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04.07.09 / Söldnerwesen im Aufschwung? / Der ehemalige Kriegsberichterstatter Franz Hutsch pauschalisiert reißerisch Sicherheitsdienstleister

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-09 vom 04. Juli 2009

Söldnerwesen im Aufschwung?
Der ehemalige Kriegsberichterstatter Franz Hutsch pauschalisiert reißerisch Sicherheitsdienstleister

Will man den Recherchen des Journalisten und ehemaligen Kriegsreporters Franz Hutsch Glauben schenken, zeichnet sich in Deutschland eine erschreckende Entwicklung ab. „Exportschlager Tod – Deutsche Söldner als Handlanger des Krieges“ heißt sein im Econ Verlag erschienener aktueller Titel.

Blackwater, das größte, bereits durch mehrere Eskalationen in die Kritik geratene US-amerikanische private Sicherheits- und Militärunternehmen, steht mahnend für die Auslagerung militärischer Aufgaben weg von nationalen Armeen hin zu privaten Sicherheitsdienstleistern. Die USA sind seit Jahren führend darin, nicht nur Transport, Logistik und medizinische Versorgung, sondern auch Kampfeinheiten an private Firmen auszugliedern. „1991, im zweiten Golfkrieg, wurden die 541000 Soldaten der US-Armee während der Operation ,Desert Storm‘ von nur 5600 Angestellten privater Sicherheitsfirmen unterstützt. Auf 100 Soldaten kam also gerade mal ein Söldner“, schreibt Hutsch. „Zwölf Jahre später schickten die USA 248000 Soldaten in den Irakkrieg ... Etwa 190000 Söldner heuerten allein das US-Außenministerium, verschiedene staatliche Hilfsorganisation und vor allem das Pentagon für diesen Kriegsschauplatz an … Auf einen Söldner kommen nun 1,3 reguläre Soldaten.“ 76 Milliarden Dollar bezahlte allein das Pentagon zwischen 2003 und 2007 an private Sicherheitsfirmen. Ihre Angestellten sind Söldner im klassischen Sinne, wie es sie schon seit Jahrtausenden gibt. Weil der Begriff Söldner jedoch negativ belegt ist, heißt es heute „Contractor“. Diese „Vertragspartner“ verdienen im Monat regulär das vier- bis achtfache eines normalen Soldaten, doch ihre Arbeitsbedingungen und ihr möglicher Tod schaden nicht gleichermaßen der Politik wie der eines Soldaten, der für sein Vaterland gestorben ist.

Franz Hutsch schildert zahlreiche Fehlentwicklungen in der Branche. Er geht auf schwarze Schafe ein, die von den USA das große Geld einkassieren, aber statt professioneller, gut ausgebildeter Mitarbeiter, Billiglöhner aus Lateinamerika und Asien beschäftigen, die sie dann auch noch ohne Sicherheitsvorkehrungen verheizen. Viele dieser „Sicherheitsfirmen“ arbeiten in rechtlichen Grauzonen und sind keineswegs dazu angetan, den Menschen in den Krisenregionen, die man doch eigentlich vom demokratischen System des Westens überzeugen will, ein Gefühl von Gerechtigkeit zu vermitteln.

Doch bei allem richtigen, was der Autor über die internationalen Entwicklungen vor allem von Seiten der USA schildert, ist seine These, daß deutsche Söldner zum „Exportschlager“ werden oder gar die deutsche Bundeswehr mit ihnen arbeitet, absolut aus der Luft gegriffen. Zwar gibt es vereinzelt vor allem ehemalige Bundeswehrsoldaten, die auch des schnellen Geldes wegen sich bei jenen Sicherheitsfirmen anheuern lassen, doch das sind Einzelfälle. Zum Teil sogar verständliche und lobenswerte. Wenn ein arbeitsloser Bremer, der nach seiner Verpflichtung bei der Bundeswehr keinen Arbeitsplatz findet, in die Welt hinauszieht, auch um bei der Sicherung des internationalen Friedens mitzuhelfen, dann kann man ihn im internationalen Umfeld eher als Lichtblick denn als Todesbringer sehen.

Auch Hutschs These, daß deutsche Sicherheitsunternehmen sich international mehr in Krisengebieten engagieren, bleibt unbelegt. Selbst die mageren Hinweise, die der Autor liefert, erweisen sich auf Nachfrage als lächerlich.

Hartmut Zehrer von der „Protektor-Akademie für Sicherheitsleistungen“ in Hamburg war selbst 30 Jahre Generalstabsoffizier bei der Bundeswehr. Er beteuert, daß die großen deutschen Wach- und Sicherheitsfirmen sich nicht auf diesem Gebiet engagieren. „Das sind alles kleine Firmen“ und „Einzelfälle“ der Vergangenheit, erklärt er die von Franz Hutsch angeprangerten Vorfälle, bei denen Arbeitslose zu Mitarbeitern für im Ausland tätige Sicherheitsfirmen ausgebildet worden sein sollen.

Hutsch stellt auch die „Praetoria Beratung“ aus Bielefeld vor, die als Sicherheitsberater für deutsche Unternehmen und Entwicklungshelfer im Irak tätig ist. Auch die Regensburger Firma „Toifor“, weltweiter Marktführer bei militärischen und zivilen Serviceleistungen wie Toiletten und Müllentsorgung, wird in ein anrüchiges Licht gestellt. Bedauerlicherweise geht der Autor nicht darauf ein, wie Deutschland, das international in den Bereichen Wirtschaft und Humanität aktiv sein will und muß, ohne derartige Dienstleister agieren sollte. Dabei ist davon auszugehen, daß diese Anbieter international in Sachen Know-How, Effizienz und Wertvorstellungen vorbildlich agieren, da der deutsche Staat ein Auge auf sie hat. Dieser greift bei seinen Auslandseinsätzen derzeit nicht auf die in der Öffentlichkeit weitgehend als „Söldner“ diskreditierten Sicherheitsfirmen zurück.

„Im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wurden und werden private Bewachungs- und Sicherheitsunternehmen mit Sicherheitsaufgaben für die Bundeswehr beauftragt“, heißt es hierzu aus dem Verteidigungsministerium. „Die Wach- und Sicherheitsaufgaben der Bundeswehr werden durch die privaten Unternehmen im Rahmen strenger Anforderungen nach einschlägigen Regelungen wahrgenommen. Der Einsatz privater Unternehmen zur Bewachung und Absicherung der Bundeswehrliegenschaften im Gebiet der Bundesrepublik hat sich bewährt und maßgeblich zur Ausrichtung der Bundeswehr auf Einsatzaufgaben beigetragen. Im Rahmen der Auslandseinsätze der Bundeswehr werden keine privaten Bewachungs- und Sicherheitsunternehmen zur Bewachung / Sicherung von Einrichtungen der Einsatzkontingente eingesetzt.“         R. Bellano

Franz Hutsch: „Exportschlager Tod – Deutsche Söldner als Handlanger des Krieges“, Econ, Berlin 2009, kartoniert, 277 Seiten, 18,90 Euro


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