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04.07.09 / Russki-Deutsch (24): Matrjoschka

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-09 vom 04. Juli 2009

Russki-Deutsch (24):
Matrjoschka
von Wolf Oschlies

Auch wenn es noch so oft verwechselt wird: Die „Matrjoschka“ (Mütterchen) ist nicht mit der „Babuschka“ identisch. Eine Babuschka ist eine sehr lebendige Oma, eine Matrjoschka aber ein Spielzeug aus hohlen Holzpuppen, die der Größe nach ineinander stecken. Diese „Puppen in der Puppe“ nutzte 1963 der Schriftsteller Rudolf Hagelstange als Symbol für Rußland. Und weil Matrjoschkas noch „russischer“ als der Kreml sind, ist es Unsinn, wenn Prager Souvenirläden „The Art of the Slavonic Matryoshka“ anpreisen. Aber der Reihe nach.

Seit Jahrhunderten schnitzten Russen hohle Ostereier, bis um 1890 der Maler Sergej Maljutin und der Drechsler Wasili Swesdotschkin darauf verfielen, statt Eiern sieben Kinderfiguren ineinander zu stecken, alle mit traditionellen Kostümen zu bemalen und mit dem damaligen Modenamen „Matronja“ zu benennen. Die Matrjoschka und mit ihr die Sensation der Pariser Weltausstellung von 1900 waren geboren. Die Produktion der Puppen wurde von Moskau ins nahe Sergiev Posad verlegt, eine alte Stadt, die zum Weltkulturerbe der Unesco gehört – wegen ihres Sergius-Klosters aus dem 14. Jahrhundert, nicht wegen der Matrjoschkas.

Bis heute werden Matrjoschkas mit der Hand gefertigt, mit Vorliebe aus Linden- oder Birkenholz. Zuerst wird die kleinste Puppe geschnitzt, dann die nächstgrößere bis der Satz komplett ist. Abschließend folgt die Bemalung, die auch anzüglich-aktuell sein kann, wenn etwa eine Polit-Matrjoschka von Putin über Jelzin, Gorbatschow, Breshnew zu Stalin führt. „Gorbi“ war ein Liebling der Matrjoischka-Macher, die ihn wegen eines Muttermals auf der Kopfhaut charakteristisch darstellen konnten. Beliebter sind traditionelle Motive und Kostüme, also rote Bäckchen, buntes Kopftuch, Korb mit Früchten oder Brot unterm Arm. Fünf Puppen umfaßt eine „normale“ Matrjoschka, aber es gibt umfangreichere. Im Russischen Museum in St. Petersburg sah ich eine aus 36, die derzeit „kinderreichste“ soll gar 72 Puppen bergen. Details im Matrjoschka-Museum in Moskau. Es liegt am Leontjewski Pereulok, in den Räumlichkeiten einer alten Ma-trjoschka-Werkstatt. Über 14000 Exponate aus allen Phasen der Matrjoschka-Entwicklung zeigt das Museum.


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