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25.07.09 / Besucheransturm auf Gedenkstätte / Ehemaliges Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen: Das Interesse wächst wieder

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-09 vom 25. Juli 2009

Besucheransturm auf Gedenkstätte
Ehemaliges Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen: Das Interesse wächst wieder

Die aktuelle Debatte um das Ausmaß der Weiterbeschäftigung alter Stasi-Kader im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik offenbart allseits Informationsbedarf. Das Thema DDR-Geheimdienst und seine Opfer tritt so wieder ins Licht eines breiteren öffentlichen Interesses. Einrichtungen, die sich mit diesem Kapitel der Vergangenheit auseinandersetzen, verbuchen spürbar höhere Besucherzahlen. Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen verzeichnete allein im Juni 36000 Gäste – so viele wie seit Jahren nicht.

Der neue Trend, sich wieder stärker den dunkelsten Seiten der zweiten Diktatur in Deutschland zuzuwenden, zeichnet sich schon seit Monaten ab und begann somit schon vor der aktuellen Debatte. Zuvor hatte das Thema Stasi meist nur noch eingeweihte Kreise von Wissenschaftlern und ehemaligen Bürgerrechtlern bewegt. An den Schulen ist es nach wie vor oft nicht einmal eine Fußnote im Geschichtsunterricht.

Die Rechtsprechung der letzten Jahre setzte der offenen Berichterstattung selbst über aktenkundige und prominente Stasi-Zuträger enger werdende Grenzen. Dementsprechend wenig wissen viele darüber, gerade die nach dem Zusammenbruch der DDR Geborenen.

Seit Anfang des Monats wird dessen ungeachtet mehr und mehr bekannt, wie viele hauptamtliche und inoffizielle Mitarbeiter des einstigen DDR-Spitzeldienstes trotz aller Prüfungen noch im Staatsdienst sind. Brandenburg gilt als unrühmlichstes Bundesland in Sachen Stasi-Kontinuität. 1999, vor Amtsantritt des derzeitigen Innenministers Jörg Schönbohm (CDU), hatte das Land aufgehört, Mitarbeiter per Regelanfrage zu durchleuchten. „Bei insgesamt rund 12500 Anfragen gab es in exakt 1823 Fällen festgestellte Belastungen“, sagt Dorothée Stacke (51), Pressesprecherin des Potsdamer Innenministeriums, jetzt der PAZ. „Nach Prüfungen jedes Einzelfalls entschied sich der damalige Dienst­herr in 500 Fällen zur Auflösung des Dienstverhältnisses.“ Brandenburg ist nur eines der neuen Länder, die Stasi zudem inzwischen ein gesamtdeutsches Erbe, auch wenn sich die westlichen Bundesländer in der Debatte bislang zurückhalten.

Mehr über dieses Erbe wissen wollen jetzt viele: Von einem „positiven Trend“ sprechen Mitarbeiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen. Es seien Besucherrekorde zu verzeichnen: „Nie zuvor haben sich so viele Menschen im ehemaligen Stasi-Gefängnis über politische Verfolgung und unmenschliche Haftbedingungen in der DDR informiert“, so die Stiftung. Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte, hofft, „dass sich die Entwicklung auch in der zweiten Jahreshälfte fortsetzt“. Aufklärung sei wichtiger denn je, denn aktuelle Umfragen zeigten: „Verklärung und Beschönigung der SED-Diktatur nehmen auch im 20. Jahr des Mauerfalls besorgniserregend zu.“

Gerade Norddeutsche kommen offenbart verstärkt nach Berlin, um sich zu informieren. Hanseaten und Schleswig-Holsteiner sind laut Gedenkstätte um bis zu 80 Prozent mehr vertreten als 2008. Die Aufmerksamkeit in den neuen Ländern sinkt dagegen teilweise deutlich ab. Dennoch ist der Besucherzustrom insgesamt um 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Seit 1994 kamen insgesamt 250000 Besucher, davon 30000 aus dem Ausland. Sverre Gutschmidt


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