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04.07.09 / Den Umständen entsprechend ehrlich / Die Unionsparteien haben ein Programm für die Bundestagswahl – Steuerstreit mühsam abgewürgt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-09 vom 04. Juli 2009

Den Umständen entsprechend ehrlich
Die Unionsparteien haben ein Programm für die Bundestagswahl – Steuerstreit mühsam abgewürgt

Mit Müh’ und Not ist es CDU und CSU gelungen, ihren Steuerstreit unter Kontrolle zu bekommen und ein „Regierungsprogramm“ genanntes, gemeinsames Wahlprogramm zu beschließen. Die CDU-Vorsitzende Merkel hat eine wichtige Lehre aus den Jahren 2002 und 2005 gezogen: Die meisten Bürger wollen über die tatsächliche Lage des Landes eingelullt werden. So geschieht es nun.

Schon im Jahre 2002 verpaßte Edmund Stoiber mit einem ungemein ehrlichen Wahlkampf, in dem er harte Sanierungsschritte ankündigte, um Haaresbreite den Wahlsieg. Drei Jahre später wäre Angela Merkel fast dasselbe widerfahren: Sie wollte „sagen, was man tun will, und tun, was man sagt“, der „Kreislauf von Versprechungen, Erwartungen und Enttäuschungen“ sollte durchbrochen werden − das hatte Charakter, hätte aber einmal mehr fast den Wahlsieg gekostet. Am Ende war eine schwerfällige Große Koalition mit knappster Mehrheit für die Unionsparteien der Preis, den beispielsweise die offene Ankündigung einer Mehrwert-steuererhöhung gekostet hatte.

Wie Wahlkämpfe in der Demokratie funktionieren, hatte die SPD vorgemacht: Sie lehnte bis zur Wahl jede Mehrwertsteuererhöhung „strikt ab“, am Ende ergab der „Kompromiß“ aus den „null Prozent“ der SPD und den zwei Prozent der CDU eine Erhöhung des Satzes um drei Prozent.

Wahlforscher haben längst Theorien entwickelt, was Wahlversprechen eigentlich bezwecken und wie sie vom Volk verstanden werden. Im Kern läuft es darauf hinaus, daß die Bürger ohnehin nur die Hälfte glaube, und folglich die Politiker − ohne wirklich zu lügen − zumindest ordentlich übertreiben müssen, um am Ende just die Botschaften in die Köpfe zu bekommen, die gemeint sind. Die Schwierigkeit besteht dabei darin, daß unterschiedliche Wählergruppen in sehr unterschiedlichem Maße angelogen werden wollen: PDS und SPD können ihre Klientel ganz andere Dinge vorsetzen als die bürgerlichen Parteien.

Doch auch für diese gilt: Fällt die Schönfärberei zu gering aus, dann fürchten sich die Bürger vor Sanierungsschritten, die in dieser Härte gar nicht geplant waren. Dieses Problem der Jahre 2002 und 2005 wollten CDU und CSU im laufenden Wahljahr unbedingt vermeiden, und nur ein Schuft würde dabei an die lateinische Weisheit „mundus vult decipi“ erinnern, daß die Welt zu betrügen sei, weil sie eben betrogen werden wolle.

Beim Streit in der Union um Steuererhöhungen und -senkungen, mit oder ohne Datum, ging es folglich gleichsam um die „Brutto-Wahrheit“, also um die Frage, wie dick aufgetragen werden soll und muß, um nach Abzug des Wahlkampf-Zuschlags realistisch zu sein.

Nun verspricht die Union ohne Nennung von Terminen eine „moderate Steuersenkung“ mit geringen Tarifabsenkungen und höheren Freibeträgen. Zwar findet sich der Satz „Steuererhebungen lehnen CDU und CSU ab“, aber das ist eben entschieden weniger als die Ansage, daß es solche Erhöhungen mit der Union unter keinen Umständen geben werde.

Das Programm ist auch insofern ehrlich, als eindeutige Formulierungen wie „wir werden“ vermieden werden. Stattdessen ist oft von „soll“, „wir wollen“ und „wir streben an“ die Rede. Der Bürger kann und darf verstehen: Diese Ziele gelten als wünschenswert in dem Rahmen, den Kassenlage, Konjunktur und Koalitionsverhältnisse nach der Wahl belassen. Daß dieser Rahmen mehr als eng ausfallen dürfte, pfeiffen in Berlin die Spatzen von den Dächern.

Das Programm der beiden Regierungsparteien wartet sonst nicht mit großen Überraschungen auf, eher verblüffte das gewählte Vorgehen: Anders als die SPD (und in früheren Jahren auch sie selbst) hat die CDU nun auf die Durchführung eines eigenen Wahlparteitags verzichtet, stattdessen beschloß eine Vorstandssitzung beider Parteien am Sonntag hinter verschlossenen Türen das 63seitige Programm, das dann am Montag auf einem „Kongreß“ mit 700 Delegierten präsentiert wurde. Eher handelte es sich dabei um eine große Talkshow, moderiert übrigens von Ernst Elitz, einem Journalisten mit SPD-Parteibuch.

Auch im Herbst soll kein regulärer CDU-Parteitag stattfinden, wie es sonst nach Bundestagswahlen üblich war. Diese ungewöhnliche Entscheidung unterstreicht die dominierende Rolle Angela Merkels in der gesamten Union, ein Parteitag kurz nach Wahlen gilt für die Führung als unbequem. Ohnehin treten die Unionsparteien im Herbst gleichsam mit „Merkel“ als wichtigstem Programmpunkt an. Konrad Badenheuer


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