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18.07.09 / Venezuela steht am Rande der Diktatur / »Staatsstreich von oben«: Machthaber Hugo Chávez entmachtet oppositionelle Lokal- und Regionalpolitiker

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-09 vom 18 Juli 2009

Venezuela steht am Rande der Diktatur
»Staatsstreich von oben«: Machthaber Hugo Chávez entmachtet oppositionelle Lokal- und Regionalpolitiker

Der weltbekannte spanisch-peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa ist aufs Höchste alarmiert: „Venezuela könnte sich in ein zweites Kuba verwandeln“, warnte er. Die Regierung von Präsident Hugo Chávez nähere das Land immer mehr einer kommunistischen Diktatur an, rief er den rund 400 Teilnehmern einer Versammlung für Freiheit und Demokratie zu, die sich Ende Mai in der venezolanischen Hauptstadt Caracas versammelt hatten.

Einen Vorgeschmack auf die bedrückenden Lage hatte der Autor gleich nach seiner Landung in Caracas bekommen: Sicherheitsbeamte fingen ihn ab und belehrten ihn über anderthalb Stunden lang, während seines Aufenthalts ja nichts Negatives über Staatschef Chávez zu äußern. Vargas Llosa sprach von bewußter Einschüchterung. Doch er ließ sich nicht einschüchtern und wagte die öffentliche Kritik.

Auf dem Kongreß mit brausendem Beifall begrüßt wurde auch der Oberbürgermeister von Caracas, Antonio Ledezma. Der Oppositionspolitiker war erst im November 2008 mit großer Mehrheit gegen seinen sozialistischen Gegenkandidaten wiedergewählt worden. Nach der Schlappe hat sich Chávez offenbar entschieden, daß dies die letzte Gelegenheit gewesen sein sollte, bei der sich die Bewohner der Hauptstadt seinem Willen widersetzen konnten.

Einen Monat nach der Wahl besetzten Chávez’ Handlanger den Bürgermeisterpalast und vertrieben das Stadtoberhaupt. Als lokalen Machthaber setzte Chávez einen Statthalter ein, dem er alle wesentlichen Kompetenzen übertrug, die bislang der demokratische gewählte Bürgermeister innehatte, so etwa die für Polizei, Krankenhäuser, Schulen oder öffentlichen Nahverkehr.

Erst 2006 hatte Chávez die Präsidentenwahl klar gewonnen. Was sich seitdem vollzieht, gleicht einem Putsch von oben. Die Opposition wird planmäßig und ohne jede Rücksicht auf die Demokratie ausgeschaltet, ein sozialistischer Einparteien-Staat nimmt zunehmend seine häßlichen Konturen an. Venezuelas Opposition spricht aufgebracht von einem Staatsstreich.

Die Entmachtung oppositioneller Lokal- und Provinzpolitiker findet landesweit statt. Der ebenfalls im November mit großer Mehrheit wiedergewählte Oberbürgermeister von Maracaibo, Manuel Rosales, mußte am 30. März untertauchen und floh wenige Wochen später nach Peru. Maracaibo ist die Metropole der westvenezolanischen Erdölprovinz Zulia, eine Hochburg der Opposition. Rosales wird offiziell „illegale Bereicherung“ vorgeworfen. Doch keine seriöse Quelle zweifelt daran, daß dies nur ein Vorwand ist. Rosales gilt als Führungsfigur der Opposition.

Antonio Ledezma hat sich Anfang Juli in die Vertretung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Caracas geflüchtet und ist dort mit einigen Getreuen in Hungerstreik getreten gegen die aufkeimende Diktatur des Hugo Chávez. Er appelliert an OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza, den Weg Venezuelas in die rote Despotie zu stoppen.

Nachdem Insulza garantiert hat, daß er die Vorwürfe gegen Chávez prüfen werde, unterbrach Ledezma den Hungerstreik bis auf weiteres. Der OAS-Generalsekretär sieht sich indes einer wachsenden Schar von OAS-Staaten gegen-über, die von Chávez-Gefolgsleuten beherrscht werden.

Immerhin hat Honduras den Weg in den „kalten Staatsstreich“ nach chavistischem Vorbild abwenden können (PAZ berichtete vergangene Woche). Doch Chávez wühlt unbeirrt weiter. Vergangene Woche trat Perus Ministerpräsident Yehude Simon zurück, nachdem bei Auseinandersetzungen zwischen aufständischen Indios und Sicherheitskräften zehn Ureinwohner und 24 Beamte zu Tode gekommen waren. Es besteht kaum ein Zweifel, daß das Regime in Caracas die Aufrührer unterstützt, wie es auch den Terrorbanden der kolumbianischen Farc unter die Arme greift.

Chávez stand 2006 hinter dem linken Gegenkandidaten des heutigen peruanischen Präsidenten Alan García, Ollanta Humala. Der Bürgerliche García aber setzte sich mit 54 Prozent der Stimmen durch.

Später kam es zu einer oberflächlichen Entspannung zwischen der peruanischen und der venezolanischen Führung. Damit war es spätestens ab April vorbei, seit García dem geflohenen venezolanischen Oppositionsführer Rosales öffentlich Asyl gewährt. Die tödlichen Zusammenstöße zwischen Indios und Sicherheitskräften ereigneten sich am 5. Juni.

In Honduras beginnt sich die Lage zum Ärger der Chavisten unterdessen zu beruhigen. Übergangspräsident Roberto Micheletti hob die Ausgangsperre Anfang der Woche wieder auf. Nach fruchtlosen Gesprächen mit dem abgesetzten und ausgewiesenen Präsidenten Manuel Zelaya vergangene Woche in Costa Rica hat er diesem nun selbstbewußt eine Amnestie in Aussicht gestellt, falls er ins Land zurückkehre. Unbeeindruckt vom immensen internationalen Druck hält Micheletti an seinem Vorhaben fest, am regulären Termin, dem 29. November, Präsidentschaftswahlen abzuhalten.                     Hans Heckel


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