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25.07.09 / Zwischen Schloss Windsor und der NSDAP / Vor 125 Jahren wurde Carl Eduard (Charles Edward) geboren, der letzte Regent von Sachsen-Coburg und Gotha

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-09 vom 25. Juli 2009

Zwischen Schloss Windsor und der NSDAP
Vor 125 Jahren wurde Carl Eduard (Charles Edward) geboren, der letzte Regent von Sachsen-Coburg und Gotha

Carl Eduard war der letzte regierende Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha. Er war darüber hinaus einer der Enkel der damaligen britischen Königin Victoria und der Großvater mütterlicherseits des jetzigen schwedischen Königs Carl XVI. Gustaf. Carl Eduard war ein Exponent des Nationalismus, und seine Biographie ist durch diese Zeitströmung geprägt. Sie gab und nahm ihm Titel und Würden. Beispielsweise wäre Carl Eduard ohne den Nationalismus wohl nie Regent von Sachsen-Coburg und Gotha geworden. Und das kam so:

1893 starb der zweite Regent des Doppelherzogtum Sachsen-Coburg und Gotha, Ernst II. Dieser war kinderlos geblieben, hatte aber mit Albert einen jüngeren Bruder. Dieser war bereits 1861 gestorben, hinterließ aber neun Kinder. Neben den Töchtern Victoria („Vicky“), Alice, Helena („Lenchen“), Louise und Beatrice waren das die Söhne Albert Edward („Bertie“), Alfred („Affie“), Arthur und Leopold. Da Albert mit der britischen Königin Victoria verheiratet war, war der älteste Sohn Albert Edward für die Thronfolge in Großbritannien vorgesehen. Zu einer Personalunion über Nationengrenzen hinweg kam es aber nicht mehr, dafür war der Nationalismus mittlerweile zu weit fortgeschritten. Statt dessen wurde Alberts zweiter Sohn, Alfred, Nachfolger seines Onkels im deutschen Doppelherzogtum.

Der dritte Regent von Sachsen-Coburg und Gotha starb 1900. Alfred hatte zwar neben vier Töchtern auch einen gleichnamigen Sohn, aber der hatte bereits 1899 den Freitod gewählt. So wäre nun Alberts und Victorias dritter Sohn Arthur an der Reihe gewesen. Anders als noch 1893 war der Deutsche Kaiser, ein Enkel Alberts und Victorias, 1899 nicht mehr bereit, die legitimen Ansprüche eines britischen Onkels auf die deutschen Doppelherzogtümer bedingungslos gegen antibritischen Widerstand im eigenen Land zu unterstützen. Wilhelm II. forderte die Übersiedlung und eine deutsche Erziehung für Arthurs einzigen Sohn. Arthur lehnte ab und verzichtete für sich und seinen gleichnamigen Sohn auf deren Ansprüche auf das Doppelherzogtum.

Nun wäre Alberts und Victorias vierter und letzter Sohn Leopold an der Reihe gewesen. Doch der war bereits 1884 an der Bluterkrankheit verstorben. Er hatte allerdings mit dem erst nach seinem Tod am 19. Juli 1884 in Claremont House bei London geborenen Charles Edward einen Sohn. Dieser Charles Edward war der ideale Kandidat. Er siedelte mit seiner Mutter, der deutschstämmigen Prinzessin Helene von Waldeck-Pyrmont, und seiner Schwester Alice nach Deutschland über und war mit seinen damals 15 Jahren noch nicht für eine deutsche Sozialisation verloren. Der Kaiser selbst nahm sich hier nun der Erziehung seines Cousins an. Carl Eduard, wie der gebürtige Engländer sich nun in Deutschland nannte, besuchte die Hauptkadettenanstalt in Berlin-Lichtenfelde. Nach dem Abitur studierte er ab 1903 in Bonn Rechts- und Staatswissenschaften. Mit Erlangung der Volljährigkeit im Jahre 1905 übernahm er in seinem Doppelherzogtum die Regentschaft von seinem angeheirateten Cousin Ernst II., Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, der die Herrschaft vorher für ihn ausgeübt hatte. Im selben Jahr heiratete er die Kaisernichte Prinzessin Viktoria Adelheid von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, so dass der Kaiser nun sowohl sein Cousin als auch sein angeheirateter Onkel war.

Carl Eduard war modernen Verkehrsmitteln gegenüber aufgeschlossen und interessierte sich für das Kraftfahrtwesen wie die Luftfahrt. In seinem Doppelherzogtum förderte er den Bau von Flugplätzen ebenso wie den Aufbau einer Luftfahrtindustrie. Er trug damit das Seinige dazu bei, dass Bombenflugzeuge aus seinem Gotha, die auch noch ihre Herkunft als Typenbezeichnung trugen, im Ersten Weltkrieg als „The Gothas“ zum Schrecken der Hauptstadt seines Cousins Georg V. wurden.

Der Erste Weltkrieg führte überhaupt zu einer scharfen Spaltung der Herzogsfamilie Sachsen-Coburg und Gotha in einen britischen und einen deutschen Teil, die sich unversöhnlich gegenüberstanden. Der englische gab 1917 seinen deutschen Familiennamen auf und nahm statt dessen den seiner Residenz Windsor an. Im selben Jahr wurden Carl Eduard seine britischen Auszeichnungen aberkannt und die rechtlichen Grundlagen für die Aberkennung seiner englischen Titel gelegt. Dass er, der Duke of Albany, als Bundesfürst und sächsischer Offizier auf der Seite der Kriegsgegner Großbritanniens stand, brachte ihm im britischen Parlament gar den Vorwurf des Hochverrates ein.

Möglicherweise war es diese verletzende Behandlung durch sein Herkunftsland, die den gebürtigen Engländer zum deutschen Nationalisten werden ließ. Nach dem Ersten Weltkrieg, der ihn sein Doppelherzogtum und seine Privilegien im Empire gekostet hatte, suchte Carl Eduard im republikfeindlichen rechtsradikalen Milieu eine politische Heimat. Schließlich landete er bei der NSDAP. Nachdem er Adolf Hitler schon vor der „Machtergreifung“ mit einem öffentlichen Aufruf zur Reichspräsidentenwahl von 1932 unterstützt hatte, trat er zum 1. Mai 1933 der NSDAP bei. Gerne bedienten die neuen Machthaber sich seines Namens und überschütteten ihn mit repräsentativen Ehrenämtern wie dem des Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes. Aber Macht und Einfluss hatte er kaum. So wurde er nach der NS-Zeit denn auch nur als Mitläufer eingestuft. Nach einer Internierung 1945/46 erlegte ihm 1950 eine Spruchkammer eine Sühneleistung von 5000 D-Mark auf. Wenige Jahre später, am 6. März 1954 erlag er im nun zum Freistaat Bayern gehörenden Coburg einem Krebsleiden. Manuel Ruoff

Foto: Carl Eduard: Der Herzog um das Jahr 1900


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