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11.07.09 / Druck auf Banken wächst / Politik warnt vor »Kreditklemme« − Kaum Handlungsspielraum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-09 vom 11. Juli 2009

Druck auf Banken wächst
Politik warnt vor »Kreditklemme« − Kaum Handlungsspielraum

Obwohl die Leitzinsen äußerst niedrig sind und das vom Bundestag beschlossene Bad-Bank-Gesetz die Entsorgung fauler Kredite ermöglicht, kommt das Kreditgeschäft nur wenig in Schwung. Bei einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts klagte jedes zweite Großunternehmen über eine zögerliche Kreditvergabe der Banken. Ifo-Chef Hans-Werner Sinn spricht daher von einer „Kreditklemme“, die sich zum „Hauptproblem für die deutsche Konjunktur“ entwickeln könne.

Dieser Befund und Klagen aus mehreren Branchen geben den Regierenden Rückenwind, um gegen die Banken Sturm zu laufen: Diese seien verpflichtet, „das Arteriensystem der deutschen Volkswirtschaft mit Kapital zu versorgen“, schimpfte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Sollte es im zweiten Halbjahr zu einer echten Kreditklemme kommen, müsse man „über Maßnahmen nachdenken, die es noch nicht gegeben hat“. Dabei denkt der SPD-Vize an eine direkte Kreditvergabe durch die Bundesbank an die Wirtschaft.

Sogar Bundespräsident Horst Köhler hält es für nötig, den Druck auf die Banken zu erhöhen: Sie sollten „prüfen, ob sie nicht etwas entschlossener beim wirtschaftlichen Aufschwung helfen könnten“, kritisiert der frühere Sparkassenpräsident die schleppende Kreditvergabe.

Die Alarmstimmung geistert um den Begriff „Kreditklemme“, für den es jedoch keine klare Definition gibt. Statistiken begründen die Aufregung nicht. In den ersten Monaten des Jahres haben die Banken ähnlich viele Kredite wie im Vorjahr vergeben. Eng wird es jedoch, wenn im Zuge der Rezession die Kreditwürdigkeit von Unternehmen weiter sinkt.

Das ganze Ausmaß der Kreditrisiken werde erst im Herbst erkennbar, so Manfred Weber, der Geschäftsführer des Bankenverbands. Der Frankfurter Bankenexperte Christoph Schalast hat daher Verständnis für die Banken: „Sie schauen genauer hin, wem sie Kredite geben, das ist in Krisenzeiten genau die richtige Strategie.“

Die Banken-Schelte aus der Politik mutet ohnmächtig an, weil die Handlungsmöglichkeiten des Staates sehr begrenzt sind. Auf EU-Ebene können sich Merkel und Steinbrück für eine befristete Lockerung der strengen Basel-II-Vorschriften zur Kreditvergabe einsetzen. Doch national sind ihnen die Hände gebunden: Staatliche KfW-Kredite an Unternehmen betrachtet die EU-Kommission als Subvention. Undenkbar ist auch, daß die Bankenaufsicht BaFin die Banken verpflichtet, einen Teil ihres Eigenkapitals als Kredit an Unternehmen zu vergeben, denen dies unter Normalbedingungen nicht zusteht.

In der Diskussion über Zwangsmaßnahmen wird leicht übersehen, woher die Krise rührt: „Wenn man die Banken jetzt zwingt, wahllos Kredite zu vergeben, türmt sich in ein paar Jahren wieder eine Welle fauler Kredite auf, die uns die nächste Finanzkrise bringt“, warnt Schalast. So verwundert nicht, daß Bundeskanzlerin Angela Merkel das Wort „Kreditklemme“ meidet. Einige Äußerungen dazu seien „leichtfertiges Gerede“, so der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg.         Philip Baugut


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