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18.07.09 / Russki-Deutsch (26): Spasibo

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-09 vom 18 Juli 2009

Russki-Deutsch (26):
Spasibo
von Wolf Oschlies

Das wissen Deutsche, selbst wenn sie so gut wie kein Russisch können: Mit „spasibo“ bedankt man sich bei Russen für erwiesene Gefälligkeiten. Das ist nett und wird von Russen beifällig aufgenommen: „Svoego spasiba ne shalej“, sagt ein russisches Sprichwort: Bedaure keine deiner Danksagungen. Rein grammatisch ist „spasibo“ eine Interjektion, also ein Wort, das eine Gefühls- oder Willensäußerung des Sprechers wiedergibt. Mit dem Verb „blagodaritj“ (danken) hat „spasibo“ nichts zu tun, denn nach Max Vasmer, dem deutschen Lexikographen des Russischen, ist es das altrussische „spasi bog“, was „Gott rette dich“ heißt. Oder das Gegenteil, wie Vasmer fortfährt: Altgläubige, ehemalige die Kirchenspalter des 17. Jahrhunderts, meiden den Ausdruck, weil sie ihn als „spasi Baj“ lesen, wobei Baj ein alter Heidengott ist.

In den 1920er Jahren machten bolschewistische Atheisten regelrechte Jagd auf „spasibo“ und den in ihm versteckten Gotteswunsch. Kurze Zeit später war es sozusagen „rehabilitiert“, weil der idiotische Kult um Stalin ohne es einfach nicht auskam: „Rabotatj tak sto tov. Stalin skazal spasibo“, trommelte eine Parole: „So arbeiten, daß der Genosse Stalin danke sagt.“ 1938 steuerte das Duo L. Dobrovolksi (Text) und L. Polovinkin (Musik) ein Kinderlied bei, das seit langen Jahren nur noch ob seines inhaltlichen Schwachsinns bekannt ist: „Spasibo, velikomu Stalinu, za naschi tschudesnye dni“ – „Dank dem großen Stalin für unsere wunderbaren Tage!“

In solchen Parolen und Texten steckte eine unfreiwillige Komik, denn das so gemütliche „spasibo“ eignet sich nie für geschwollene Danksagungen. Das hat die Russen davor bewahrt, daß nur bei ihnen das Wortfeld „Dank, danken“ nicht rasch und gründlich verschlissen wurde. Anderswo war es anders: „Dank der Partei“ oder „Dank euch, ihr Sowjetsoldaten“ bewirkten, daß Osteuropäer bis heute Probleme mit Danksagungen haben und darum unhöflich anmuten. Solche Abnutzungserscheinungen hatte „spasibo“ nie zu verantworten, vielmehr dem Komponisten Isaak Dunajewski bereits um 1938 mit „Spasibo serdce“ (danke, Herz) zu einem internationalen Evergreen verholfen. Dafür gebührt ihm das Extralob: „Bolschoe spasibo“ (großes Dankeschön).   


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