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18.07.09 / Der Alte Fritz kehrt heim

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-09 vom 18 Juli 2009

Der Alte Fritz kehrt heim

Der preußische General und konservative Politiker Friedrich August Ludwig von der Marwitz beschreibt in seinen „Nachrichten aus meinem Leben“ (1832) den Eindruck, den der 73jährige preußische König Fried­rich der Große auf die Berliner Bevölkerung macht:

„Er kam geritten auf einem großen weißen Pferde. Sein Anzug war derselbe wie auf der Reise, nur daß der Hut ein wenig besser konditioniert, ordentlich aufgeschlagen und mit der Spitze nach vorn, echt militärisch aufgesetzt war. Hinter ihm waren eine Menge Generale, dann die Adjutanten, endlich die Reitknechte. Das ganze Rondell und die Wilhelmstraße waren gedrückt voll Menschen, alle Fenster voll, alle Häupter entblößt, überall das tiefste Schweigen und auf allen Gesichtern ein Ausdruck von Ehrfurcht und Vertrauen, wie zu dem gerechten Lenker aller Schicksale. Der König ritt ganz allein vorn und grüßte, indem er fortwährend den Hut abnahm. Diese Bewegung dauerte fortwährend, und so wie er sich bedeckt hatte, sah er schon wieder andere Leute und nahm den Hut wieder ab. Er hat ihn vom Halleschen Tor bis zur Kochstraße gewiß 200mal abgenommen.

Durch dieses ehrfurchtsvolle Schweigen tönte nun der Hufschlag der Pferde und das Geschrei der Berlinischen Gassenjungen, die vor ihm her tanzten, jauchzten, die Hüte in die Luft warfen oder neben ihm hersprangen und ihm den Staub von den Stiefeln abwischten. Bei dem Palais der Prinzessin Amalie in der Wilhelmstraße angekommen, war die Menge noch dichter, denn sie erwartete den König da. Der Vorhof war gedrängt voll, doch in der Mitte, ohne Anwesenheit irgendeiner Polizei, geräumiger Platz für ihn und seine Begleiter. Er lenkte in den Hof hinein, die Flügeltüren gingen auf und die alte lahme Prinzessin Amalie, auf zwei Damen gestützt, die Oberhofmeisterin hinter ihr, wankte die flachen Stiegen hinab, ihm entgegen. So wie er sie gewahr wurde, setzte er sich in Galopp, hielt, sprang rasch vom Pferde, zog den Hut, umarmte sie, bot ihr den Arm und führte sie die Treppe wieder hinauf. Die Flügeltüren gingen zu, alles war verschwunden, und noch stand die Menge, entblößten Hauptes, schweigend alle Augen auf den Fleck gerichtet, wo er verschwunden war, und es dauerte eine Weile, bis ein jeder sich sammelte und ruhig seines Weges ging.

Und doch war nichts geschehen! Keine Pracht, kein Feuerwerk, keine Kanonenschüsse, keine Trommeln und Pfeifen, keine Musik, kein vorangehendes Ereignis! Nein, nur ein 73jähriger Mann, schlecht gekleidet, staubbedeckt, kehrte von seinem mühsamen Tagewerk zurück. Aber jedermann wußte, daß dieser Alte auch für ihn arbeite, daß er sein ganzes Leben an diese Arbeit gesetzt und sie seit 45 Jahren noch nicht einen einzigen Tag versäumt hatte! Jedermann sah auch die Früchte seiner Arbeiten, nah und fern, rund um sich her, und wenn man auf ihn blickte, so regten sich Ehrfurcht, Bewunderung, Stolz, Vertrauen, kurz alle edleren Gefühle des Menschen.“      PAZ


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