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18.07.09 / Fontane

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-09 vom 18 Juli 2009

Fontane
von Harald Fourier

Schüler wissen oft nicht zu schätzen, was sie lernen dürfen. Das Problem ist generationenübergreifend und fängt bei Julius Cäsar an, mit dessen genialen Kriegsberichten aus Gallien ein 13jähriger Lateinschüler noch nie viel anzufangen wußte. Und es setzt sich fort mit Theodor Fontane. Seine Reiseberichte über die Mark Brandenburg sind Gold wert, aber für Abiturienten oft nur lästige Pflichtlektüre.

So war es zumindest bei meinen Mitschülern, die den Deutsch-Leistungskurs gewählt hatten und in der elften Klasse täglich mehrere hundert Seiten aus Fontanes „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ lesen mußten. Und das obwohl noch dazu kam, daß sich just in diesem Moment das Land Brandenburg in die Geschichte zurückgemeldet hat – wir schrieben nämlich das Jahr 1990.

Bis zu diesem Zeitpunkt war für die allermeisten nach dem Mauerbau geborenen (West-)Berliner „Brandenburg“ ungefähr so schwer zu lokalisieren wie Atlantis und so weit weg wie die Südsee. Cottbus und Oranienburg, der Spreewald und die Uckermark – das waren damals Orte, die für die allermeisten meiner Altersgenossen für immer irgendwo hinter der Berliner Mauer versunken schienen. Und wir waren Berliner! Unter Gleichaltrigen aus Westdeutschland war das allgemeine Unwissen lange vor der ersten Pisa-Studie noch viel stärker verbreitet. „Kommst du aus Ost- oder aus West-Berlin?“ lautete beispielsweise eine  F rage, die ich immer wieder gehört habe. Sie legte Zeugnis von der vollständigen Unkenntnis vieler Westdeutscher ab.

Ein Gedicht Fontanes erfreute sich aber – und das will schon etwas heißen bei Kindern aus der Null-Bock-Generation – großer Beliebtheit: Ribbeck von Ribbeck im Havelland. Fontane hat den Ort berühmt gemacht und trotz der Teilung auch Nicht-Brandenburgern einen Blick auf das großzügige, tolerante, liberale Preußen ermöglicht, an das in dem Gedicht erinnert wird.

Heutige Schülergenerationen lesen nach wie vor Theodor Fontane. Für sie klingt es abenteuerlich, daß der Begriff „Brandenburg“ vor 20 Jahren kaum mehr war als ein unbekannter Ort hinter der Mauer. Sie haben das Glück, das Schloß Ribbeck bei Klassenausflügen persönlich in Augenschein nehmen zu können. Der schöne Bau ist aufwendig saniert und wurde vor kurzem der Öffentlichkeit übergeben. Jährlich kommen bis zu 30000 Besucher in das 320-Einwohner-Dorf westlich von Berlin. Die allermeisten von ihnen wohl nur, weil Fontane vor über 100 Jahren ein Gedicht geschrieben hat, das den Flecken zu einer Art Traumort für Generationen deutscher Schüler machte.


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