© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-09 vom 25. Juli 2009

Medwedew gewinnt Statur
Eigenständigkeit in Sachen WTO-Beitritt und gegenüber Obama

Medwedew hat sich in der Frage des russichen Beitritts zur Welthandelsorganisation WTO von Putin abgesetzt. Dieser hatte vor einem Monat erklärt, Russland werde nur gemeinsam als Zollunion mit Weißrussland und Kasachstan der WTO beitreten – wenn überhaupt. Dagegen überraschte Medwedew am Rande des G 8-Gipfels in Italien mit der Aussage, Russland werde künftig wieder allein mit der WTO über einen Beitritt verhandeln und die geplante Zollunion „synchron“ betreiben. Das gab Anlass zu Spekulationen, denn es war das erste Mal während Medwedews Amtszeit als Präsident, dass er seinen politischen Ziehvater Putin öffentlich korrigierte. Zwar vertraten beide Politiker auch früher schon einmal entgegengesetzte Ansichten, doch gab dann letztlich immer Putin die Richtung vor.

Russische Beobachter erklären das Verhalten damit, dass wichtige Beschlüsse in Sachen WTO auf Staatsebene ungenügend vorbereitet worden seien und in der Duma über den WTO-Beitritt heftig gestritten werde. Medwedew gestehen sie mehr Durchsetzungskraft zu als viele ausländische Beobachter. Die mit Obama getroffenen Vereinbarungen während dessen Visite in Moskau gelten als sein Erfolg. Dagegen sinkt das Ansehen von Ex-Präsident Putin seit Beginn der Krise, immer weniger Menschen sind mit dessen Arbeit zufrieden. Seine Politik der Härte habe nur in Zeiten, da der Ölpreis ständig stieg, funktioniert, weil alle Fehler ausgebügelt werden konnten. Schon keimt das Gerücht auf, Medwedew könne abgesetzt und Putin wieder Präsident werden.

Logisch scheinen aber auch Vermutungen, die unterschiedlichen Positionen seien nur Verhandlungstaktik und die Harmonie des Duos ungetrübt. Während Putin die ständig neuen Forderungen der WTO ablehnt, signalisiert Medwedew Bereitschaft, die individuellen Gespräche wieder aufzunehmen, wenn im Gegenzug die USA Russlands Interessen unterstützen und ihm entgegenkommen.        MRK