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27.06.09 / Das Vermächtnis / Die Störtebeker-Festspiele auf Rügen ziehen Jahr für Jahr Zuschauer in ihren Bann

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-09 vom 27. Juni 2009

Das Vermächtnis
Die Störtebeker-Festspiele auf Rügen ziehen Jahr für Jahr Zuschauer in ihren Bann

Sie gelten als Deutschlands erfolgreichste Freilicht­inszenierung, die Störtebeker Festspiele auf der Insel Rügen, und sie können das auch mit der gerade über die Ralswieker Naturbühne gegangenen 1000ste Vorstellung belegen. Und mit mehr als über 4,4 Millionen Besuchern, die in 17 Jahren an den Großen Jasmunder Bodden kamen, um ein grandioses Spektakulum über den legendären Freibeuter der nordischen Meere zu erleben. Klaus Störtebeker und seine Vitalienbrüder sind immer für eine Reise auf die schöne Insel gut, das großartige Naturpanorama tut ein übriges, und so ist es kein Wunder, daß in diesem Jahr bereits die Vorreservierung mit einem Rekordergebnis aufwarten konnte: sie erbrachte gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von fast 25 Prozent. Sie liegen also trotz der Weltwirtschaftskrise gut im Wind, die Vitalienbrüder, die diesmal weit gen Westen segeln bis an die normannische Küste, wo sie dem Gold der Templer nachjagen. „Das Vermächtnis“, wie die diesjährige Inszenierung betitelt ist, ist der erste Teil der Trilogie „Störtebekers Gold“, die auch in den nächsten beiden Festspielsommern mit einer spektakulären Schatzsuche Akteure und Zuschauer auf dieser einzigartigen Naturbühne in Atem halten wird.

Die Gier nach Gold und Geld ist ja ein hochaktuelles Thema, aber es war nicht das allein. was die Ralswieker Festspielplaner bewog, die Templer in das Spiel zu bringen. Die Historienspielfläche „Ostsee“ war nach drei Festspielzyklen ausgereizt, die Piraten um Klaus Störtebeker hatten ihre Schuldigkeit getan, der Krieg zwischen Dänemark und Meck­lenburg war 1395 beendet. Die Freibeuter, nun ohne Häfen, von der Hanse verfolgt und vogelfrei, zersplitterten sich in mehrere Gruppen und wichen auch in Richtung Nordsee und Atlantik aus. Tatsächlich sind Spuren der Vitalienbrüder in Calais historisch nachgewiesen. Warum sollte Störtebeker nicht diese Gruppe angeführt haben? Auf der Suche nach einem plausiblen Grund stieß man auf eine die Geschichte der Templer, von ihren Kreuzzügen im Heiligen Land über ihre Macht als Kapitalgeber für Fürsten und Päpste, bis zu dem qualvollen Tod der Templer im Namen der Inquisition. Unendlich viele Mythen und Legenden ranken sich vor allem um den unermeßlichen Schatz der Templer. Besonders eine schien den Ralswiekern für ihre maritime Bühne geeignet: Die aus 18 mit Gold und Edelsteinen beladenen Schiffen bestehende Schatzflotte der Templer, die zu jener Zeit den französischen Hafen La Rochelle verließ, um – wohin? – zu segeln. Nach Schottland, Portugal oder gar Amerika? Auf Oakland Island vor der kanadischen Küste wird noch heute nach dem Schatz gesucht. Übrigens wird er auch auf Hamburger Gebiet vermutet, in den Harburger Bergen, dem Geestrücken am westlichen Elbufer. Schließlich hatte Störtebeker, bevor er 1401 auf dem Hamburger Grasbrook geköpft wurde, den Ratsherren für seine Freilassung eine armdicke Goldkette, die das Rathaus umschlingen könnte, angeboten. Wenngleich auch das damalige Rathaus am Dornbusch gegenüber dem heutigen Prachtbau mit seiner 112 Meter langen Front wie eine Kate ausgesehen hätte, so war das doch schon eine Menge Gold, die nur aus einem Riesenschatz stammen konnte. Warum nicht aus dem der Templer?

Also auf zur Schatzsuche, so beschloß man in Ralswiek, und verknüpfte die Störtebeker-und Templer-Legende miteinander. Natürlich ist das eine Fiktion, aber – und das ist das entscheidende – es wäre historisch möglich gewesen.

So begründet der Autor Holger Mahlich die Wahl für diesen Stoff, der sich spektakulär auf die Bühne bringen läßt, mit Hauen und Stechen, Brand und Mord – und natürlich auch mit einer Liebesgeschichte.. Die ist man schon einem Mannskerl wie Störtebeker schuldig. Diesmal hat es ihm die schöne Johanna, Tochter des Herzogs von Gloucester, angetan. Denn Störtebeker und Goedeke Michels sind in der Normandie mitten in den Krieg zwischen England und Frankreich, den man später den Hundertjährigen nennen wird, geraten. Sie wollten zusammen mit dem Mecklenburger Ritter Gero von Ebersbach, einem Hüter des Templerschatzes, nach Calais segeln, aber leider erliegt der edle Mann den Massakrierungen seines Verfolgers Guy de Rigault, genannt „das Schwert des Königs“, weil er im Namen der Krone von Frankreich den Schatz finden soll. Der Ritter gibt ihm vor dem Todesstoß einen Teil seines Geheimnisses preis, aber weit mehr erfahren Störtebeker und Goedeke Michels von dem Sterbenden. Was ihnen in diesem ersten Teil der Trilogie „Störtebekers Gold“ noch zu keinem Erfolg verhilft, denn den Freibeutern gelingt es zwar, die Schatzkammer zu finden und ihren komplizierten Code zu knacken, aber nachdem unter spektakulärem Getöse Felsen versunken sind und die Schatzkammer geöffnet ist, gähnt hier nur Leere. Der Schatz soll längst auf dem Wege nach Granada sein. Die Suche geht also weiter, aber erst im nächsten Spiel. Und da dann vermutlich eine neue Liebe auf Störtebeker wartet, trennen sich auch die Wege von Störtebeker und der schönen Johanna, die den Tod ihres Vaters rächen will, den sein eigener Neffe, König Richard II, ermorden ließ..

Soweit die Handlung der diesjährigen Aufführung „Das Vermächtnis“, in der altbekannte und altbewährte Darsteller wie Sascha Gluth als Störtebeker und Dietmar Lahaine nun als etwas reiferer Goedeke Michels zu sehen sind. Auch Robert Glatzeder, der vom Priester zum Piraten mutierte, ist wieder dabei wie Ben Hecker, der diesmal den Erzbischof von Canterbury spielt. Neu auf der Ralswieker Bühne ist die junge Sarah-Jane Janson als ebenso schöne wie energische Johanna. Eine bei den Stammbesuchern beliebte Darstellerin fehlt allerdings: Ingrid van Bergen hat wegen anderweitiger Verpflichtungen absagen müssen. Übrigens schon vor dem Dschungelcamp. Insgesamt agieren 150 Mitwirkende vor einer traumhaft schönen Naturkulisse, die allabendlich durch ein Feuerwerk erhellt wird.   Günther Falbe

Gespielt wird bis zum 5. September 2009, Montag bis Sonnabend, 20 Uhr. (Störtebeker Festspiele, Am Bodden 100, 18528 Ralswiek, Telefon (03838) 31100, Fax (03838) 313192, Internet: www.stoerte­beker.de und E-Mail: info@stoerte­beker.de

Foto: In farbenprächtigen Kostümen und mit viel Spielfreude agieren die Darsteller der Freilicht-Festspiele.


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