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04.07.09 / »Zeitpunkt ist umstritten« / de Zayas: Innerstaatliche Praxis hat völkerrechtliche Bedeutung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-09 vom 04. Juli 2009

»Zeitpunkt ist umstritten«
de Zayas: Innerstaatliche Praxis hat völkerrechtliche Bedeutung

Kaum ein Wissenschaftler hat sich so intensiv mit der Potsdamer Konferenz befaßt wie der US-amerikanische Historiker und Völkerrechtler Alfred M. de Zayas. Mit ihm sprach Konrad Badenheuer.

PAZ: Was bedeutet es, wenn Berlin die Oder-Neiße-Grenze rückwirkend zum 2. August 1945 anerkennen würde?

de Zayas: Das wäre absurd − völkerrechtlich, historisch und politisch-moralisch. Darüber hinaus widerspricht es der ständigen völkerrechtlichen Position aller bisherigen deutschen Regierungen sowie der klaren Haltung der US-Außenminister nach 1945.

PAZ: Noch 1992 hat das Bundesverfassungsgericht zum Grenzvertrag mit Polen von 1990 festgestellt, dieser Vertrag verfüge nicht rückwirkend über die territoriale Souveränität. Nimmt die Bundesrepublik Kurs auf einen Verfassungskonflikt?

de Zayas: Für mich stellt sich in der Tat die Frage, ob die Deutschen ihre eigene Verfassung und ihr Verfassungsgericht noch ernst nehmen. Mir ist jedenfalls kein demokratisches Land bekannt, das so mit seiner eigenen Verfassung und mit völkerrechtlich bestens begründeten, über Jahrzehnte gegen große Widerstände gewahrten eigenen Rechtspositionen umgehen würde.

PAZ: Das Innenministerium behauptet, die Empfehlung an die Innenministerien der Länder habe keinerlei völkerrechtliche Relevanz. Trifft das zu?

de Zayas: Natürlich hat es völkerrechtliche Relevanz und auch Konsequenzen. Noch gibt es zwischen Berlin und Warschau keinen Konsens über den Zeitpunkt des Übergangs der territorialen Souveränität über die Oder-Neiße-Gebiete. Warschau strebt einen möglichst frühen Termin an. In diesem Konflikt signalisiert Berlin konkludente Zustimmung zu einer ursprünglich nur von stalinistischen Juristen vertretenen Position, wenn es nun Zehntausende seiner eigenen Bürger zu im Ausland geborenen Deutschen erklärt. Leider hat das deutsche Innenministerium damit auch dem Völkerrecht einen Bärendienst erwiesen, weil durch Vertreibung geschaffene Fakten international gar nicht anerkannt werden dürfen.

PAZ: Sind auch die Menschenrechte berührt?

de Zayas: Ja! Grundlage der Menschenrechte ist die unantastbare Würde des Menschen zu der Respekt vor der Identität des einzelnen gehört. Diese ist berührt, wenn durch Verwaltungshandeln die persönliche Herkunft verleugnet oder verfälscht wird. Verbürgt ist die Anerkennung des Individuums als Rechtsperson und seine persönliche Ehre unter anderem in Artikel 16 und 17 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte.

Frage: Sie haben darüber ein neues Buch geschrieben.

de Zayas: Vor wenigen Tagen erschien darüber ein Buch von mir „The Case Law of the United Nations Human Rights Committee 1977−2008“ im N. P. Engel-Verlag in Kehl am Rhein.


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