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18.07.09 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-09 vom 18 Juli 2009

Sozen-Saison / Warum Angela Merkel so fröhlich ist, was die SPD durchmacht, und worauf man in Mainz sogar heute noch hereinfällt
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Mitleid ist eine Tugend, die in der Politik nicht vorkommt. Darum kann man es Angela Merkel nicht übelnehmen, daß sie morgens so gut gelaunt aus den Federn steigt wie lange nicht. Die Kanzlerin kann nämlich sicher sein, daß ihr nahezu jeden Tag irgendein Sozialdemokrat noch vor dem zweiten Frühstück ein Geschenk machen wird.

Den Sozialdemokraten geht in diesem Sommer alles schief. Ich habe neulich den Steinmeier im Fernsehen gesehen, er hielt eine Rede auf irgendeinem Kongreß. Was er gesagt hat und wo das war, habe ich gar nicht mitbekommen, so entsetzt war ich von dem kümmerlichen Anblick des vor Monaten noch hochbeliebten Außenministers.

Abgekämpft, ja regelrecht zusammengefallen quälte er die Worte aus sich heraus, das Gesicht fleckig, die Augen noch kleiner als sonst. „Mensch, mach mal Urlaub!“ ruft man in ehrlicher Fürsorge Kollegen oder Freunden zu, die einem in diesem Zustand über den Weg laufen.

Armer Steinmeier. SPD-Chef Franz Müntefering ist ihm keine große Hilfe, auch wenn er es versucht. Doch statt dem eigenen Kanzlerkandidaten den Rücken zu stärken, legt er nur noch eins drauf aufs Desaster: Angela Merkel solle schon mal die Umzugskisten hervorholen, hat er gesagt. Wir sehen den armen Mann vor uns wie Saddam Husseins Pressesprecher, der 2003 den baldigen Sieg vor Kameras verkündete, die bereits wackelten von den US-Panzergeschossen.

Und Peer Steinbrück? Der ist seit jeher schwer berechenbar und nun sogar gänzlich außer Kontrolle geraten. Wie nennt man das eigentlich? Hochverrat? Jedenfalls hat der Finanzminister eine Todsünde begangen und die Wahrheit über ein gewaltiges Wahlkampfmanöver ausgeplaudert, indem er die Opfer der sogenannten „Rentengarantie“ öffentlich machte.

Dafür kriegt er Haue, logisch. und seine SPD muß leiden. Aber eines verwundert: Hat es nicht Karl-Theodor zu Guttenberg noch viel doller getrieben als der Steinbrück? Guttenberg schlug das Gesetz, nach dem die Rente nie, nie wieder sinken soll, mit einem Hieb kurz und klein, indem er es eine bloße „Absichtserklärung“ nannte, die sowieso nie in Anspruch genommen würde. „Gesetz“ wurde die Sache demnach nur genannt, um die Wähler zu blenden. Schlau, aber schäbig. Im Kabinett stimmte der Unionspolitiker dennoch brav zu. So auch die FDP-Vertreter im Bundesrat, trotzdem mäkeln die Liberalen jetzt ebenfalls heftig an der Garantie herum. Aber statt auch Guttenberg und die Gelben für ihr Hin und Her zu beschimpfen, zeigen alle nur auf den Steinbrück.

Man könnte den Eindruck gewinnen, es gäbe gesetzlich fixierte Jagd- und Schonzeiten für bestimmte Parteien, nach denen derzeit allein die Blaßroten zum Abschuß freistehen. Willkommen in der Sozen-Saison! Haben Sie auch schon einen erlegt?

Wie sie da so kauern in den Trümmern ihrer Siegesträume, geht auf die Sozialdemokraten zu allem Ungemach noch ein Pfuder Mist nieder von einer Stelle, von der sie es als letztes befürchtet hätten. Der Unrat stammt direkt vom hohen Olymp des Erlösers, von Barack Obama höchstpersönlich. Hatten ihn nicht gerade die deutschen Sozis gleichsam heiliggesprochen als die Lichtgestalt der Guten, also der Ihren? Ihn mit glasig-feuchten Augen zum Schöpfer einer neuen Epoche ausgerufen? Müßte er ihnen nicht dankbar sein, wenigstens ein bißchen?

Nun dies: Das ZDF verbreitet eine Sequenz aus Merkels USA-Besuch, in der der Präsident sagt, die deutsche Wahl sei doch schon gelaufen, Merkel werde sowieso gewinnen. Zunächst sollen die SPD-Verantwortlichen den Mitschnitt mehr erstaunt als erbost aufgenommen haben. Das konnte doch nicht wahr sein: Unser Oba­ma und die Merkel! Ist es aber. Danach muß Frank-Walter Steinmeier Amok gelaufen sein, wobei er sich offenbar verletzt hat. Oder nicht wieder beruhigen konnte, jedenfalls schickte der Außenminister einen Berater vor, der einem hämischen Reporterrudel die dürren Worte hinwarf, Steinmeier schätze Obama, doch sei der Amerikaner eben auch kein Prophet.

