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04.07.09 / Gelungene Grenzgänge und große Spielfreude / Das Mozartfest Würzburg überzeugte einmal mehr mit einem reichhaltigen Programm und guten Interpreten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-09 vom 04. Juli 2009

Gelungene Grenzgänge und große Spielfreude
Das Mozartfest Würzburg überzeugte einmal mehr mit einem reichhaltigen Programm und guten Interpreten

Während viele internationale Musikfestspiele, vor allem die Opernfestspiele, seltsame Wandlungen durchmachen und in puncto Regie häufig nur noch von der Kritik, nicht mehr von den Gästen – auf die es doch ankommt – Lob und Anerkennung ernten, kann Würzburg darüber nicht klagen. Das Programm, das dieses Jahr unter dem Motto „Mozart und Paris“ stand, kann sich sehen lassen. Hauptorte des Geschehens waren die fürstbischöfliche Residenz, deren Kaisersaal – einer der schönsten Säle des Barock – in neuer Pracht erstrahlt, und der Hofgarten dieses „schönsten Pfarrhauses Europas“, wie Napoleon Balthasar Neumanns grandiosen Bau bezeichnet hat. Auch der Rokokopark von Schloß Veitshöchheim, die Wallfahrtskirche Käppele und die Abteikirche Amorbach waren mit einbezogen. Der Residenzweinkeller und das berühmte Bürgerspital warteten mit Veranstaltungen der besonderen Art auf: Musik mit Literatur gemischt.

Neben den großen Sinfonien, den Solokonzerten, der geistlichen Musik und der Kammermusik Mozarts kamen die französischen Impressionisten und amerikanische Klassiker, aber auch ausgefallene Kombinationen wie „Mozart meets Schrammeln“, „… meets Klezmer“ und „… meets Cuba“ zur Aufführung – gelungene Grenzgänge zwischen völlig verschiedenen Genres.

Zwei Höhepunkte waren die Nachtmusik im Hofgarten und das Sinfoniekonzert im Kaisersaal. Das Orchester der Hochschule für Musik Würzburg bot im Hofgarten ein Programm aus Mozart, Gershwin und Bernstein an. Was Einfallsreichtum und Klangschönheit betrifft: Bei beiden Komponisten ist der Zugang zum Werk sofort da. Gershwin ist in allen seinen Werken die Synthese zwischen der Musik Europas und dem Jazz, der eigentlichen Musik Amerikas, gelungen wie sonst wohl keinem anderen Komponisten. Man spürte die unbändige Spielfreude des jungen Orchesters unter Christian Kabitz, dem künstlerischen Leiter des Mozartfestes, bei Gershwins berühmtem „Amerikaner in Paris“ ebenso wie auch bei der quirrligen Ouvertüre zu „Candide“ von Leonard Bernstein.

Mozarts Posthornserenade und sein Klarinettenkonzert in A-Dur, KV 622, vertragen sich sehr gut mit den Werken der Amerikaner. Müßte man unter Mozarts über 600 Werken eine – zugegeben sehr schwierige – Rangordnung vornehmen, so stünde das Klarinettenkonzert sicher mit ganz an der Spitze. Der Solist Paul Meyer, einer der führenden Klarinettisten weltweit, spielte das Werk vollendet. Er baute die Spannung zwischen dem lebhaften und eleganten ersten und letzten Satz und dem sinnierenden Mittelsatz voller Tristesse gekonnt auf.

Die Bamberger Symphoniker unter dem französischen Dirigenten Ludovic Morlot spielten im Kaisersaal ein anderes Werk Mo-zarts, das „ganz vorne“ auf dieser fiktiven Liste liegt: die Jupitersinfonie (Nr. 41, C-Dur, KV 551). Die Vielzahl und Verdichtung der Einfälle, ihre Durchführung vom charakteristischen allerersten Thema bis zum Finale des Schlußsatzes mit fünf Themenkomplexen, die sich in Sonaten- und Fugenform genial kontrapunktisch verbinden, suchen selbst bei Mozart ihresgleichen.

In eine ganz andere musikalische Welt führte die Zuhörer Gabriel Faure (1845–1924), nach Debussy und Ravel ein führender Komponist des französischen Impressionismus. Wie Claude Debussy befaßte er sich mit dem symbolistischen Drama „Pelleas et Melisande“ von Maurice Maeterlinck. Während Debussy darüber eine voll auskomponierte Oper verfaßte, schrieb Faure eine mehrteilige Bühnenmusik, die er dann, unabhängig vom Theaterstück, zu einer Orchestersuite arrangierte. Schließlich spielte Arabella Steinbacher Mozarts Violinkonzert in G-Dur, KV 216. Der Komponist hat insgesamt fünf Violinkonzerte verfaßt. Die junge, bereits auf den Konzertpodien der Welt auftretende Künstlerin entwickelte eine bemerkenswerte Klangfülle und Klangschönheit auf ihrem Instrument. Das facettenreiche Werk wurde mit großem Ausdruck interpretiert.

Die Öffnung der Festspiele nach verschiedenen Seiten hin, was Musikzeitalter, Komponisten und Länder betrifft, bei gleichzeitig voller Zentralität des Werkes von Mozart macht nicht zuletzt das Geheimnis aus und die Einmaligkeit des Würzburger Mozartfestes, das an diesem Sonntag zuende geht. Wenn diese Richtung beibehalten wird, kann man sicher sein, daß die Veranstaltung unter den führenden Musikfestspielen ihren Spitzenplatz halten wird. Werner Dremel

Foto: Kaisersaal in der Residenz: Prächtiges Ambiente für Mozart und seine Werke


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