerkschaft Ver.di beklagt seit langem die Zustände in diesem Wirtschaftszweig. Laut einer Ver.di-Erhebung liegen die Grundlöhne in der Telefonzentralen-Branche zwischen fünf und sieben Euro, wobei die Entgelte im Osten der Republik, etwa in Frankfurt an der Oder oder Berlin, besonders niedrig seien, und das bei Arbeitsbedingungen, die vielfach als unerträglich beschrieben werden. Folge: Telefonisten in Callcentern sind überdurchschnittlich oft krank. Aber selbst die sechs Euro in der Stunde beim „Quelle Communication Center“ in Berlin sind nicht der Tiefpunkt. Ein Betroffener berichtet in einem Leserbrief: „Ich habe bis vor kurzem für ein Callcenter gearbeitet, und als Student einen Lohn von 5,50 Euro verdient. Ich weiß, daß Neulinge, die dort anfangen und keine Studenten sind, 5,15 Euro verdienen.“ Haustarifverträge der „Christlichen Gewerkschaften“ unterbieten einen solchen Tarif zuweilen auch noch.

Die Probleme sind nicht auf Berlin beschränkt. Bund und Länder fördern mit Millionen Steuergeldern Betriebe, die Dumpinglöhne an ihre Beschäftigten zahlen. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linkspartei hervor. Zwischen 2004 und 2007 flossen rund 100 Millionen Euro allein an die Callcenter-Branche. Dumpinglöhne, miese Arbeitsbedingungen und Staatssubventionen erhöhen die Gewinnspannen der Betreiber. Einerseits fordern SPD, Grüne, Linkspartei aber auch Teile der CDU die Einführung eines Mindestlohns (in welcher Höhe auch immer). Andererseits beklagen Kritiker politische Heuchelei, wenn nun ausgerechnet die eine Landesregierung mit Beteiligung der in dieser Frage stets besonders laut auftretenden Linkspartei die Rekrutierung von Mitarbeitern im Dumpinglohnsektor auch noch subventioniert. Solche Vorgehensweise stellt für die Postkommunisten ein Glaubwürdigkeitsproblem dar und mag eine Grund für die rückläufigen Wahl- und Umfrageergebnisse sein.                        Hans Lody

Foto: Sie wurden für viele zum Inbegriff ausbeuterischer Niedriglöhne: Callcenter im Hochbetrieb


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