In gewisser Weise stimmt das nicht, denn eines konnte der US-Präsident mit Sicherheit voraussagen. Nämlich, daß er Steinmeier  den einzigen Gefallen, den er dem Deutschen tun könnte, verweigern wird: einen medienwirksamen Besuch bei ihm im Weißen Haus. Diese Woche sollte so ein Gespräch mitsamt Händeschütteln im Blitzlichtgewitter eigentlich stattfinden. Doch Obama ließ die Sache kurzfristig absagen, aus „terminlichen Gründen“.

Terminliche Gründe, ja sicher doch! Steinmeier wird seine Leute genau beobachten lassen, welche ach so wichtigen Termine der US-Präsident dem Steinmeier-Treffen tatsächlich vorzog. Sobald ihm die Mitschrift von Obamas Rede beim Kleinviehzüchter-Verband von Minnesota auf den Schreibtisch segelt, könnte er sich wieder verletzen.

Die Wut zuckt so heftig durch die roten Reihen, daß selbst die offizielle Reaktion von Steinmeiers Stab auf die transatlantische Abfuhr reichlich unsouverän ausfiel: Nach vier Jahren im Außenamt habe der Minister so eine Visite gar nicht nötig, um seine außenpolitische Kompetenz unter Beweis zu stellen. Vier Jahre ... ja: So reden mißvergnügte Vierjährige tatsächlich, wenn man sie nicht ans ersehnte Naschwerk läßt: „Ich will deinen Bonbon ja auch gar nicht, oller Doofer!“

Der Ärger ist umso größer, als Steinmeier weiß, daß er in den Umfragen solange recht gut dastand, als er von den Deutschen vor allem als Außenminister wahrgenommen wurde. Seitdem er sich ins Gerangel um die Kanzlerschaft gestürzt hat, ging’s bergab. Daher wäre so ein Blitzlicht-Auftritt genau das Richtige gewesen. Aber derzeit geht eben alles schief.

Am liebsten würden sich viele Sozialdemokraten wohl irgendwohin verkriechen, hinaus in die Weiten der Provinz, wo die Welt noch in Ordnung ist. So wie Kurt Beck nach seinem schmerzlichen Abgang vom SPD-Vorsitz. Daheim in Rheinland-Pfalz, da tut mir keiner was, da sagen mir Fuchs und Hase „gute Nacht“ und lassen mich schlafen. So hatte er es sich erträumt, und so kam es zunächst auch.

Doch das Böse ist immer und  überall, sogar in der idyllischen Eifel, wo der Nürburgring steht. Den wollte Beck mit einem tollen Freizeitpark aufpeppen: Achterbahn, Hotels, Feriendorf und so weiter. Kostenpunkt: über eine Viertelmilliarde. Sein Finanzminister Ingolf Deubel machte sich auf die Suche nach Geldquellen, wobei er einem sogenannten Kreditvermittler auffiel. Der Mann aus der Schweiz machte ihm ein sagenhaftes Angebot: Er habe da einen steinreichen Mann in den USA, der wolle groß einsteigen. Dafür müsse Deubel ihm aber zunächst 95 Millionen Euro auf ein Schweizer oder Liechtensteiner Konto überweisen, auf das natürlich auch der Schweizer Mitzeichnungsrecht haben müsse.

Huah! Huah Huah! Ich kann Ihr herzliches Gelächter bis hierher hören. Klar, das ist wirklich der älteste der alten Tricks: Ich mach dich reich, aber erstmal mußt du mir soundsoviel tausend Euro überweisen. Diese Geschichten sahen wir uns mitleidig lächelnd in „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ an und fragten uns, wer denn auf sowas reinfällt!

Na beispielsweise der Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz, der das Geld brav überwies. Spät erwacht bekam Kurt Beck jedoch kalte Füße und ließ die Sache stoppen. Wie sich ergab, wußte der angebliche Investor von gar nichts. Wenigstens die 95 Millionen konnten gerettet werden. Nun jedoch muß das SPD-regierte  Land die zweifelhafte Investition  ganz alleine tragen. Sonst glaubt nämlich keiner an den Erfolg des gigantischen Projekts in der Ein­öde. So geht denn wohl auch das wieder in die Binsen. Aber alles andere wäre ja auch ein Wunder, mitten in dieser beispiellosen Pechsträhne der SPD.


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