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04.07.09 / Indien erhöht Militärpräsenz / Neu-Delhi konzentriert Soldaten an der Grenze zu China

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-09 vom 04. Juli 2009

Indien erhöht Militärpräsenz
Neu-Delhi konzentriert Soldaten an der Grenze zu China

Sie sind sich bei Währungsfragen in Sachen Dollar einig, sie blicken auf einen wachsenden Warenhandel, doch sie trauen sich, seit dem Krieg von 1962, noch immer nicht über den Weg. Der schwellende Grenzkonflikt zwischen China und Indien hat vor diesem Hintergrund − und von der Weltöffentlichkeit kaum beachtet − eine neue Dimension erreicht: Die Inder konzentrieren seit Anfang Juni mehr als 50000 zusätzliche Soldaten, leichte Artillerie, Helikopter und Kampfjets sowie unbemannte Flugobjekte an ihrer gut 1000 Kilometer langen Grenze zum Reich der Mitte in ihrem Nordosten; sie legen derzeit sogar neue Militärflughäfen und strategische Straßen an. Denn die Regierung in Neu-Delhi fürchtet erneut illegale Gebietsansprüche und Inbesitznahmen Pekings.

Nicht ohne Grund: Im vergangenen Jahr drangen mehrfach chinesische Truppen in die indische Provinz Arunachal Pradesh ein, wie der Gouverneur und General J. J. Singh in der Hauptstadt Itanagar alarmiert nach Neu-Delhi meldete.

Durch diese Provokationen aufgeschreckt, äußerten hohe Militärs der Luftstreitkräfte des Subkontinents in den vergangenen Monaten mehrfach die Meinung, daß sie in China eine weit größere Bedrohung für die Zukunft sehen als in ihrem Dauer-Grenzkonflikt mit dem westlichen Nachbarn Pakistan. Da alle drei Staaten mittlerweile Atommächte sind, kommt ihren jeweils schwelenden Konflikten auch für den Rest der Welt eine wichtige Bedeutung zu.

Belastend für die gegenseitigen Beziehungen wirkt sich nach wie vor aus, daß Tibets Exilregierung mit dem Dalai Lama seit 1959 auf indischem Territorium angesiedelt ist. 1950 hatte der Einmarsch chinesischer Truppen in Tibet begonnen. Schon bald danach kam es zu Streitigkeiten über die Grenze des Himalaja-Staates zu Indien, die aus der kolonialen englischen Vergangenheit als „McMahon-Linie“ markiert war. Am 20. Oktober 1962 drangen die Soldaten Pekings über diese Linie nach Indien vor. Es kam zum Krieg. Während sich Indiens Truppen auf diesen Vorstoß konzentrierten, lancierten die Chinesen weiter im Westen einen zweiten Angriff und überrumpelten den Gegner. Sie proklamierten am 21. November einseitig einen Waffenstillstand, den Indien de facto annahm. Die Scharmützel hatten 2000 Menschenleben gefordert.

An einer wenig später anberaumten Friedenskonferenz nahmen beide Seiten nicht teil. 1963 verbündete sich Peking mit Pakistan, das den Chinesen ein 4500 Quadratkilometer großes Gebiet Kaschmirs überließ. Das war für Indien eine Provokation, da es ganz Kaschmir als Territorium beansprucht und wiederholt deswegen mit Pakistan kriegerische Auseinandersetzungen hatte.

Ein Jahrzehnt später schürte ein weiterer Konflikt mit China an den Grenzen des von Indien annektierten ehemaligen Königreiches Sikkim die Feindschaft der beiden Staaten. Indien sicherte sich 1971 gegen die chinesische Bedrohung durch einen Beistandspakt mit der damaligen Sowjetregierung ab und stockte sein Heer von 500000 Mann auf 825000 auf. Erst 2005 verzichtete Peking auf diesen Anspruch. Im Jahr 2006 einigten sich die beiden Staaten in Lhasa auf die Öffnung eines alten Handelsweges. Der 1962 geschlossene Nathu-La-Pass in 4000 Meter Höhe wurde wieder für den Warenaustausch zwischen China und Indien über Tibet geöffnet. Der Konflikt im Nordwesten war beigelegt, nun flammt er offenbar im Nordosten wieder auf.      Joachim Feyerabend


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