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18.07.09 / Bedrohtes Prachtstück / Das letzte Schiff der Kosmischen Flotte der Sowjetunion soll verschrottet werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-09 vom 18 Juli 2009

Bedrohtes Prachtstück
Das letzte Schiff der Kosmischen Flotte der Sowjetunion soll verschrottet werden

Das Ozeanmuseum im Zentrum Königsbergs gilt als eines der wichtigsten Museen in der Region. Die Existenz eines seiner bedeutendsten Exponate, des am Pregelufer liegenden Forschungsschiffs „Kosmonaut Viktor Pazajew“, ist bedroht.

Das letzte Schiff der Kosmischen Flotte der Sowjetunion, „Kosmonaut Viktor Pazajew“, sollte verschrottet werden. Schon seit acht Jahren liegt nun dieses wissenschaftliche Forschungsschiff, der ganze Stolz des Ozeanmuseums, an der Anlegestelle mitten in Königsberg vertäut. Es ist wohl das einzige Forschungsschiff mit Satellitenverbindung, das Museumsexponate an Bord beherbergt. Die Übergabe ans Museum bewahrte das Schiff damals vor dem bitteren Schicksal, das die übrigen 18 Schiffe der Kosmischen Flotte der ehemaligen Sowjetunion ereilte.

Zur Zeit sind auf dem Schiff Ausstellungen untergebracht, die einzigartige Exponate zeigen, wie das Modell des Raketenträger-Komplexes „Energia“ und des Raumschiffs „Buran“, Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung bei Schwerelosigkeit, medizinische Apparate ebenso wie Gegenstände des Museums Sternenstädtchen bei Moskau. Bis heute finden mit Hilfe des Schiffes Vorführungen der mobilen Satellitenverbindung zwischen dem Flugleitzentrum und Internationalen Raumstationen statt.

Das Schiff hat eine bewegte Geschichte: Im Jahr 1968 wurde es als Holzfrachter „Semjon Kosinow“ gebaut. 1977/78 wurde es zum Forschungsschiff umgebaut und erhielt den Namen „Kosmonaut Viktor Pazajew“. Am 24. November 1978 wurde es der Akademie der Wissenschaften übereignet. In den folgenden 16 Jahren unternahm das Schiff 14 wissenschaftliche Expeditionen in den zentralen und südlichen Atlantik. Bis 1994 gehörte das Schiff zum Kommando der Weltraummissionen Saljut-6, Sojus-34, Saljut-7 und anderen. Seine Aufgabe bestand darin, die Kommunikation mit den Kosmonauten und Bahnen von Satelliten und interplanetaren Sonden und Raumstationen zu kontrollieren und die gesammelten Daten zum Flugleitzentrum zu übertragen. Am 14. April 2001 wurde das Schiff am Museumsanleger in Königsberg festgemacht, und schon am 23. April wurde auf ihm die Ausstellung „Kosmische Odyssee“ eröffnet.

Das Schiff trägt den Namen des Kosmonauten Viktor Pazajew, der einen Großteil seines Lebens in Stallupönen verbracht hat. Viktor Pazajew kam 1971 während eines Flugs als wissenschaftlicher Ingenieur an Bord des Raumschiffs Sojus-11 und der Orbitalstation Saljut-1 auf tragische Weise ums Leben. Der Flug dauerte 23 Tage. Beim Abstieg kam es zur Dekompression des Raumschiffs Sojus-11 und die Besatzung, darunter Georgij Dobrowolskij, Wladislaw Wolkow und Viktor Pazajew, kam ums Leben. Heute ist in Königsberg eine Straße nach ihm benannt, das Denkmal „Eroberer des Weltraums“, das sich auf dem Prospekt Mira befindet, erinnert an die Kosmonauten. In Stallupönen gibt es ein Museum zu Ehren Pazajews.

Das Forschungsschiff „Kosmonaut Viktor Pazajew“ ist ein wichtiger Teil der Leistungen der Sowjetunion bei der Erforschung des Weltraums. Seinerzeit gehörte das Schiff zur Abteilung der Kosmischen Flotte, doch der Zerfall der Sowjetunion und die schwere ökonomische Lage des Landes zu Beginn der 90er Jahre führte zu einer Umstrukturierung der Flotte.

Der Weltraumforschungsdienst der Akademie der Wissenschaften der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken nahm seine Arbeit im Jahr 1962 auf. Die Kosmische Flotte hatte einst 19 Schiffe, sie wurde bekannt als „Sternenflotte“. Heute existiert davon nur noch das Schiff „Kosmonaut Viktor Pazajew“.

Vor kurzem wurde bekannt, daß das Schicksal des letzten Schiffes der einst bedeutenden sowjetischen Weltraumflotte unter keinem guten Stern steht. Denn in diesem Jahr wurden die Mittel für den Unterhalt des Schiffes um die Hälfte gekürzt, auf sechs Millionen Rubel (rund 137000 Euro). Dies führte zur Entlassung eines Teils des Personals. Für die Schicht auf dem Schiff stehen nun nur noch zwei Mitarbeiter zur Verfügung: ein Steuermann und ein Mechaniker. Damit verliert das Schiff seine Funktionsfähigkeit. Im Museum geht man davon aus, daß die „Kosmonaut Viktor Pazajew“ das gleiche Schicksal drohen wird wie den anderen, die bereits verschrottet wurden. Damit wäre die „Sternenflotte“ der Sowjetunion endgültig Geschichte. Jurij Tschernyschew

Foto: „Kosmonaut Viktor Pazajew“: Noch liegt das stillgelegte Forschungsschiff am Pregelufer.


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