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25.07.09 / Ruf nach Wiedergutmachung / Großbritannien ist mit Forderungen aus Kenia konfrontiert – Massaker an Mau-Mau im Jahre 1956

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-09 vom 25. Juli 2009

Ruf nach Wiedergutmachung
Großbritannien ist mit Forderungen aus Kenia konfrontiert – Massaker an Mau-Mau im Jahre 1956

Ende Juni reiste eine Delegation aus Kenia nach London, um dort vor dem Obersten Gerichtshof ihrer Majestät und vor dem Haus von Premier Gordon Brown auf die britische Kolonialverbrechen hinzuweisen.

Das Jahr 2009 wird in Kenia als Jahr einer neuerlichen Kampagne zur Unterstützung der gerichtlich geltend gemachten Widergutmachungsansprüche der Mau-Mau-Aufständischen gefeiert. Fernsehserien, Zeitungsartikeln und Rundfunksendungen unterstützen die Kampagne. Interviews mit Historikern und Mau-Mau-Veteranen sowie Vertretern der Kenianischen Menschrechtskommission sollen das Bild abrunden und die sozio-ökonomische Rolle der Bewegung als Kämpferin für die Freiheit des Landes aus dem Schatten einer terroristischen Untergrundbewegung ins rechte historische Licht rücken. Viel wird auch über postkoloniale Probleme berichtet, vor allem über Fragen des Landbesitzes und dessen gerechter Verteilung.

Die Niederschlagung des Mau-Mau-Aufstandes in Ostafrika durch die britische Kolonialmacht im Jahr 1956 war eines der großen Gemetzel in der blutigen Geschichte des afrikanischen Kontinents. 7800 Mitglieder der Geheimorganisation, vor allem indigene Kenianer vom Stamm der Kikuyu, wurden getötet. Die 29000 englischen Siedler verloren dagegen nur 32 Mann. Die Zahl der Toten in der Zivilbevölkerung des Dreiländerecks Tansania, Uganda und Kenia belief sich allerdings auf etwa 15000 Schwarze.

Der weltweite Niedergang des britischen Empire nach dem Zweiten Weltkrieg, dessen wichtigstes Fanal der Übergang der Macht in Indien auf Pandit Jarwarharlal Nehru war, machte auch auf dem Schwarzen Kontinent nicht Halt.

Die kenianische Revolte begann 1950 und führte nach dem Massaker und einem Kurswechsel der Engländer 1961 zu einer Beteiligung Schwarzer an der Regierung in Nairobi. 1963 wurde Kenia in die Unabhängigkeit entlassen, ein Jahr später übernahm der Führer Yomo Kenyatta mit dem Schlacht-ruf „Harambee“ das Amt des Präsidenten. Jetzt, fast 60 Jahre später, feiert die längst totgesagte Bewegung eine Wiedergeburt und startete Anfang des Jahres eine Klage gegen die Regierung von Königin Elisabeth II. Die Kläger fordern Kompensation für die – so heißt es – „Opfer“ der kolonialen Verbrechen zwischen 1952 und 1960, als Großbritannien in seiner damaligen Kolonie den Notstand ausrief und die Revolte der „Terroristen“ mit harter Hand niederschlug.

Obwohl der neugegründete Staat mit einer Fläche von über 580000 Quadratkilometern und 17 Millionen heute Erwerbstätigen von 38 Millionen Einwohnern insgesamt, einer reichen Tierwelt und grandiosen Landschaft durch Kenyattas Politik einen ungeahnten ökonomischen Aufschwung nahm (Haupteinnahmequelle: 700000 Touristen jährlich), kam es wegen Stammesrivalitäten nie wirklich zur Ruhe.

Nach Kenyattas Tod 1978 boxte sich Daniel Arap Moi an die Macht und wirtschaftete das Land in eine Rezession. Nach einem gescheiterten Offiziersputsch schaffte Moi die meisten Grundrechte der liberalen Kenyatta-Regierung ab, institutionalisierte einen Einparteienstaat und verhaftete Oppositionelle. Das westliche Ausland, das einst kräftig in das Land investiert hatte, stellte wegen fortschreitender Korruption und Misswirtschaft seine Wirtschaftshilfen ein. Soziale Unruhen waren die Folge.

Nach 1992 und der Wiederzulassung mehrerer Parteien brandete eine Welle ethnischer Gewalt durch Kenia, Zehntausende wurden aus ihren Häusern vertrieben und Hunderte ermordet. Die Lage explodierte schließlich völlig bei den Neuwahlen im Dezember 2007. Der neue Amtsinhaber Kibaki und sein Herausforderer Odinga bezichtigten sich gegenseitig massiver Wahlmanipulationen. Das Land begann zu brennen, 1500 Tote blieben auf der Strecke, als sich die uralten Stammesrivalitäten zwischen den Kikuyos und den Luo entzündeten. Auch religiöse Spannungen zwischen Christen (38 Prozent Protestanten und 26 Prozent Katholiken) und Muslimen (sechs Prozent) entluden sich, Kirchen gingen in Flammen auf.

Seit einer Einigung zwischen den beiden Kontrahenten unter Mitwirkung von Kofi Anan im April 2008 flauten die Unruhen spürbar ab. Seither ist aber auch das Internet voll mit Heiratsgesuchen kenianischer Frauen in Richtung Europa oder Amerika – zumindest sie scheinen dem Frieden noch immer nicht zu trauen.           Joachim Feyerabend   

Foto: Dunkles Erbe: Mau-Mau-Veteranen aus Kenia fordern vor dem Obersten Gerichtshof Wiedergutmachung.


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