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25.07.09 / Schluss mit der Aufrechnung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-09 vom 25. Juli 2009

Schluss mit der Aufrechnung
von Hans Heckel

Propaganda lebt von der gewollt unsauberen Methode. Es geht nicht um Wahrheit, es geht um die Zerstörung des Ansehens eines Gegners und die gewinnung von Anhängern für die eigenen Ziele. Propaganda misst daher naturgemäß mit zweierlei Maß.

Gebote und Verbote werden von der Propaganda willkürlich verworfen, um an anderer Stelle mit dreister Selbstverständlichkeit wieder eingeklagt zu werden, je nachdem, wie es einem gerade passt. Dazu gehört das freie Spiel mit Begriffen wie beispielsweise „Revanchismus“ oder „Revisionismus“. Ersterer wird mit der dröhnenden Penetranz einer Dampframme Menschen vorgehalten, die glaubwürdiger als kaum jemand in der Geschichte jeglicher Rache eine Absage erteilt haben. Letzeres wird gar einerseits verteufelt, an anderer Steller aber (unter anderem Namen) gründlich praktiziert, siehe hierzu unser Hintergrund auf Seite 4.

Ein ähnlich bizarres Wechselspiel erleben wir beim Thema „Aufrechnung“. Dass das Aufrechnen von Opfern verwerflich ist, gilt als Allgemeingut. Es ist nicht bloß ein Anschlag auf die  Opfer, indem diese kaltschnäuzig „verrechnet“ und gleichsam historisch getilgt werden. Es ist gefährlich, wie sich erst im vergangenen Jahrzehnt auf dem Balkan abermals erweisen sollte: Gerade die besonders grausamen Kriegsverbrecher rechtfertigten ihre Untaten, indem sie sich auf vorangegangene Übergriffe der Gegenseite beriefen, um in der Aufrechnung zu dem Ergebnis zu kommen, dass sie – welche Überraschung! – es weit weniger schlimm getrieben hätten als die anderen, weshalb sie auch nicht zu belangen seien.

Hinsichtlich der deutschen Geschichte wird es noch abstruser. Hier begegnet nämlich das anerkannte Aufrechnungs-Verbot einem regelrechten Aufrechnungs-Gebot: Werden Untaten von Deutschen beleuchtet, so wird jedweder Hinweis auf die Vergehen ihrer damaligen Gegner als Aufrechnung verworfen. Dagegen ist  nichts zu sagen. Bemerkenswert aber ist, wie im umgekehrten Fall verfahren wird. Weisen beispielsweise deutsche Überlebende der Vertreibung auf ihr Leid hin, so wagen sie es selbst oft kaum noch, ohne dabei auch die Verbrechen von Deutschen und ihren damaligen Verbündeten zu erwähnen. Bis zum nächsten Schritt, der Aufrechnung, ist es oft nicht mehr weit: Dass die Vertriebenen aufgrund deutscher Vergehen letztlich selbst schuld seien an ihrem Schicksal, war die letzte Konsequenz übereifriger Vergangenheitsbewältiger. So tilgten sie deren Leid in seiner historischen Dimension per Aufrechnung.

Was daraus folgt? Der billige Ausweg der Aufrechnung muss dichtgemacht werden durch den Geist der unabweisbaren Verantwortung. Jeder ist für sein Tun selbst verantwortlich, niemand kann sich durch Hinweis auf die Taten anderer herausreden.

Foto: Vertreibung in Bosnien 1995: Auch bei diesem Verbrechen spielte wie bei der Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg Aufrechung eine große Rolle – altes Unrecht sollte neues rechtfertigen. Völkerrechtlich ist das indiskutabel, doch politisch wird bis heute so argumentiert.


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