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18.07.09 / Doepler porträtierte auch Immanuel Kant / Datierung und Herkunft eines Gemäldes in der Sammlung im Jagdschloß Grunewald sind bei Experten umstritten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-09 vom 18 Juli 2009

Doepler porträtierte auch Immanuel Kant
Datierung und Herkunft eines Gemäldes in der Sammlung im Jagdschloß Grunewald sind bei Experten umstritten

Im Jagdschloß Grunewald in Berlin werden bis zum 31. Ok-tober nächsten Jahres Bildnisse vom Barock bis zum späten Biedermeier präsentiert. Unter den 46 Porträts brandenburgisch-preußischer Herrscher und Persönlichkeiten zog das Bildnis des Königsberger Kriegs-, Domänen-, und Kommerzienrats Carl Gottlieb Bock (1746–1829) von dem Maler Gottlieb Doepler das Interesse des Verfassers dieser Zeilen auf sich. Im Begleitheft zur Ausstellung schreibt Carola Zimmermann, wissenschaftliche Volontärin in der Abteilung Schlösser und Sammlungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, daß Doepler ein Schüler der Berliner Akademie war, „jedoch wahrscheinlich seit dem späten 18. Jahrhundert in Königsberg“ wirkte und dort Bock „um 1810“ porträtierte. Nach den Recherchen von Gerd Bartoschek, Kustos für deutsche und niederländische Malerei, und dem durch sein Buch über das Königsberger Schloß bekannten Architekturhistoriker Wulf D. Wagner besaß Bock eine umfangreiche Gemäldesammlung, die, als er in finanzielle Schwierigkeiten geriet, von König Friedrich Wilhelm III. angekauft wurde. Um 1801/02 wird sie in einem „Bilderkabinett“ des Schlosses erwähnt. 1804/05 (nicht um 1820, wie im Begleitheft angegeben) wurde sie dann der dort ansässigen Kunst- und Zeichenschule geschenkt.

Während sich im Begleitheft bei anderen ebenfalls nach 1945 angekauften Porträts Angaben zum Erwerb und zur Herkunft finden, fehlen solche bei dem Werk Doeplers. Dem von Helmut Börsch-Supan verfaßten, aber vergriffenen Führer „Jagdschloß Grunewald“ von 1981 ist zu entnehmen, daß das Gemälde „1966 erworben“ wurde. Auf Nachfrage war von Bartoschek zu erfahren, daß das Bild von der Westberliner Kunsthandlung Wilhelm Weick angekauft wurde. „Zur weiteren Herkunft wissen wir leider nichts.“

Da der Porträtierte in Königsberg lebte, könnte das Bild, so vermutet der Verfasser, aus der 1944/45 untergegangenen Stadt am Pregel stammen. Vielleicht kann noch der auf der Rückseite des Bildes befindliche Vermerk „G. E. Henschel rest [auravit] 1913“ weiterhelfen.

Im Jagdschloß Grunewald haben aus dem Königsberger Schloß schon 1958 das Bildnisrelief des Tiedemann Giese von dem aus Sachsen gebürtigen Bildhauer Hans Schenck-Scheußlich aus dem Jahr 1530 und das bisher im Depot des Schlosses Charlottenburg magazinierte Gemälde „Apotheose auf den Großen Kurfürsten“ des in Königsberg geborenen Malers Michael Willmann von 1682 Asyl gefunden.

Nun kennt man Gottlieb Doepler – auch Doeppler, Doebler oder Döbler geschrieben – als Meister eines noch bedeutenderen Porträts, und zwar von keinem Geringeren als dem Philosophen Immanuel Kant. Das einst in der Loge zum Totenkopf und Phoenix in Königsberg hängende Gemälde, dessen Zuschreibung an Doepler und Datierung 1791 auf Tradition beruht, ist seit 1945 verschollen. Eine wahrscheinlich von dem Königsberger Maler Johann Heinrich Stobbe um 1791 angefertigte Kopie, die 1955 in München auftauchte, erwarb 1963 die Stadt Duisburg in New York für das „Haus Königsberg“, nunmehr Museum Stadt Königsberg.

Börsch-Supan datierte das Bock-Porträt um 1810: „Der Stil verbindet eine noch aus diesem Jahrhundert stammende Großzügigkeit mit einer trockenen Sachlichkeit, die bereits auf das Biedermeier verweist.“ Auf Nachfrage teilte der Kunsthistoriker mit, er habe die Datierung nach der Tracht des Kommerzienrates vorgenommen. Das von Doepler geschaffene Kant-Porträt erwähnen er und Zimmermann, die erklärt, die Lebenszeit des Malers in keinem Künstlerlexikon gefunden zu haben, nicht. Der um 1762 in Berlin geborene Maler und Kupferstecher Doepler war ein Schüler des 1784 nach Aufenthalten in London und Rußland in die preußische Hauptstadt gekommen und als Porträtist durch den Hof geförderten schottischen Malers Francis Edward Cunningham (1741–1793). Von Doepler wurden auf den Berliner Akademie-Ausstellungen von 1786 bis 1789 Ölgemälde und Stiche, darunter Porträts Friedrich des Großen und seines Neffen und Nachfolgers Friedrich Wilhelm II., gezeigt.

Der Gutsbesitzer David Minden teilt in seinem „Vortrag über Porträts und Abbildungen Kants“ von 1868 mit, daß Doepler sich „1791 kurze Zeit in Königsberg aufhielt, bevor er nach Berlin zurückkehrte“ und daß es „nicht unwahrscheinlich“ ist, daß „Cunningham, welchen Friedrich Wilhelm II. 1788 an seinen Hof zog, um mehrere Porträts der königlichen Familie zu malen“, „persönlich zu einer Aufnahme Kants nach Königsberg aufgefordert war, indessen die weite Reise scheute und seinen Schüler entsendete“. Bereits der an der Königsberger Universität lehrende Historiker Friedrich Wilhelm Schubert schreibt in seiner Kantbiografie von 1842, daß Doepler „auf einer größeren Reise sich längere Zeit in Königsberg aufhielt“ und Kant ihm 1791 „saß“.

Gegen die Datierung des Bock-Porträts „um 1810“ spricht der überlieferte Freitod Doeplers im Jahr 1795. David Minden schreibt: „Döblers Aufenthalt in Königsberg kann nur von kurzer Dauer gewesen sein, da keiner der Zeitgenossen seiner weiter erwähnt. Er ging nach Berlin zurück und entleibte sich daselbst 1795.“ Doepler kann also Bock nicht „um 1810“, sondern muß ihn vor 1795 porträtiert haben, wahrscheinlich wie Kant bei seinem Aufenthalt in Königsberg um 1791.    Heinrich Lange

Foto: Gottlieb Doepler: Bildnis Carl Gottlieb Bock (Ausschnitt)


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