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27.06.09 / DDR-Vergangenheit holt Tillich ein / Eine Hausenteignung im Dezember 1989 bringt Sachsens Ministerpräsident in Bedrängnis

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-09 vom 27. Juni 2009

DDR-Vergangenheit holt Tillich ein
Eine Hausenteignung im Dezember 1989 bringt Sachsens Ministerpräsident in Bedrängnis

Sachsens CDU will der Verklärung der DDR-Vergangenheit entgegentreten. Anläßlich des 17. Juni erklärte der Chef der sächsischen CDU-Landtagsfraktion Steffen Flath: „Wir müssen uns noch intensiver darum bemühen, den Unterricht in den Schulen für die Vermittlung der DDR-Geschichte zu nutzen.“

In den Köpfen der Jugend dürfe sich nicht das Bild eines sozial verklärten und politisch verharmlosten DDR-Staates festsetzen. Die Erinnerung an das Unrecht der SED und an deren Opfer müsse lebendig gehalten werden, sagte er.

Nur drei Tage später schlugen sächsische CDU-Politiker die Hände über dem Kopf zusammen. Es sind neue Fakten über die DDR-Vergangenheit von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) aufgetaucht. Einem Bericht der „Welt online“ zufolge hat Tillich als Angehöriger der SED-hörigen Verwaltung des Kreises Kamenz noch im Dezember 1989 an kommunistischen Willkürakten mitgewirkt. Es geht um ein enteignetes „schmuckes Einfamilienhaus“ in Kamenz. Die Eigentümerfamilie war 1947 nach Süddeutschland geflohen, aber das Haus gehörte ihr noch. Es wurde als Kindergarten genutzt. Die SED hat in den letzten Wochen ihrer Herrschaft solche Objekte auch noch nach dem Fall der Mauer schnell „in Volkseigentum überführt“, also förmlich enteignet. So auch in Kamenz, wo Stanislaw Tillich als Mitglied und Funktionär der Blockpartei CDU der Kommunalverwaltung angehörte.

Tillich war damals 30 Jahre alt. Nach der getürkten DDR-Kommunalwahl vom Mai 1989 hatte er den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden des Rates des Kreises zugeschanzt bekommen. Insofern geschahen die Enteignungen – es gibt noch einen weiteren Fall – in seinem Verantwortungsbereich. Beweise für eine direkte Verstrickung Tillichs in den Vorgang gibt es allerdings nicht.

Oder vielleicht: nicht mehr. Denn die „Welt“ berichtet, daß die Akten im Kreisarchiv leider nicht mehr vollständig seien. Wichtige Seiten, die Auskunft über die damaligen Vorgänge geben könnten, fehlten. Vor der Recherche der Zeitung sei ein Mitarbeiter der Staatskanzlei im Archiv des Landkreises gewesen, heißt es. Die Staatskanzlei sei überdies sofort über die Nachforschungen des Blattes informiert worden. Sollte etwas vertuscht werden? Oder wollte nur ein übereifriger Beamter seinen Dienstherrn schützen und hat ihn damit erst recht in ein schiefes Licht gerückt?

Tillich entstammt einem SED-Elternhaus, der Vater war Parteifunktionär. Seinen Wehrdienst leistete der heutige sächsische Landesvater bei den DDR-Grenztruppen ab. Seine spätere Rechtfertigung, er sei der Block-CDU nur beigetreten, um vor der SED „seine Ruhe zu haben“, halten Kritiker für wenig glaubwürdig, da er ja Karriere als Lokalpolitiker gemacht habe – und das ging nur im Einvernehmen mit der allmächtigen SED.

All dies jeweils für sich genommen hätte kaum für Aufsehen gesorgt. Doch nach der jüngsten Enthüllung erscheint Tillichs Lebensgeschichte vielen in einem anderen Licht. In der CDU grassiert die Sorge, Tillich könnte über die mangelnde Aufarbeitung seiner Vergangenheit stolpern. Die „Welt“ berichtet, daß schon einmal seine Biographie auf der Internetseite des Ministerpräsidenten geändert werden mußte. Außerdem falle es der Partei nun schwerer, die Linke wegen deren SED-Vergangenheit anzugreifen. Am 30. August ist Landtagswahl, und die CDU befindet sich nach dem Skandal um die Landesbank sowieso in einer schwierigen Lage. Bei der Europawahl holte die sächsische CDU nur noch 35 Prozent. Früher regierte die Partei unter Kurt Biedenkopf mit absoluter Mehrheit. Markus Schleusener


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